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Die Struktur der "Unabhängigen Freundeskreise (UFK)" - Teil 2

Einleitung

Eine der wesentlichen Klammern, welche die neofaschistische Szene zusammenhält ist die Struktur der »Unabhängige Freundeskreise« (UFK) mit ihren (inoffiziellen) Untergliederungen »Unabhängige Nachrichten« (UN), »Deutscher Rechtsschutzkreis«,  »Deutsche Rechtsschutzkasse (DRsK), »Freundeskreis Freiheit für Deutschland« (FFD), sowie der »Gesellschaft für Staats- und Völkerrecht« (GfSV). Nachdem wir in der letzten AIB-Ausgabe bereits den ersten Teil des Artikels zu diesen Gruppierungen brachten, folgt hier nun der zweite und letzte Teil.

Demolsky UFK
(Bild: Montage mit Faksimile)

Günther Demolsky zählt zu den Hintermännern der UFK-Netzwerke.

"Deutscher Rechtsschutzkreis" - "Deutsche Rechtsschutzkasse" - DRsK

Im März 1979 wird der DRsK von Martin Voigt aus Bochum gegründet. Als stellvertretende Vorsitzende wurden Gerhard Kestermann (Langenberg) und Aloys Wehner (Haltern) bestimmt. Günter Ostwald aus Lübeck übernahm 1981 von Kestermann die Funktionen des Stellvertreters und Richard Scheppmann (Wetter) von Kestermann die Funktion des Schatzmeisters. Der "Rechtsschutzkreis" nutzte, wie auch das "Deutsche Rechtsbüro", ein Postfach von Klausdieter Ludwig in Münsing.

Da Martin Voigt auch eine zentrale Figur des "Freundeskreis Unabhängige Nachrichten" ist, sind die Bezüge in die UFK/UN-Netzwerke offensichtlich.

Die nach eigenen Angaben »gemeinnütige Vereinigung zur Abwehr politischer Justiz« - der Verein selbst ist bis 1993 vom Finanzamt noch nicht als gemeinnützig anerkannt - hat als Hauptaufgabe die Geldbeschaffung, um die verschiedenen Prozesse der Gleichgesinnten zu finanzieren. Die Satzung von 1981 beschreibt die DRsK-Angliederungen: »Laut Beschluß der Mitgliederversammlung errichtete der Verein einen Rechtshilfefonds unter dem Namen Deutsche Rechtsschutzkasse, die dem Verein angegliedert ist«. Außerdem wird erklärt: »Dem Verein beigeordnet ist ein Förderkreis, dem die Förderer der Zielsetzung des Vereins beitreten können, ohne die Verpflichtungen einer Vereinsmitgliedschaft zu übernehmen.«

Ein weiteres Aktionsfeld ist die Propaganda gegen den Rechtsstaat und seine ausführenden Organe, die angeblich gegen rechts besonders hart vorgehen. Zu diesem Zweck wird die Zeitschrift »Recht und Justiz« ("Mitteilungen zur Entwicklung des Rechtsstaates im Bereich der politischen Justiz") herausgegeben. Für diese Publikation war zeitweilig eine Gisela Sedelmaier als verantwortlich benannt. Hierbei soll es sich womöglich um ein Pseudonym von der Anwältin Gisa Pahl handeln. Für die weitere Publikation »Für Recht und Justiz - Schriftenreihe zur Geschichte und Entwicklung des Rechts im politischen Bereich« schrieben häufig rechte Anwälte. War die Zeitschrift anfangs ca. alle zwei Monate als Beilage in der UN enthalten, wird sie heute ca. viermonatlich herausgebracht. In der Thematik ist eine Arbeitsteilung mit der Neonazi-Gefangenenhilfsorganisationn "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) zu erkennen.

Prozesse von Neonazis, Gefangenenbetreuung und "Kameradschaftspflege" sind der HNG vorbehalten. Der DRsK wendet sich eher an die »seriösen« Rechten von CDU bis NPD, denen z.B. vorgelogen wird, daß sie helfen müssen, »die Grundrechte zu bewahren, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen und schuldlos-unwissend in die Mühlen der politischen Justiz Geratene zu unterstützen«. Die Artikel sowie die presserechtliche Verantwortung werden oftmals von bekannten Rechtsanwälten aus der Szene übernommen, als Beispiel mögen hier Jürgen Rieger, Wilhelm Stäglich und Eberhard Engelhardt ausreichen.

