Neue Neonazi-Strukturen
Mit der „Aktionspartei Nationalrevolutionärer Kameraden“ (ANK), der „Sozialrevolutionäre Arbeiterfront“ (SrA), dem „Förderwerk Mitteldeutsche Jugend“ (FMJ) und der "Direkte Aktion Mitteldeutschland" (JF) reten neue Neonazi-Gruppierungen in Erscheinung.
ANK in Westdeutschland
Die Neonazi-Strukturen verfügen seit dem 23. März 1993 über eine weitere "Partei", eine „Aktionspartei Nationalrevolutionärer Kameraden“ (ANK). Sie versteht sich als nationalrevolutionär, da sie im „Kampf um Deutschlands Freiheit und Ehre zu vorderer den Kampf gegen den multinationalen sowie einheimischen Kapitalismus“ führen will. Als Ziel wird der „Nationale Sozialismus“ angegeben. Das Programm der Partei hat in erster Linie soziale Forderungen wie Arbeit für Alle, Wohnungen für alle, Akzeptanz freigewählter und selbstbestimmter Lebensformen innerhalb des Sozialismus oder den sofortigen Austritt aus der Kernenergie anzubieten. Man wolle gegenüber den Schlagwörtern des Antifaschismus, die „alle die für die Lebensinteressen unseres Volkes eintreten“ beschimpfen, mit der Darlegung des eigenen Standpunktes begegnen.
Diese von dem Heidelberger Manfred Huck geführte Gruppierung ging aus der „Aktionsfront Nationaler Kameraden“ (ANK) hervor, die im Frühjahr 1992 gegründet worden war. Huck publizierte seine Phrasen in der Broschüre „Der Kampf“ (Nr. 1 - Juni/Juli 1992). Der ANK sind circa 80 Neonazis zuzurechnen, die z.T. auch gewalttätig auftreten. Lokale AntifaschistInnen rechnen diesem Personenkreis z.B. Hucks "Kameraden" Uwe H. (Hirschberg) und Frank Detlef B. (Angelbachtal) zu. Erst am 19. März 1993 war im Rahmen einer Durchsuchungsaktion auch Personen aus ANK-Kreisen betroffen, wobei geringe Mengen Sprengstoff gefunden wurden. Als offizielle "Führung" der ANK werden Manfred Huck (Mannheim), Michael Rainer Petri (Mainz) , Marco G. (Schwetzingen) und Christian Hehl (Ludwigshafen) benannt.
Die SrA, das FMJ und die JF im Osten
In Berlin und Brandenburg finden sich jetzt unter dem Namen „Sozialrevolutionäre Arbeiterfront“ (SrA) oder „Förderwerk Mitteldeutsche Jugend“ (FMJ) der "Direkte Aktion Mitteldeutschland" (JF) agierende Ex-Strukturen der "Nationalistischen Front" (NF). »Stützpunkte« gibt es u.a. in Osthavelland, Kremmen und Nauen. Die Kremmener Aktivisten um Nicole M. und Wilko K. trafen sich z.B. am 23. April 1992 zu einem Gespräch mit den „Damen und Herren“ der Kremmener Stadtverordnetenversammlung. Diese ließ sich die Bedingungen der Neonazis diktieren, nach denen das Gespräch nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden dürfe. Die Stadtverordneten ließen sich darauf ein, auch als die (Ex)-NF das Gespräch mit einer Video-Kamera abfilmte. Das Gespräch konnte natürlich nicht verhindern, daß es am 7. September 1992 Ausschreitungen vor dem dortigen Flüchtlingsheim gab und die Flüchtlinge später das Heim verließen. Für den FMJ-"Stützpinkt Henningsdorf" trat M. Pfannschmidt als "Stützpunktleiter" auf. In Kremmen fand im Sommer 1992 auch ein "Parteitag" der NF bzw. einer NF-Abspaltung um Andreas Pohl statt. Hier wurden Andreas Pohl (Berlin) zum Vorsitzenden und Enno Gehrmann (Berlin) zu seinem Stellverteter ernannt. Als ein Anführer des FMJ in der Region gilt u.a. Olaf D. aus Kremmen. Die neuen SrA-Strukturen wurde laut Antifa-Recherchen u.a. von Andreas Pohl, Enno Gehrmann (ehem. "Bereichsleiter Mitte" der NF) und Axel G. (Berlin) mit aufgebaut. Doch das Organisations-Karussel dreht sich weiter. Am 3. Januar 1993 verbreitete das FMJ eine Pressemitteilung, laut der sie Enno Gehrmann und drei weitere ehemalige NF-Funktionäre angeblich ausgeschlossen hätten, um eine NF-"Unterwanderung" zu stoppen. "Kamerad Degenhardt" sei jetzt der neue Bundesvorsitzende des „Förderwerk Mitteldeutsche Jugend“. Am 22. Juni 1993 folgte eie weitere FMJ-Pressemitteilung: Der FMJ-Vorstand um Doberschütz (Vorsitzender), Lück (Stellvertreter) und Schwarz (Schatzmeister) hätte das FMJ angeblich aufgelöst, da "faschistische Tendenzen" bei "dem Großteil seiner Mitglieder" nicht zu stoppen seien.
Die "Direkte Aktion Mitteldeutschland" soll angeblich bereits Ende 1989 in Brandenburg/Havel gegründet worden seien. Mittlerweile tritt die Gruppe mit Kontaktadresse in Velten auf und benennt Ernst von Amhoff (Vorsitzenden), Klaus-Dieter Lück (Stellvertreter) und Toralf Degenhardt als ihren Vorstand.
Im Mai 1993 kam es zu einer SrA-"Sonnenwendfeier" in Alt-Friesack (Brandenburg). Im Augenblick ist die SrA damit beschäftigt ihren Einfluß in die Kreisstadt Oranienburg zu auszuweiten.
Brandenburger Reisekader kehrt heim
Die Königs Wusterhausener (Brandenburg) Neonazis haben eine politische Verstärkung (zurück) bekommen. Rene M. war einst ein Mitbegründer einer Kameradschaft der „Nationalistischen Front“ (NF) in Königs Wusterhausen (KW). Während eines Gastspiel in Bonn/Rhein-Sieg, bewegte er sich zusammen mit Stephan A. Niemann in einem „Förderkreis Freies Deutschland“ (FFD), der heute nicht mehr existiert. Hier soll er auch in den Kreisen der "Initiative Gesamtdeutschland" um Norbert Weidner und Stephan Wiesel unterwegs gewesen sein.
AntifaschistInnen erinnern sich wie im August 1992 in Rostock-Lichtenhagen der Bonner Anführer der „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP) Norbert Weidner, der Berliner Neonazi Ingo Hasselbach, der Münchner Chef des „Deutschen Jugendbildungswerks“ (DJBW) Ewald Althans und Stephan A. Niemann vor dem abgebrannten Flüchtlingsheim für ein Pressefoto posierten. Zu den Veranstaltungen des FFD waren Neonazis wie Manfred Roeder und Revisionisten wie David Irving eingeladen. Im Frühjahr 1992 versuchte Rene M. offenbar in der Region FAP-Kader für die NF abzuwerben, was ihm einiges an Ärger in der Neonazi-Szene beschert haben soll. Im Winter 1993 ist er nunmehr nach KW zurückgekehrt. Ob er auch in die Netzwerke der SrA einsteigt oder andere politische Pläne hat bleibt abzuwarten.