»Über Auschwitz aber wächst kein Gras...«
Vor 25 Jahren hob der Bundestag die Verjährungsfrist für Mord auf. Anlass für eine kritische Würdigung eines unrühmlichen Kapitels (west)deutscher Vergangenheitsbewältigung
Das Abstimmungsergebnis im Bundestag an jenem 3. Juli 1979 war eindeutig: Eine klare Mehrheit der Abgeordneten unterstützte den Antrag der SPD/FDP-Koalition, die (bis dahin 30jährige) Verjährungsfrist für »Mord« aufzuheben. Die Gesetzesänderung zielte darauf, nationalsozialistische Mordtaten auch in Zukunft strafrechtlich ahnden zu können.
Und dennoch enthielt die Entscheidung ein fatales geschichtspolitisches Signal: Das letztlich verabschiedete Gesetz ermöglichte zwar weitere Ermittlungen gegen NS-Verbrecher, hatte aber einen verschleiernden Charakter. Durch die generelle Aufhebung der Verjährungsfrist für Mord setzte der Bundestag »zivile« mit nationalsozialistischen Morden gleich. Die besonderen Umstände, Hintergründe und Dimensionen der NS-Verbrechen blieben dagegen unerwähnt. Nur wenige Redner machten in der Bundestagsdebatte am 3. Juli 1979 auf diesen zentralen Aspekt aufmerksam. So betonte der FDP-Abgeordnete Werner Maihofer: »Über Mord wächst irgendwann einmal Gras, und zwar im Regelfall schon nach einer Generation. Über Auschwitz aber wächst kein Gras, noch nicht einmal in 100 Generationen.« Maihofers Appell blieb ungehört, widersprach er doch einer nicht nur unter den Abgeordneten weit verbreiteten »Schlussstrichmentalität«.
Dennoch werden die Verjährungsdebatten im Bundestag in den Jahren 1965, 1969 und 1979 gerne als »Sternstunden« des deutschen Parlamentarismus bezeichnet. Auch die Tatsache, dass sich bis heute einzelne, mittlerweile hochbetagte NS-Verbrecher wie etwa die SS-Offiziere Anton Malloth in München (2001), Friedrich Engel in Hamburg (2002) oder Herbertus Bikker in Hagen (2003) vor Gericht verantworten müssen, gilt als Nachweis einer zwar anfangs mit Schwierigkeiten behafteten, auf langfristige Sicht aber respektablen juristischen Aufarbeitung der NS-Zeit. Die gegenwärtigen von großem Medienrummel begleiteten Prozesse können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass unzählige NS-Verbrecher von der bundesdeutschen Justiz nahezu unbehelligt blieben. Sie kamen in den Genuss großzügiger Amnestien, profitierten von Verjährungsfristen und sahen sich im Zweifelsfall verständnisvollen Richtern gegenüber.
Gnadenerlasse und Amnestien
Entgegen den Vorstellungen der Alliierten hatte die Bundesrepublik nach ihrer Gründung darauf verzichtet, mit einem speziellen juristischen Instrumentarium nationalsozialistische Gewaltverbrechen zu ahnden. Entsprechende Überlegungen wurden mit dem doppelbödigen Hinweis abgelehnt, »Sondergesetze« seien mit dem Rechtsstaatsprinzip des neuen westdeutschen Staates nicht zu vereinbaren. Als Grundlage der Strafverfolgung sollten ausschließlich die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches (Mord, Totschlag, Freiheitsberaubung, schwere Körperverletzung) dienen, mit denen jedoch die Spezifika zahlreicher NS-Verbrechen kaum zu fassen waren.
Dennoch wurden bis 1950 von (west)deutschen Ermittlungsbehörden mehr als 5200 Strafverfahren eingeleitet, die allerdings nur in 100 Fällen Tötungsverbrechen betrafen. Hier ging es im Wesentlichen um Morde, die auf deutschem Territorium in Euthanasie-Anstalten oder Konzentrationslagern begangen worden waren. Hatten die gerichtlichen Verurteilungen im Jahr 1948 mit 1.819 ihren Höhepunkt erreicht, gingen die Zahlen seitdem kontinuierlich zurück: Im Jahr 1955 wurden schließlich nur noch 21 NS-Täter verurteilt.