"Gesellschaft für Staats- und Völkerrecht" - GfSV

Die "Gesellschaft für Staats- und Völkerrecht - Marburg e.V." (GfSV), als gemeinnützig anerkannt, könnte eine weitere, weithin unbekannte inoffizielle Art "Untergliederung" aus den Kreisen der UN/UFK sein. Die Zielsetzung des Vereins zusammengefasst: Der Verein betreibt Volksbildung und Volkserziehung durch Öffentlichkeitsarbeit in der Form von eigenen Veröffentlichungen, Vorträgen und Maßnahmen und durch Vorarbeiten zur Entstehung und dem Aufbau einer der Öffentlichkeit zugänglichen Bibliothek, d.h. eine gemeinnützige Bildungsarbeit.

Es besteht die Vermutung, dass der Verein am 30. Mai 1977 gegründet wurde, um die umfangreiche Schriftsammlung in einem rechtlichen Rahmen zu fassen und für gleichgesinnte Kreise zugänglich zu machen. Weiter könnte mit diesem Verein womöglich eine Form gefunden, durch Spendengelder die Materialgrundlagen der UN zu finanzieren, ohne mit dieser unmittelbar in Verbindung gebracht zu werden.

Es wird viel Wert darauf gelegt, »unverdächtige« Personen als Vorsitzende und stellv. Vorsitzende agieren zu lassen. Trotzdem sind bei genauer Betrachtung Hinweise erkennbar, dass auch Vertreter aus dem Kreis der »Alten« im Hintergrund mitwirkt haben dürften. 

Der erste Vorsitzende wurde Konrad Müller (Marburg), seine Stellvertreter wurden Joseph Drechsel (Neustadt) und Hans Riegelmann (Sulzbach). Zum Schatzmeister wurde bei der Gründung ein Günter Demolsky aus Bochum ernannt. Auffällig, das eine Person namens Günther Demolsky aus Bochum früher Funktionär der mittlerweile verbotenen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) war und mit Werner Gebhardt und Wilfried Bluschke zum Führungszirkel des mittlerweile verbotenen "Freundeskreis Freiheit für Deutschland" (FFD) zählte. 

Der GfSV-Vorstand wechselte seit der Gründung mehrfach durch: Klaus-Peter Steinwender aus Düsseldorf (stellv. Vorsitz 1979), Loni Werkhaupt aus Kassel (Schatzmeisterin 1985), Johannes Neupert aus Essen (Vorsitz 1985), Gerhard Seifert aus Marburg-Cappel (stellv. Vorsitz 1985), Joachim Schröder aus Sobernheim (Vorsitzender 1991) und Fritz Mengden aus München (stellv. Vorsitz 1996).

Die GfSV könnte eine wichtige Scharnier-Funktion innerhalb der UN/UFK-nahen Netzwerke darstellen, um im "seriösen Rahmen" (z.B. Referate) Kontakte zu konservativ bis rechts stehenden, anerkannten Persönlichkeiten herzustellen, die einen gewissen gesellschaftlichen und politischen Einfluss haben. Die GfSV will laut entsprechenden Berichten und Publikationen angeblich u.a. mit den folgenden Professoren und/oder Doktoren mehr oder weniger kooperiert haben: 

  • Fritz Münch: 1952 bis 1972 CDU-Mitglied. 1971 Referent beim "neonazistischen Deutschen Kulturwerkes Europäischen Geistes" (DKEG). 1972 NPD-Bundestagskandidat.
    "Hutten-Preis-Träger" der neonazistischen "Gesellschaft für freie Publizistik" (GfP).
  • W.G.: Ehemaliger Bundesverfassungsrichter. Akteur einer Juristenvereinigung zum Thema "Lebensrecht". In der NS-Zeit an Todesurteilen beteiligt.
  • H.W.B.: Mitglied der "Burschenschaft Arminia Marburg" und "Alter Herr" der "Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn". Akteur des West-DSU.
  • H.Sch.: Funktionär des ultra-rechten "Witikobund", Referent der "Hetendorfer Tagungswoche" und bei der Veranstaltung "Wahrheit macht frei".
  • W.P.: Ehemaliger CDU-Stadtrat. Mitglied in einer Juristenvereinigung zum Thema "Lebensrecht".

Die öffentliche Tätigkeit der GfSV ist gemäß ihrer Zielsetzung eher als dürftig zu bezeichnen. In den ganzen Jahren seit ihrer Gründung sind dabei nicht mehr als ein paar DIN A4-Seiten bekannt geworden, die sich mit der Fragen zur deutsch-polnischen Grenze oder der Verfassungswidrigkeit des Grundgesetzes befassen. Verschiedentlich wurden Vorträge organisiert, deren Zuhörerschaft sich jedoch vorrangig aus UN-LeserInnen und deren Freundinnen zusammensetzen dürfte, da Einladungen vor allem in diesen Netzwerken kursierten. Die Themenstellungen der GfSV lassen den Schluss zu, dass das Hauptaugenmerk auf die Vertriebenenverbände und mehr noch auf deren Mitglieder gerichtet ist.

