»Fly to Die!« Ein Beispiel für die bürokratische Unmenschlichkeit des Flughafenverfahrens
Am 11. März 1999 wurde Safiyo A. aus Somalia in einer Lufthansa-Maschine abgeschoben, obwohl sie an einer schweren Krankheit litt. » Die 24-jährige Safiyo A. Reiste am 13. Februar 1999 am Frankfurter Flughafen ein und kam direkt in das Asylverfahren. Die aus Kenia kommende Frau gab an, wegen der Ermordung ihrer Eltern durch einen rivalisierenden Stamm geflüchtet zu sein. Aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes, der sich unter anderem durch ihre massive Unterernährung äußerte, wurde sie direkt ins Krankenhaus eingeliefert.
Die 1,65 Meter große Frau wog nur 31 Kilo und die Ärztinnen diagnostizierten eine Lymphknoten-TBC. Im Krankenhaus stand Safiyo A. unter permanenter BGS-Bewachung. Trotz des gesundheitlichen Zustandes, der mit Attesten belegt wurde, schämte sich das Bundesamt für die Annerkennung ausländischer Flüchtlinge nicht, den Asylantrag als »offensichtlich unbegründet« abzulehnen. In dem darauf folgenden Eilverfahren, das wegen seiner Bedeutung nicht ein Einzelrichter, sondern die 9. Kammer des Verwaltungsgerichtes durchführte, wurde die Entscheidung bestätigt.
Die zuständige Ärztin attestierte zwar die Reisefähigkeit der Somalierin, erklärte aber gleichzeitig eine stationäre Behandlung für notwendig. Als Begründung für die Abschiebung wurde unter anderem angegeben, die Bundesrepublik sei nicht für die gesundheitliche Versorgung der Frau zuständig. Es wäre weiterhin nicht nötig zu prüfen, »ob und in welchem Ausmaß eine Behandlung der Antragstellerin in Kenia oder in ihrem Heimatland Somalia möglich ist.« Es entstehe keine Begründung für Asyl daraus, dass eine Behandlung im Heimatland nicht gegeben sei.
Eine Ablehnung des Asylantrages widerspreche auch nicht dem Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG), da eine Abschiebung alleine nicht die Ursache für die Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens sei. Der Bundesrepublik Deutschland fiele verfassungsrechtlich keine Mitverantwortung zu. Bei der Abschiebung selbst spielte die Lufthansa wieder einmal eine bedeutende Rolle. Die Kranich Airline sprang ersatzweise für eine äthiopische Fluglinie ein, deren Kapitän sich geweigert hatte, die schwerstkranke Frau zu transportieren. Kurz vor der Abschiebung versuchte noch eine Anwältin von PRO ASYL zu intervenieren. Sie wies den Leiter des Grenzschutzamtes darauf hin, dass eine Abschiebung nach Äthiopien ohne Medikamente und ohne einen Pass einem Aussetzen ihrer Mandantin in eine hilflose Lage gleichkomme.
Safiyo A. wurde auch nicht nach Kenia oder Somalia abgeschoben, da es in das Bürgerkriegsland keine Direktverbindung gab. Die Gründe für PRO ASYL, sich an diesem Verfahren zu beteiligen, waren vielfältig. Zum einen werden trotz erheblicher medizinischer Bedenken immer mehr unerwünschte AusländerInnen außer Landes gebracht. Die zuständigen Ärztinnen attestieren zwar oft »Reisefähigkeit«, meinen damit aber nur das Überleben des Fluges. Zum anderen wird in den Eilverfahren nur darüber entschieden, ob sich mit dem Grundrecht auf Unversehrtheit eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland begründet.
Laut dieser Definition kann jeder Flüchtling abgeschoben werden, egal in welchem Zustand er sich befindet, wenn sich die Bundesregierung in irgendeiner Form von der Verantwortlichkeit für das Gesundheitssystem in dem betreffenden Land freispricht. Da es sich in der Regel um souveräne Staaten handelt und die deutsche Regierung bis heute eine Mitverantwortung für die durch Ausbeutung des Trikonts entstandene Situation ablehnt, wirkt so eine Begründung wie eine Farce. Es liegt also weiterhin auch an AntirasistInnen, immer wieder auf Fälle wie diesen aufmerksam zu machen und gegen diese Zustände zu kämpfen. Die Geschichte von Safiyo A. ist kein Einzelfall.