Der Bundestag verabschiedete im Juli 1954 ein Amnestiegesetz für Straftaten mit einem Strafmaß von bis zu drei Jahren, die zwischen dem 1. Oktober 1944 und dem 31. Juli 1945 »in Annahme einer Dienst- oder Amtspflicht oder auf Grundlage eines Befehls« begangen worden waren. Ebenfalls konnten diejenigen, die nach Kriegsende aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung eine neue Identität angenommen hatten, mit Straffreiheit rechnen, sofern sie ihre falschen Angaben korrigierten. Eine nachlassende Bereitschaft, NS-Verbrechen zu ahnden, wurde aber auch im Kontext des sich zuspitzenden Kalten Krieges bei den Westalliierten deutlich. So erließen die US-amerikanischen, französischen und britischen Hochkommissare im Verlauf der 1950er Jahre zahlreiche Gnadenentscheidungen, die die ursprünglichen Strafen der Militärgerichte erheblich abmilderten.
Bemerkenswert war, dass in den Genuss dieser Strafnachlässe auch einige hochrangige Führer der berüchtigten Einsatzgruppen des SD kamen. In der bundesdeutschen Öffentlichkeit festigte sich in diesen Jahren die Überzeugung, dass die (juristische) Bewältigung der NS-Vergangenheit weitgehend abgeschlossen sei.
Der »Ulmer Einsatzgruppenprozess« und die Gründung der »Zentralen Stelle«
Die Diskussionen um die Ahndung nationalsozialistischer Verbrechen flammten am Ende der 1950er Jahre jedoch wieder auf. Große Bedeutung kam in diesem Zusammenhang dem »Ulmer Einsatzgruppenprozess« von 1957/1958 zu. Begleitet von einem außergewöhnlich großen Medieninteresse mussten sich der frühere Polizeichef von Memel sowie neun weitere Personen, allesamt ehemalige Angehörige der Einsatzgruppe A, wegen ihrer Beteiligung an Massenerschießungen im Baltikum vor dem Landgericht Ulm verantworten. Die Angeklagten wurden des Mordes und der Beihilfe zum Mord in bis zu 4000 Fällen schuldig gesprochen und zu Zuchthausstrafen zwischen 3 und 15 Jahren verurteilt.
Die in diesem Prozess verhandelten, in ihren Dimensionen kaum fassbaren Verbrechen machten auf eine in der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft vielfach verdrängte Tatsache aufmerksam: Die Feststellung nämlich, dass ein Großteil der nationalsozialistischen Massenverbrechen bislang ungeahndet geblieben war. Die Bemühungen, etwa der bürgerlich-konservativen Bundesregierung unter Bundeskanzler Adenauer, zielten allerdings weiterhin darauf, das Ausmaß der Strafverfolgung im Zusammenhang mit NS-Verbrechen möglichst zu begrenzen.
Diesen Bestrebungen gewissermaßen entgegengesetzt war jedoch die Gründung der »Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen« im Jahr 1958. Der Auftrag der in Ludwigsburg angesiedelten Zentralen Stelle bestand darin, erste Vorermittlungen in Fällen bislang unaufgeklärter NS-Verbrechen anzustellen, die in den von den Deutschen besetzten Gebieten begangen worden waren. Explizit ausgeklammert blieben jedoch Wehrmachtsverbrechen. In der Praxis sahen sich die Staatsanwälte der Zentralen Stelle mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert. So verfügte die Einrichtung mit ca. 130 Beschäftigten nur über eine relativ kleine Zahl an MitarbeiterInnen. Die von der Zentralen Stelle angestrebte Kooperation mit Archiven und Ermittlungsbehörden osteuropäischer Staaten und der Sowjetunion wurde bis weit in die 1960er Jahre von der Bundesregierung bzw. dem Auswärtigen Amt unterbunden. In Ludwigsburg selbst stand man der Behörde noch in den 1970er Jahren feindselig gegenüber. In Teilen der Bevölkerung war die Zentrale Stelle als »Judenladen« oder »kommunistische Dienststelle« verschrien. Trotz dieser Widrigkeiten leitete die Zentrale Stelle zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen Mordes, Totschlags oder Beihilfe zum Mord ein.
