Der Freibund. Völkischer Wolf im bündischen Schafspelz
Sein vierzigjähriges Jubiläum feiert gegenwärtig der Freibund e.V.. Hervorgegangen aus dem neonazistischen Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) präsentiert sich der Freibund heute im bündisch-wertkonservativen Gewand. Doch ein Blick unter diesen Schafspelz offenbart bis heute eine gewisse ideologische und strukturelle Nähe zur rechten Szene. Der Freibund ist Teil der völkischen Jugendarbeit der Rechten.
Geschichtliche Kontinuitäten ...
Der Bund Heimattreuer Jugend e.V. (BHJ) war in den 50er und 60er Jahren ein Zusammenschluß unzähliger Jugendgruppen, die selten bündische, dafür um so mehr nationalsozialistische Traditionen pflegten. Ein Beispiel hier für war die Arbeitsgemeinschaft Nationaler Jugendbünde Österreichs (ANJÖ), die repressionsbedingt Teile ihrer Infrastruktur Ende der 50er Jahre nach Deutschland verlegte.1
Den damaligen ANJÖ-Kopf Konrad Windisch2 präsentiert der Freibund e.V. bis heute als den Vordenker der eigenen Bewegung. Er sei derjenige, »... der (...) unsere Grundsätze verfaßte«. Es ging letztendlich »um die Persönlichkeitsbildung des Einzelnen in der Gemeinschaft, die sich vor allem auf charakterliche Entwicklung und traditionelle Werte stützte«.3 Der Freibund selbst betont heute vor allem den bündisch-musischen Stil und stellt politische Forderungen bewusst zurück. Bastel- und Backnachmittage, die Teilnahme an Singewettstreits oder die Durchführung von Wanderungen stehen im Mittelpunkt der Arbeit des Freibundes.
Diese Form des öffentlichen Auftretens täuscht nicht darüber hinweg, dass die wesentlichen politischen Positionen niemals aufgegeben wurden. »Bei allen Unterschieden zwischen dem heutigen Freibund und dem Bund heimattreuer Jugend der 60er und 70er Jahre sind jedoch die Grundprinzipien gleich geblieben: Selbsterziehung (Jugend führt Jugend!), Bekenntnis zu unserer Identität als Deutsche, Bekenntnis zu unserem Volk und zur Völkervielfalt, europäische Gesinnung«.4
... und Brüche
In der Geschichte des Freibundes gab es mehrere politische und strukturelle Brüche. Ab 1973 begann die Abgrenzung des BHJ e.V. zu offen neonazistisch agierenden Gruppen.5 Hierzu zählte etwa die Wiking-Jugend, mit welcher man lange Zeit gemeinsame Aktionen durchführte. Ende der 80er Jahre spaltete sich der BHJ e.V. erneut, diesmal an der Frage der öffentlichen Ausrichtung des Vereins. Durchgesetzt hatte sich die Fraktion, die bündische Aspekte betont und politische Forderungen in der Öffentlichkeit zurückstellen wollte.6
Die Änderung des Namens und des Vereinssymbols dokumentierte diesen Wandel. Der »politische« Teil gründete unter Mitwirkung des ehemaligen Bundesführer Michael Will, Gernot Möhrig und auch Dietmar Munier 1990 die Heimattreue Jugend e.V.7
Der Freibund heute
Strukturell baute der BHJ wie vergleichbare Gruppen auf dem Familienprinzip auf. Dem liegt ein völkisches Konstrukt der Nation zugrunde, in der die Familie oder die Sippe als kleinste Einheit ihren Beitrag für die Gemeinschaft leistet. Im Freibund findet sich dieser Lebensbund-Ansatz wieder, was sich durch die Kontinuität bestimmter Familien in der Freibund-Geschichte gut dokumentieren lässt.
Praktisch ist der Freibund in kleinen, nach Alter geordneten Gruppen, den sog. »Horten« organisiert, die wiederum zu »Hortenringen« zusammengeschlossen sind. Geleitet werden diese von den drei Leitstellen, die das zu betreuende Gebiet unter sich aufgeteilt haben. Scheinbar werden die Schweiz, Österreich und Südtirol als »volkszugehörig« begriffen, da diese von der Leitstelle Süd betreut werden. Etwa drei Mal im Jahr erscheint die Zeitschrift des Freibundes Na Klar!, welche neben Fahrtenberichten und »Pfadfindertips« auch programmatische und ideologische Artikel enthält.
Die Größe des Freibundes ist heute schwer einzuschätzen, sie dürfte sich zwischen ein- bis dreihundert Mitgliedern bewegen. Dazu zählen nicht nur die in Gruppen organisierten Kinder und Jugendlichen, sondern auch die Älteren, die für den Bund tätig bleiben und eigene Älterentreffen veranstalten. Mit dem betont konservativ-bündischen Habitus schlägt der Freibund heute eine Brücke in die Braunzone. Hier ist u.a. die Landsmannschaft Ostpreußen zu erwähnen, in deren Ostpreußenblatt mehrmals für die Bundeswinterlager geworben wurde.
