Verfahren nach Demonstration gegen Donner-Versand
Sauerländer Impressionen
Das Sauerland ist eines der Zentren des organisierten Neonazismus in Deutschland. Aktiv ist hier neben dem in Lüdenscheid ansässigen, neonazistischen Donner Versand vor allem die äußert umtriebige neonazistische Sauerländer Aktionsfront (SAF). Deren Kader Thomas Kubiak, Daniela W. und Andreas B. haben gute Kontakte zu Neonazis in ganz Deutschland und in den Niederlanden und betreiben das Nationale Infotelefon Sauerland. Auch bundesweit spielt die SAF eine wichtige Rolle. So war ihr Kader Andree Zimmermann in vorderster Front an den Vorbereitungen zum Rudolf-Heß-Gedenkmarsch 1996 beteiligt.
Am 21. Dezember vergangenen Jahres fand in Lüdenscheid eine Bündnisdemonstration statt, die sich gegen den Donner-Versand richtete, der von den Kadern der verbotenen Nationalistischen Front (NF) Harald Theodor Mehr und Stephan Haase betrieben wird. Außerdem geben die beiden auch die nach Eigenangaben in einigen Tausend Exemplaren erscheinende Zeitschrift Widerstand heraus.
Im Verlauf der Demonstration gegen den Donner-Versand wurden vor dessen Gebäude symbolisch drei Leuchtraketen gezündet, um den auf dem Dach rumprovozierenden und posierenden Neonazis nicht tatenlos zuzusehen. Da die Demonstration vollkommen friedlich verlief, nahm die Polizei dies zum Anlaß, nach der Demonstration einen angeblichen Schützen aus einer Gruppe von DemonstrantInnen, die sich auf dem Weg zum Bahnhof befanden, festnehmen zu wollen.
Dabei wurde dieser Mensch von Zivilpolizisten direkt umgeworfen und dann auf den Boden gedrückt. Umstehende Menschen waren sich nicht sofort im Klaren darüber, ob es sich um Neonazis oder Polizisten handelt, da sich die Zivilbeamten nicht zu erkennen gegeben hatten. Das daraus entstandene Gerangel rief wiederum die Bereitschaftspolizisten auf den Plan, die die Gruppe von DemonstrantInnen einkesselte, als hätten sie hinter der nächsten Ecke auf nicht anderes gewartet.
Resultat: 53 Festnahmen, wovon drei Personen die Nacht in Polizeigewahrsam verbrachten, ohne genau zu wissen warum.
Kalkül wird mensch sich fragen, wurde doch die Demonstration von einem starken Aufgebot an Zivilpolizisten belästigt und von einem Wagen vor der Demonstration und von den Seiten massiv abgefilmt, so als wollten sie unbedingt „Randale“ provozieren. Da dies nicht aufging und die DemonstratInnen sich nicht provozieren ließen, wurde polizeilicherseits eskaliert.
Verantwortlich gemacht dafür wurde die Demonstrationsteilnehmer. Von Leuchtspurmunition und Krawallen war in den nächsten Tagen in manchem Lokalblättchen die Rede. Aber es gab auch Berichte, die die Situation richtig einschätzten und den Übergriff der Polizei scharf kritisierten.
Den drei Menschen, die eine Nacht ihrer Freiheit beraubt waren, soll jetzt der Prozeß gemacht werden.
Und als ob das nicht schon genug wäre, soll der Anmelder der Demonstration auch noch einen Strafbefehl von 2400 DM zahlen, weil die Polizei keine OrdnerInnen gesehen habe und weil der Anmelder nichts gegen die Vermummung getan hätte.
Darüberhinaus hat die Polizei am 20. April 1997 in Lüdenscheid ein absurden Auftritt. Hintergrund war, daß an diesem Tag ursprünglich eine Demonstration in Lüdenscheid stattfinden sollte, die aber schon im Vorfeld wieder abgeblasen worden war. Alle wußten das, nur der Staatsschutz nicht.
Angeblich wollten die Beamten Hinweise gehabt haben, daß am 20. April in Lüdenscheid eine „unangemeldete Versammlung" stattfinden sollte. Daraufhin haben sie zwar „nur“ 600 der angeforderten 1.200 Polizisten nach Lüdenscheid schicken dürfen, aber es wurde ein makaberes Schauspiel: Hunderte von Polizisten suchten in Lüdenscheid (80.000 EinwohnerInnen) eine unangemeldete Versammlung. Weil sie die aber nicht aufstöbern konnten, haben sie allen möglichen Personen, die sich potentiell unangemeldet versammeln könnten, Platz- und Stadtverweise erteilt.
Es ist wohl überflüssig darüber zu spekulieren, was die Lüdenscheider Menschen, die in Lüdenscheid ein Stadtverbot gekriegt haben, ohne zu wissen warum, sich hinterher gedacht haben mögen. Sogar konservative Kreise um die lokale CDU konnten sich mit diesem Einsatz nicht so recht anfreunden.
Der 20. April in Lüdenscheid hat gezeigt, wen die Polizei im Fokus hat: Nicht den Donner-Versand, der seine Neonazi- Pamphlete munter weiterverschickt , sondern die antifaschistischen Kräfte in Lüdenscheid.