Strafverfolgung oder »innere Befriedung«?
Doch schon kurz nachdem die Einrichtung ihre Arbeit aufgenommen hatte, wurde ein weiteres Problem offensichtlich, das die künftige Strafverfolgung von NS-Tätern unmöglich zu machen drohte. Bereits im Jahr 1955 waren die Verjährungsfristen für Delikte wie schwere Körperverletzung oder Freiheitsberaubung abgelaufen. Größere Debatten darüber hatte es damals weder in der Öffentlichkeit noch in Justizkreisen gegeben. Am 8. Mai 1960 endete die 15jährige Verjährungsfrist für Totschlag. Bundestag und Bundesregierung blieben im Hinblick auf dieses Datum jedoch passiv, wohl wissend, dass mit dem Eintreten der Verjährung für Totschlag ein großer Teil der sich in Vorbereitung befindenden Ermittlungsverfahren gegen NS-Täter nicht mehr eröffnet werden konnte. Im März 1960 brachte die SPD-Bundestagsfraktion allerdings einen Gesetzesentwurf ein, der vorsah, die Verjährungsfristen für Mord und Totschlag erst ab September 1949 laufen zu lassen, um somit die Strafverfolgung zumindest noch für weitere fünf Jahre zu ermöglichen. Die Mehrheit des Bundestages lehnte jedoch den Antrag ab. Justizminister Schäffer (CSU) erklärte, ein pünktliches Inkrafttreten der Verjährung sei wünschenswert, da es der »inneren Befriedung« diene.
Somit zeichnete sich schon zum damaligen Zeitpunkt eine weitere Verjährungsdiskussion ab, da im Mai 1965 die (20jährige) Verjährungsfrist für Mord endete. Die Bundesregierung ging davon aus, diesen Termin aussitzen zu können. Hierbei wusste sie eine knappe Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung hinter sich. Im gleichen Jahr hatte allerdings die Zentrale Stelle im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Verjährung von Mord ihre Ermittlungstätigkeit intensiviert und war dabei auf weitere, bislang unerforscht gebliebene Tatkomplexe gestoßen.
Angesichts dieser Entwicklung und unter dem Eindruck des Eichmann-Prozesses in Jerusalem (1961) sowie des Auschwitz-Prozesses in Frankfurt (1963) waren sogar einige Bundestagsabgeordnete der CDU nicht mehr bereit, der Täter-freundlichen vergangenheitspolitischen Haltung der Bundesregierung bedingungslos zu folgen. Die SPD-Fraktion brachte eine Gesetzesinitiative ein, die die Nicht-Verjährung von Mord und Völkermord vorsah. Justizminister Bucher (FDP) beharrte jedoch auf dem Standpunkt, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus im Wesentlichen aufgeklärt seien, von einer weiteren Strafverfolgung daher abgesehen werden könne. Nach leidenschaftlicher Debatte verabschiedete die Bundestagsmehrheit im März 1965 einen dürftigen Kompromiss. Die Verjährungsfrist sollte nun erst ab dem 31. Dezember 1949 laufen. Deren nachhaltige Verlängerung oder gar vollständige Aufhebung wurde dagegen abgelehnt. So war eine weitere Verjährungsdiskussion vier Jahre später faktisch vorprogrammiert. Im April 1969 beschloss der Bundestag dann die Verlängerung der Verjährungsfrist für Mord um weitere 10 Jahre.
»Kalte Amnestie«: Das EGOWiG
Die Tatsache, dass nun auch die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP eine Entscheidung mehrheitlich mittrugen, gegen die sie zuvor jahrelang vehement zu Felde gezogen waren, hatte seine Ursache möglicherweise auch in einem vergangenheitspolitischen Schachzug, der bereits laufende sowie künftige Ermittlungen gegen hochkarätige NS-Täter zunichte machte.
