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Das Ende eines Labels. Das Verbot der »Fränkischen Aktionsfront«

Einleitung

Am 22. Januar 2004 hat das Bayer­i­sche Innenministerium das vor allem im Raum Nürnberg aktive Neonazi-Netzwerk Fränkische Aktionsfront (FAF) auf Grundlage des Vereins­ge­setzes verboten. Die FAF bot hierfür insofern Ansatzpunkte, als dass sie mit einem ausformulierten Organisations­konzept und der IG WIR als alleinigem entscheidungsbefugtem Gre­mium – sozusagen Quasi-Vorstand ­– sehr formelle, vereinsähnliche Struk­turen hatte. 

FAF-Frauentransparent beim Heß-Marsch in Wunsiedel (2003).

Als Begründung wurden »Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus« und »zunehmend aggressive Agitation« angeführt. Im Rahmen der Verbotsvoll­streckung durchsuchte die Polizei 13 Wohnungen im Großraum Nürnberg und eine in Mainz. Unter anderem soll auch eine scharfe Pistole beschlag­nahmt worden sein, weshalb gegen eine Person ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. In Fürth war beispielsweise Matthias Fischer von Durch­suchungen betroffen. Er war Kader der IG WIR und für fast alle ihre Veröffentlichungen presserechtlich verant­wortlich. In Herzogenaurach wurde Thomas "Tommy" M., Aktivist der dortigen Kameradschaft durchsucht und in Kirchehrenbach - Kreis Forchheim ein Haus, in dem mehrere »AktivistInnen« wohnen.

Die FAF war in den letzten Jahren die nach außen hin aktivste Nazi-Struk­tur in Süddeutschland. Sie übernahm eine Scharnierfunktion zwischen mehre­ren Kameradschaften im Gross­raum Nürnberg und agierte in enger Kooperation mit den regionalen NPD-Strukturen. Die NPD stellte der FAF ihre Infrastruktur zur Verfügung, Aufgabe der FAF war es dann Interes­sierte durch ein breites Angebot an »Freizeitaktivitäten« zu binden und dadurch an die NPD heranzuführen. Dieses Verhältnis steht exemplarisch für die Nazi-Strukturen in großen Teilen Bayerns. So hat die NPD in den vierzig Jahren ihres Bestehens eine stabile Organisation entwickelt. Um diese sammeln sich einzelne Kame­rad­schaften, seien es die »Weißen Wölfe« im Raum Roding und Weiden (Oberpfalz) oder die Kameradschaften Lichtenfels und Passau (Oberfranken und Niederbayern), als Vorfeldorga­ni­sa­tionen.

Obwohl die FAF den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten im Raum Nürnberg verortet sah, war sie darauf bedacht die Neonazi-Szene auch bayernweit zu vernetzen, woraus die erwähnte »AG Bayern« resultierte. Weniger ausgeprägt, aber doch vorhanden, waren die Verbindungen von München und Nürnberg zu Gesinnungsgenossen in Baden-Württemberg. Die Organisation von Neonazi-Aktivitäten gegen die Wehrmachtsausstellung in Schwä­bisch-Hall 2003 ist dafür nur ein Beispiel.

Bei Aufmärschen, zu denen die FAF bis zu 120 Teilnehmer mobilisierte, erregten diese mit ihrem dem geläufigen Bild des »Neonazis« untypischen Erscheinungsbild Aufsehen. »pop­pige« Mainstreammode wurde mit völkischer NS-Ideologie verbunden. Auch die Organisationsform hatte Vorbildfunktion: So übernahmen die Mecklenburgische und die Pom­mersche Aktionsfront nicht nur den Namen, sondern auch gleich die organisatorische Struktur und das schriftlich formulierte Konzept der FAF. Dennoch dürfte das Verbot im bundesweiten Kameradschaftsgefüge, das zuletzt von einer starken Dezentrali­sierung und Regionalisierung geprägt war – was u.a. von der FAF forciert wurde – keine großen Spuren hinterlassen haben. Es gibt nach wie vor genügend etablierte Kamerad­schaf­ten, die den Part der FAF beispielsweise bei der Mobilisierung zu den jährlichen Rudolf-Heß-Gedenk­mär­schen übernehmen können.

Die mittelfränkische Naziszene dagegen muss fortan auf ein lieb gewonnenes und identitätsstiftendes Label verzichten und erfährt so in ihrer Außenwirkung einen Dämpfer. Die eigentliche Basis der FAF, die ehemals in ihr organisierten Kamerad­schaf­ten, sind vom Verbot nicht betroffen. Auch die NPD steht für zukünftige Aktivitäten als Organisationsstruktur zur Verfügung. Damit wurde die Strategie Vorfeldorganisationen für die NPD zu gründen, um bei deren Verbot weiter funktionierende Struk­turen gewährleisten zu können, zwar auf den Kopf gestellt, sie funktioniert aber dennoch.