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Taunus: Neonazi-Skinhead wegen Totschlags verurteilt

Einleitung

Am 10. Februar 1992 wurde der Prozeß gegen Alexander Tieze (20) wegen Totschlags eröffnet. Tieze hatte am 28. Dezember 1990 in Hachenburg bei Koblenz den damals 17jährigen Kurden Nihat Yusufoğlu erstochen.

Bild: wikimedia.org; STYX69; CC-BY-SA 4.0

Die lokale Neonazi-Szene hatte ihren Treffpunkt an einem Parkhaus gegenüber dem Haus der Yusufoğlus. Das Haus der Familie Yusufoğlu wurde mit Steinen beworfen, die Familienmitglieder bedroht, beleidigt und die Kinder verprügelt.  Die Familie Yosufoglu hat Hachenburg danach verlassen: Freunde der Familie berichten, daß ihnen ein Umzug in eine andere Stadt nahe gelegt worden sei.

Der Prozeß wurde so unpolitisch wie möglich gehalten. Obwohl Alexander Tieze Mitglied der »Taunusfront« war (er selbst bezeichnete sich nach seiner Verhaftung als Rädelsführer), er an Neonazi-Aufmärschen teilgenommen hatte und gute Kontakte zu Neonazis aus dem Saarland pflegte, sahen es Richter und Staatsanwaltschaft nicht als erwiesen an, daß Tieze »zum Zeitpunkt des Messerstichs rassistische Motive verinnerlicht« hätte. Dabei war er in der Vergangenheit von der Polizei in Siegen beim Verteilen von "Ausländer raus"-Flugblättern kontrolliert worden. Der Angeklagte gab während des Prozesses an, aus der Neonazi-Szene ausgestiegen zu sein und nur wegen des erwarteten Besuchs von Aktivisten der Neonazi-Gruppe "Stahlhelm" aus dem Saarland noch einmal die Skinhead-Kluft angezogen zu haben. Auch seine Neonazi-Clique um Sascha R., Jan G, Oliver W., Björn K., Dirk R. Arno S., Dominik R. Axel St. und Andreas F. stellten sich vor Gericht als "Mode Skins", "Mitläufer" und "Wochenend Skins" mit "nationaler" Einstellung dar. Die zwei rechten Skinhead Freunde Jörg R. und Oliver W. hätten um Unterstützung bei einer geplanten Schlägerei mit "Türken" gefragt. Im Zuge eines späteren Zusammentreffens mit Nihat Yusufoğlu stach er ihm mit einem Messer in den Rücken. Er wurde deswegen zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Laut der Drucksache 13/989 (Hessischer Landtag) betreffend eine Anfrage der Grünen vom Januar 1992 über „rechtsradikale Tendenzen im Main-Taunus-Kreis“ gehörten der der "Taunusfront" (TF) zuzurechnende Personenkreis bis 1985 überwiegend den Gegnern von Michael Kühnen innerhalb der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) an. Die TF sei erstmals im Jahre 1985 von den Sicherheitsbehörden festgestellt worden. Erwähnenswert seien die Städte Hochheim am Main und Hofheim am Taunus, da von der aktionsbereiten Anhängerschaft der TF der überwiegende Teil in Hochheim am Main wohne und die TF in Hofheim am Taunus eine Kontaktanschrift unterhält.

In die beiden Städte hatte die TF in den Jahren 1988 bis 1990 wechselnd in jährlichem Abstand bundesweit Neonazi-Skinheads zu einem "Tag des Bieres" eingeladen. Es handele sich um einen wechselnden Aktivistenkreis von bis zu 30 Personen aus dem Großraum Rhein-Main. Von der aus drei bis fünf Personen bestehenden Kerngruppe wohne eine Person im Main-Taunus-Kreis.