»Zentralorgan«-Macher vor Gericht
Das letzte Heft des Neonazimagazins »Zentralorgan« erschien mit der Ausgabe 13 im Februar 2002. Mit weiteren Ausgaben ist nicht zu rechnen. Zwei Titelblätter vorheriger Ausgaben beschäftigten im Sommer die Justiz.
In Hamburg und Ludwigslust mussten sich die »Zentralorgan«-Macher Tobias Thiessen, Klaus Bärthel und Dirk Sukoll vor Gericht verantworten. Vor zwei Jahren hatte der Ludwigsluster Bürgermeister Hans-Jürgen Zimmermann Anzeige wegen des Titelblattes der Ausgabe Nummer 11 gestellt. Der Bürgermeister sah in der Titelschlagzeile »National befreite Zone – schafft sie euch« eine Bedrohung »gegen unsere Bürger«. Eine Ansicht, die die Richterin am Amtsgericht Ludwigslust allerdings nicht teilte. Der zweitägige Prozess, zu dem die Angeklagten am zweiten Verhandlungstag nicht einmal mehr erschienen, wurden zur Bühne für die Szeneanwälte Jürgen Rieger, Hans Günther Eisenecker und Ralph Schürmann.
Mangelndes politisches Aufklärungsinteresse seitens des Gerichts im Zusammenspiel mit einer schlecht vorbereiteten Staatsanwaltschaft verschaffte den Neonazi- Anwälten ein ungewohntes Erfolgserlebnis. So hatte die Richterin lediglich das Titelblatt der strittigen »Zentralorgan«-Ausgabe vorliegen. Der Rest des Heftes, in dem u.a. »politische Gegner« mit Namen und Fotos veröffentlicht werden, kannte die Richterin nicht. Auch das Strategiepapier des Nationaldemokratischen Hochschulbunds (NHB) »National befreite Zone«, in dem praktische Anweisungen gegeben werden, wie die Neonazis diese Zonen aufbauen sollen, spielte im Prozess keine Rolle. Die Richterin gab sich mit der Erklärung von Rieger zufrieden, »National befreite Zonen? Das sind Orte, an denen nationale Menschen von der Gesellschaft akzeptiert werden.« Da überraschte es kaum, dass die Neonazis nach zwei Verhandlungstagen am 10. September vom Vorwurf der »Volksverhetzung und Aufruf zur Gewalt« freigesprochen wurden. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Revision eingelegt.
Für Hans Günther Eisenecker war es einer der letzten Prozesse. Der 53jährige NPD-Anwalt und NPD-Landesvorsitzende Mecklenburg-Vorpommern starb am 7. November 2003. Vor dem Landgericht Hamburg hatte Jürgen Rieger in Sachen »Zentralorgan« allerdings weniger Erfolg als in Ludwigslust. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass mit dem Titelblatt des Zentralorgans Nr. 9 »Juden raus.... aus Österreich« bewusst an »gleichlautende antisemitische Parolen im Zusammenhang mit der Massenvernichtung von Menschen jüdischer Herkunft« angeknüpft wurde. Das Gericht verurteilte Bärthel, Sukoll und Thiessen zu einer Geldstrafe von 6000 Euro.