NPD Wahlantritt in Brandenburg
Mit rund 44.000 Erstwählerstimmen für die NPD gehört Brandenburg zu den Bundesländern, in denen die Neonazis bei der Bundestagswahl ihren deutlichsten Erfolg erzielen konnten. Bei der parallel abgehaltenen Kommunalwahl gewann die NPD genügend Stimmen, um in die Stadtparlamente von Fürstenwalde und Frankfurt/Oder einzuziehen.
Im Vergleich zu Mecklenburg-Vorpommern hatten NPD/JN mit ihren knapp 200 Mitgliedern in Brandenburg ihren Bundestags- und Kommunalwahlkampf auf niedrigerer Flamme gehalten. Eine Ausnahme bildete dabei Frankfurt/Oder, wo der Kreisverband um den JN-Barden Jörg Hähnel (Lebus/Frankfurt/O.) durch Aktionen wie Bäumepflanzen im Plattenbauviertel und Auftritten bei fast allen öffentlichen Veranstaltungen zu den Themen »Rechtsextremismus/Rassismus« einen sehr aggressiven Wahlkampf führte. Die Regionalpresse tat ihr Übriges, um der NPD zu Öffentlichkeit zu verhelfen. So druckte beispielsweise die "Märkische Oderzeitung" (MOZ) in ihrer Wahlserie unkommentiert auch das Wahlprogramm der NPD ab und berichtete regelmäßig vermeintlich »neutral« über die NPD-Aktionen. Ansonsten gab es größere Wahlkampfstände der NPD in Eberswalde, Fürstenwalde und Strausberg sowie einen NPD-«Schweigemarsch« am 25.9.1998 in Schwedt, an dem ca. 200 Neonazis teilnahmen. AntifaschistInnen organisierten bei fast allen NPD-Aktionen Gegenaktivitäten.
Die Ergebnisse von NPD, REPs, BFB und DVU
Bei den Bundestagswahlen erzielte die NPD mit 0,8% der Zweitstimmen und 3,5% der Erststimmen in Brandenburg bundesweit ihr drittbestes Ergebnis nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Bei den Kommunalwahlen gelang ihr der Einzug in die Stadtparlamente von Frankfurt/Oder und Fürstenwalde.
In der Kleinstadt Fürstenwalde erreichte die NPD 5,2 Prozent. Auf ihre drei Kandidaten entfielen insgesamt 2.811 Stimmen. Das bedeutet zwei Sitze, die von Danilo Wilke (26) und David Kellert (20) eingenommen werden. Kellert soll nach Berichten lokaler Antifas letztes Jahr am "Rudolf Heß Marsch" teilgenommen haben. In Frankfurt/Oder wählten 2.217 bzw. 1,75% der Wahlberechtigten die NPD. Die meisten Stimmen für die Neonazis sammelte der im Plattenbauviertel Neuberesinchen angetretene 18jährige Rene Wegner, der auch im Stadtparlament sitzen wird.
Hinzu kommt, daß auch der rechte "Bund Freie Bürger"(BFB) mit 1.883 Stimmen bzw. 1,49 Prozent einen Sitz im Stadtparlament erhält. In Eisenhüttenstadt gelang es den rechten "Die Republikaner" (REP), sich im Vergleich zu den Kommunalwahlen vor fünf Jahren sogar noch zu verbessern. Sie werden jetzt mit zwei Abgeordneten im Stadtparlament vertreten sein. Der schon 1993 gewählte stellvertretenden Landeschef der Republikaner, Wilfried Steinberg, hat nun die parteilose Bettina Helbig an seiner Seite. Die REPs in Eisenhüttenstadt haben damit Fraktionsstatus.
Dagegen war die DVU bei den Kommunalwahlen gar nicht erst angetreten. Allerdings gewann sie bei den Bundestagswahlen 2,7% der Zweitstimmen in Brandenburg - mehr als Reps und NPD zusammen. Ihre höchsten Ergebnisse erzielte die Frey-Partei mit 3,8%) im Wahlkreis Fürstenwalde-Strausberg-Seelow, wo auch der DVU-Landevorsitzende Axel Hesselbarth zuhause ist; im Wahlkreis Bad Liebenwalde-Finsterwalde-Herzberg-Lübben-Euckau erhielt sie sogar 4% der Stimmen.
Ausblick: Landtagswahlen 1999
Es bleibt abzuwarten, wie die rechten bis neonazistischen Parteien ihre Mandate in den brandenburgischen Kommunalparlamenten nutzen werden, um ihre Position innerhalb der politischen Landschaft zu konsolidieren bzw. weiter zu stärken. Auch wenn den (extrem) rechten Parteien nur in einigen Kommunen der Sprung in die Kommunalparlamente gelungen ist, hat der 27. September klar gemacht, daß das WählerInnenpotential für rechte Parteien zusammengefaßt über der 5%-Marke liegt. Die Kopplung mit der Bundestagswahl und die »Kohl-muß-weg«-Stimmung hat auch die Wahlergebnisse dieser Kommunalwahlen beeinflußt. Denn durchschnittlich 13 Prozent der Bevölkerung (ab 14 Jahren) haben nach Umfragen ein rechtsextremes Weltbild. Das rechte WählerInnenpotential ist also nicht verschwunden, es hat sich dieses Mal nur taktisch anders entschieden.
Es ist also keinesfalls Entwarnung angesagt. Die NPD und DVU haben genug Personal für Wahlantritte vor Ort. Der NPD Strukturaufbau in Brandenburg schreitet voran. 1990 war Finsterwalde zeitweilig Sitz eines eigenständigen "NPD-Landesverbandes Brandenburg" unter Leitung von Heiko Spiegel und Sven Henschel. Die NPD in Brandenburg agiert aktuell (noch) gemeinsam mit der Berliner NPD unter der Leitung von Lutz Reichel und Thomas Salomon. Die NPD hat für ihre Landesliste Jörg Hähnel (Frankfurt/Oder), den früheren JN-Bundesvorsitzenden und früheren Berliner NPD-Landesvorsitzenden Thilo Kabus (Hennigsdorf), Maik Hampel (Oranienburg), Reimar Leibner (Oranienburg) und Sven Issler (Wittstock) bestimmt. Maik Hampel soll in der Neonazi-Szene als ein "Gebietsbeauftrager der HNG"1 , als eine Art NF-Ansprechpartner in der Region "Oranienburg/Gransee" und als ein Anführer der "Kameradschaft Oberhavel" gegolten haben.
Bei der DVU landeten Axel Hesselbarth (Strausberg), Michael Claus (Petershagen), Hartmut Koch (Stücken), Oliver Köhler (Klosterfelde), Bärbel Mielis (Storkow), Siegmund Platz (Rückersdorf), Ortwin Tietz (Storkow) und Werner Firnelburg (Müncheberg) auf der Landesliste.
Für die Landtagswahlen im nächsten Jahr kann dies nur bedeuten, daß es gelingen muß, der Wahlkampfmaschinerie der Rechten, bei denen insbesondere die NPD zu einem wirkungsvollen und flächendeckenden Wahlkampf mit Hilfe eines aktiven Mitglieder- und Sympathiesantenkreises fähig ist, Einhalt zu gebieten. Dabei gilt es, den Spagat zwischen Bündnisarbeit und eigenen Positionen zustande zu bringen.
- 1HNG-Nachrichten Nr. 157 (1993)