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Antifascistas – Wie die spanische extreme Rechte seit den 1990er-Jahren bekämpft wird

Miquel Ramos
antifascistas

Miquel Ramos schreibt in seinem Buch die kollektiven Erzählungen verschiedener Akteur*innen der antifaschistischen und sozialen Bewegungen in Spanien seit den frühen 1980er Jahren nieder. Er macht diese – alle, die sich unter dem radikalen Konzept der Universalität der Menschenrechte vereinen – zu den Protagonist*innen dieser akribischen historischen Dokumentation der vergangenen 40 Jahre. 

Die fragmentarischen Erinnerungen verdeutlichen das, was Antifaschismus ausmacht: die Verbindung und Vereinigung verschiedenster Teilkämpfe und Formen des Widerstands zu einer Bewegung quer durch Spanien und durch die Generationen der 1980er-2000er – die weder das Franco-Regime noch die so genannte transición, den Übergang von Faschismus zur Demokratie erlebt haben. Sie sind Versatzstücke aus den unterschiedlichsten Kontexten, die sich hier auf knapp 600 Seiten wiederfinden.

In den ersten Kapiteln wird die Situation in Spanien in den 1980er Jahren beschrieben, dich sich knapp mit dem Stichwort ‚Staat sterrorismus‘ beschreiben ließe. Deutlich wird die fehlende Aufarbeitung der Diktatur und das Verharren ehemaliger Beteiligter des Franco-Regimes – ob in Justiz, Politik oder im Polizeiapparat. Hervorgehoben wird auch die internationale Vernetzung und lokale Wirkung dieser auf die spanische Neonaziszene: seien es Verbindungen nach Italien oder zu ehemaligen NS-Tätern aus Deutschland, die das ehemaligen Franco-Regimes als Rückzugsort nach 1945 nutzten. Gleichzeitig beschreibt das Buch aber auch, dass sich die herausbildenden neuen (Neo)Nazis der 1990er Jahre, weniger mit dem Franquismus als mit der europäischen neonazistischen Bewegung identifizieren konnten.

Ausgehend von diesen von Gewalt und Tod geprägten Jahren entwickelte sich eine antifaschistische Bewegung, die sich organisierte und sich dem Straßenterror entgegenstellte. Ramos schreibt aber auch von den Widrigkeiten, mit denen Antifaschist*innen zu kämpfen hatten. Sei es die entpolitisierte Darstellung neonazistischer Gewalt in den Medien oder die staatliche Repression, die vor allem linke Bewegungen als eine Gefahr für den Staat imaginierte – statt den (Neo)Faschismus als ein gesellschaftliches Problem zu behandeln. 

Ramos schreibt von Erfolgsgeschichten, davon, wie sich in manchen Teilen Spaniens eine antifaschistische Kultur etablieren konnte, davon, wie die neonazistische Hegemonie auf den Straßen gebrochen werden konnte – vor allem in Madrid und Valencia, die in den 1990er Jahren als Hochburgen der spanischen Antifa-Szene galten.

Entlang der Entstehungsgeschichte dieser „neuzeitlichen“ antifaschistischen Bewegung bis heute spannt sich auch die Frage der Militanz und Selbstverteidigung, aber auch eine Debatte darüber, was Antifaschismus ist und ausmacht. Gerade weil es in der spanischen Rechten keine liberale Tradition gab, hat die Gesellschaft erst spät erkannt, dass Faschismus kein Problem ist, welches nur marginalisierte Gruppen oder Linke betrifft. So ist es neben der offensiven Antifa-Arbeit auch den vielen sozialen Initiativen in den Stadtvierteln, den Hausprojekten, Plattformen und kritischen Journalist*innen und Projekten in der Bildungsarbeit zu verdanken, dass sich diese Geschichte erzählen lässt.

Miquel Ramos‘ „Antifascistas“ beschreibt in eindrücklichen 53 Kapiteln – teils mit persönlichen Anekdoten, Eindrücken und Erlebnissen des Autors - wie sich die antifaschistische Bewegung organisiert hat. Es schreibt über ihre Praxis und ihre Fehler, aber auch über die Errungenschaften, die sie sich erkämpft hat. 

Deutlich wird vor allem: Es gibt kein Allheilmittel, keine Unfehlbarkeiten, aber es gibt weiterhin viel zu tun.

Aus dem Spanischen von Yasmin Hohn und dem Lucha Amada Freundeskreis.

Ramos Miquel: Antifascistas – Wie die spanische extreme Rechte seit den 1990er-Jahren bekämpft wird; Bahoe books; 26 Euro