Beim Älterentreffen 2001 war der Braunzonenaktivist Albrecht Jebens, damaliger Vorsitzender des Studienzentrum Weikersheims, als Referent angekündigt. Die nach Außen getragene Abgrenzung nach ganz rechts ist jedoch angesichts der vertretenen Inhalte unglaubwürdig. Die Verbindungen zur (extremen) Rechten sind deutlich. Am 7. Oktober 2000 nahmen Freibündler gemeinsam mit bekannten Rechtsextremisten, wie dem Rechts-Rock Liedermacher Sleipnir8 , am 1.Tanz – und Musikfest »Liedg(l)ut« der nationalrevolutionären Zeitschrift »wir selbst« teil. Eingeladen hatte zu dem Treffen der völkische Musiker Friedrich Baunack, der fest in das Netzwerk der extremen Rechten eingebunden ist.
Einige Monate nach dem Festival fungierte Baunacks Telefonnummer als Infotelefon für die Sonnenwendfeier 2001 des Freibundes im Raum Fulda. Als Unterstützerin des Liedg(l)ut-Treffens fungierte u.a. Ursula Wetzel-Haverbeck, deren Collegium Humanum in Vlotho schon lange Zeit über beste Verbindungen zu völkischen Jugendgruppen verfügt. So diente schon Mitte der 90er Jahre der Anschluss des Seminarhauses als Infonummer für ein Sommerlager des Freibundes. Als Kontakte wurde Jörn Jakob benannt.
Ein regionaler Mikroblick – Berlin
Ein rechtes politisches Umfeld kennzeichnet auch die Berliner Freibund-Gruppe. Eine ihrer Führungsfiguren, Björn Rusinowski, engagierte sich Ende der 90er Jahre in Berliner Neonazikreisen. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des Vereins Tanzkreis Spree-Athen e.V., welcher quasi der Volkstanzverein des Berliner Freibundes ist. Vereinszweck ist laut Satzung »sich der Volkstanzpflege zu widmen und insbesondere junge Menschen an Volkstanz heranzuführen« (§2 Abs.1).
An der Seite von Rusinowski sitzt Matthias Lau im Vereinsvorstand, der in der Vergangenheit ebenfalls für den Freibund aktiv wurde. Nicht zuletzt war mit Lars Radtke in der Gründerzeit des Vereins der stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Freiheitlichen (Jugendorganisation des Bundes freier Bürger) als Schriftführer im Vorstand.
Einschätzung
Im Vordergrund der Ideologie und auch der praktischen Tätigkeit des Freibund stehen heute die klassisch bündischen Traditionen, also die Suche nach einer heilen und mystischen Natur, der »natürlichen«, völkischen Gemeinschaft, die Suche nach dem von der Moderne umverfälschtem Leben. Diese Werte besitzen in sich einen Kern, der zum Ideologiegebäude der extremem Rechten gehören.
Dabei bleibt es beim Freibund aber nicht, bis heute ist der Bund punktuell mit der rechten Szene verbunden. Wenn der sich heute wertkonservativ gebende Freibund auf seine vierzigjährige Geschichte verweist, heißt dies in der Konsequenz auch, dass man sich positiv auf seine früheren Mitstreiter und (ideellen) Unterstützer bezieht. Zu diesen zählte etwa Hans-Ulrich Rudel, der Ehrenmitglied des BHJ war.9
Ein aktuelles Beispiel ist u.a. Iris-Katrin Fischer, die in der extrem rechten Szene als Sängerin Swantje Swanhwit bekannt ist.
Auch wenn der Freibund heute aufgrund seiner Größe nur eine geringe Rolle zu spielen scheint, sollte seine Bedeutung nicht unterschätzt werden. Hier findet eine langjährige, planvolle und gut organisierte Jugendarbeit statt. Dem Freibund entwuchsen eine Reihe ideologisch gefestigte Menschen, von denen einige auch bereit waren, Kader der Rechten zu werden.
- 1Kurt P. Tauber: Beyond eagle and Swastika. German Nationalism since 1945, Middletown/USA 1967, S.404ff
- 2Zu Konrad Windisch siehe Seite. 19
- 3Na Klar!, Nr. 94/02, S.3
- 4Na Klar! Nr. 95/03, S.13
- 5Der Trommler, Nr. 9, 1980, S.2, Auf ein Wort, von Gernot Mörig.
- 6Na Klar!, Nr. 60/92, S.3
- 7Ausführlich zur HDJ e.V. vgl. AIB Nr. 58, S. 20ff
- 8Unter dem Namen tritt der RechtsRock-Musiker Marco Laszcz auf
- 9Rudel war der höchstdekorierte Soldat im nationalsozialistischen Deutschland und engagierte sich nach dem Krieg in der Deutschen Reichspartei