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Neonazi »Solidaritätswoche« gegen Verbote

Einleitung

Vom 4. bis 11 . Dezember 1993 riefen Neonazis zu einer »Solidaritätswoche« gegen die Parteienverbote und das Reichskriegsflaggen-Verbot auf. In der ganzen BRD sollte auf Veranstaltungen, Kundgebungen und internen Treffen über die Verbote der neonazistischen Parteien und deren »juristische« Hintergründe informiert werden.

Der Neonazi-Kader Michael Swierczek ruft zur "Solidarität" mit verbotenen Neonazi-Gruppen auf.

Zu den Aufrufern sollen bekannte (extrem) rechte Rechtsanwälte gehören, ebenso wie die »Ex«-Mitglieder der verbotenen Organisationen und der diversen anderen neonazistischen Parteien. Verboten wurden bisher die „Nationalistische Front“ (NF) im November 1992, die „Deutsche Alternative“ (DA) im Dezember 1992, die „Nationale Offensive“ (NO) im Dezember 1992, der „Deutscher Kameradschaftsbund“ (DKB) aus Wilhelmshaven im Dezember 1992, der „Nationaler Block“ (NB) im Juni 1993, die „Heimattreue Vereinigung Deutschlands“ (HVD) im Juli 1993 und der „Freundeskreis Freiheit für Deutschland“ (FFD)1 aus Bochum im August 1993.

Aufgerufen wird zu dieser »Solidaritätswoche« in einem Rundschreiben von Michael Swierczek (NO, München) in der monatlichen Publikation "Rechtskampf" mit Informationen zum jeweils aktuellen Stand der "Klagen gegen die Parteienverbote". Wie im Untertitel des Rundschreibens klar wird, ist Ziel und Zweck dieses Schreibens, ein einheitliches Vorgehen gegen die Verbote in den neonazistischen Kreisen zu erreichen und die nötigen Informationen dazu zu verbreiten. Juristische Tipps zum weiteren Umgang mit der Reichskriegsflagge werden dargestellt und Flugblätter und Plakate für eine Kampagne gegen die Verbote könnten von Interessierten bei Michael Swierczek seinem Postfach in München bestellt werden.2

Zu dieser Kampagne ist auch ein »Solidaritätstelefon« eingerichtet worden. Swierczek appelliert für eine »Solidarität mit den Verfolgten« in Anlehnung an erfolgreiche Kampagnen der linken Bewegungen. Von diesen soll gelernt werden und Themen wie Berufsverbote, Hausdurchsuchungen und Repression im allgemeinen aufgegriffen werden.

Der Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger, Mitglied des „Deutsche Rechtsbüro“, vertritt im Moment die Klage der NF, DA und NO vor dem Europäischen Gerichtshof auf Wiederzulassung der Parteien und ebenso den FFD. Swierczek, hat als Ex-Chef der „Nationalen Offensive“, nach dessen Verbot offenbar ein neues Betätigungsfeld gefunden. Der „Rechtskampf“ soll neue Organisationsformen heranbilden und dazu beitragen, den organisatorischen Zusammenhalt der verbotenen Gruppierungen zu erhalten: Das Verbot der NO - wie auch die Verbote der DA und der NF – hätte noch keine Rechtskraft erlangt. Das glaubten offenbar auch einige Neonazis aus der Berliner NO-Anhängerschaft, die sich am 21. Dezember 1993 in Selchow (bei Berlin) zu einer „Wintersonnenwendfeier“ trafen, dann aber mit Polizeimaßnahmen konfrontiert wurden.

  • 1Laut Antifa-Recherchen, die z.T. sogar vom VS-Bericht 1993 (NRW) bestätigt wurden, war hier Wilfried Bodo Bluschke aus Xanten (NRW) als Vorsitzender aktiv. Als weiterer FFD-Akteure sollen der Altnazi Günter Reinhold D. aus Herne und Helmut F. aus Duisburg aufgetreten sein. Der „Freundeskreis Unabhängige Nachrichten“ (UFK) aus Bochum - mit dem Vorsitzenden Martin Voigt - blieb hingegen unbehelligt, obwohl er personell und thematisch mit dem FFD eng verzahnt ist.
  • 2Neonazis der "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) - unter Führung des bayerischen FAP-Vorsitzenden Michael Swierczek hatten am 3. Juli 1990 in Augsburg die "Nationale Offensive" (NO) gegründet. Der Landesverband Berlin-Brandenburg wurde am 8. August 1992 in Berlin gegründet. Die Vereinigung wurde am 22. Dezember 1992 vom Bundesminister des Innern verboten. Am Vorabend des Jahrestag des Verbotes am 21. Dezember 1993 wurden in einem Waldgelände bei Selchow (Dahme-Spreewald, Brandenburg) 17 Personen u.a. wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz festgenommen wurden. Unter ihnen war auch Bernd Kasulke, der ehemalige Vorsitzende des Landesverbandes Berlin-Brandenburg der NO.