Eine weitere wichtige Funktion der GfSV soll laut Beobachtungen von antifaschistischen JournalistInnen in der Materialbeschaffung und Nachwuchsschulung bestehen. In der Alstadener Straße in Oberhausen sollen demnach Räume angemietet worden sein, deren Vermieter wiederum Werner Gebhardt (ehem FFD) sein soll. Laut Recherchen und Berichten aus der Region soll dort eine Bibliothek und Räume zu Schulungszwecken hergerichtet worden sein. Es besteht die Vermutung, das hier das Hintergrundmaterial für die Herausgabe der UN archiviert und gelagert werden könnte.

"Freundeskreis Freiheit für Deutschland" (FFD)

Anfang 1989 wurde der FFD auf Teneriffa gegründet. Die Initiatoren stammen wieder aus dem Kreis der "Unabhängigen Freundeskreise". Zu ihnen zählten Günther Demolsky, Werner Gebhardt, Helmut Fuchs und Wilfried Bluschke. Der FFD hat seinen Sitz in Bochum. Von einer sehr verdeckt betriebenen Geschäftstelle aus versandten FFD-Anhäger Flugblätter und Aufkleber an über 2000 Adressen in der gesamten BRD. Die Veröffentlichungen des FFD sind sehr viel direkter und platter als die Artikel in den Unabhängigen Nachrichten, thematisch decken sie aber die gleichen Schwerpunkte ab: Asylgesetzgebung, Geschichtsrevisionismus, antisemitische Hetze, Steuerpolitik und Nationalismus. Der FFD hat über 100 verschiedene Flugblätter und etwa 30 Aufkleber hergestellt und massenhaft verschickt. Im Laufe der Jahre kam es zu mehreren Prozessen wegen einzelner Flugblätter des FFD, die entweder gleich zu Freisprüchen oder aber zu Bewährungsstrafen führten. Im April 1994 fand z.B. vor dem Bochumer Landgericht ein Prozess gegen sechs Anhänger des FFD statt. Angeklagt waren Demolsky, Bluschke, Fuchs sowie Paul Muenzer, Helmut Grimm und Ekkehard Weil. Weil ist als Neonazi-Terrorist aus West-Berlin bekannt und soll zeitweilig in Bochum-Gerthe unter dem Namen "Karl Schubert" gelebt haben. 

Die Liste der Anklagepunkte bei Prozessen gegen den FFD war lang: Verstoß gegen das Pressegesetz, Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Verunglimpfung der Demokratie, des Staates und dessen Repräsentanten, Beleidigung Andersdenkender, Leugnung der Vergasung von Jüdinnen im Nationalsozialismus, Billigung von Straftaten, Aufruf zur Gewalt etc.

In einer Urteilsbegründung hielt ein Richter den Angeklagten zu Gute, dass es für Laien eine »risikoreiche Gratwanderung« sei, zwischen strafbaren und erlaubten Formulierungen zu unterscheiden. Sie hätten ja nur auf »tatsächlich existierende Probleme« aufmerksam machen wollen, die es mit Ausländerstraftaten oder Asylbewerbern gebe. Die Angeklagten hätten »nur in der Art der Darstellung überreagiert«.

Am 2. September 1993 verbot der Innenminister Nordrhein-Westfalens den FFD. Das Vermögen sowie mehrere Hakenkreuze wurden beschlagnahmt. In der Verbotsverfügung heißt es, »gemeinsames Ziel und gemeinsamer Zweck dieser Funktionärsgruppe ist die regelmäßige Verbreitung von Flugschriften, die u.a. die Kriegsschuld leugnende Thesen und rassistisches Gedankengut enthalten sowie Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie verunglimpfen.«

Dass das Verbot nur die Unterorganisation FFD betrifft und nicht die "Unabhängigen Freundeskreise" selbst und deren Publikation, ist nur schwer nachzuvollziehen, schreibt doch der Verfassungsschutz 1990 selbst: »der FFD (...) ist weitgehend mit dem Freundeskreis Unabhängige Nachrichten (UFK) identisch.« Der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein Westfalen stellte dann 1993 fest: „Mit dem UFK personell eng verzahnt und in den Agitationsthemen übereinstimmend war der (...) verbotene FFD. Ein Verbot der UFK kam nicht in Betracht, weil die ein Verbot voraussetzende Organisationsstruktur hier nicht erkennbar wurde.“