Am 1. Oktober 1968 war nämlich das so genannte Einführungsgesetz zum Ordnungswidrigkeitengesetz (EGOWiG) in Kraft getreten. In den insgesamt 167 Artikeln des auf den ersten Blick unspektakulären Gesetzes ging es vor allem um die Neubestimmung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Straßenverkehrs. Tatsächlich enthielt das EGOWiG jedoch »rechtspolitischen Sprengstoff« (Ulrich Herbert). Versteckt in Artikel 1 Ziffer 6 des Gesetzes wurde nämlich der § 50 Abs. 2 StGB neu geregelt: »Beihilfe zum Mord« sollte künftig – sofern »besondere persönliche Merkmale« nicht nachzuweisen waren – lediglich als »Mordversuch« gewertet werden. Dementsprechend reduzierte sich auch das für dieses Delikt vorgesehene Strafmaß und die damit verknüpfte Verjährungsfrist, die nun nur noch 15 Jahre (statt 20 Jahre) betrug.
Für die Strafverfolgung vor allem nationalsozialistischer »Schreibtischtäter«, gegen die meist wegen »Beihilfe zum Mord« ermittelt wurde, hatte das EGOWiG dramatische Auswirkungen: Praktisch über Nacht mussten aufgrund der verkürzten Verjährungsfristen hunderte von Verfahren eingestellt werden. Besonders 300 ehemalige Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) konnten sich freuen. Gegen sie hatte die Berliner Staatsanwaltschaft seit 1963 mit großem Aufwand ermittelt. Das EGOWiG und eine grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) im Mai 1969 machten den Ermittlungsbehörden in diesem und in anderen Verfahren einen Strich durch die Rechnung: Die Schreibtischtäter des RSHA blieben von der Justiz unbehelligt.
Teile der Öffentlichkeit, besonders aber Opferverbände und ausländische Beobachter, protestierten energisch. Der israelische Botschafter in der Bundesrepublik sprach zu Recht von einer »kalten Amnestie« für NS-Verbrecher. Die Bundesregierung (CDU/ CSU/SPD-Koalition) versuchte das EGOWiG mit seinen rechtspolitischen Folgen als »Panne« zu verharmlosen. Diese Version erscheint jedoch äußerst zweifelhaft. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die fatalen Auswirkungen, die das Gesetz auf die Verfolgung von NS-Tätern hatte, bewusst intendiert waren. Auffällig war z.B. die Eile, mit der das EGOWiG durch den Bundestag gepeitscht wurde. Merkwürdig auch, dass keiner der hochqualifizierten Juristen, die in der Großen Strafrechtskommission an dem Gesetz gearbeitet hatten, die angebliche »Panne« rechtzeitig bemerkt haben wollte.
Eine tragende Rolle in diesem Gremium spielte nicht zuletzt Eduard Dreher, der als Ministerialdirigent die Strafrechtsabteilung im Justizministerium leitete. Während des Zweiten Weltkrieges war Dreher Erster Staatsanwalt am Sondergericht in Innsbruck gewesen und hatte in dieser Eigenschaft an mehreren Todesurteilen – meist für Bagatelldelikte – mitgewirkt. In den 1950er Jahren war Dreher im Justizministerium mit Amnestie-Regelungen für NS-Täter befasst. In dieser Funktion unterhielt er auch enge Kontakte zur Kanzlei des Rechtsanwaltes Achenbach, der sich gemeinsam mit dem ehemaligen SS-Ideologen Werner Best auf die juristische Beratung schwer belasteter ehemaliger Gestapo-, SS- und SD-Mitarbeiter spezialisiert hatte. Achenbach wie auch Best waren als umtriebige und einflussreiche Verfechter der Forderung nach einer Generalamnestie für NS-Verbrecher in Erscheinung getreten. Die Möglichkeit, eine »kalte Amnestie« gewissermaßen durch die Hintertür zu erreichen, war von Best bereits seit Beginn der 1960er Jahre angedacht worden. Das EGOWiG von 1968 stellte exakt jenes rechtspolitische »Trojanische Pferd« dar, auf das der ehemalige SS-Mann gehofft hatte.
Bilanzen und »letzte Chancen«
Angesichts der hier skizzierten Fülle täterfreundlicher vergangenheitspolitischer Maßnahmen erscheinen die Entscheidungen des Bundestages, die Verjährungsfrist für Mord zu verlängern und schließlich vollständig aufzuheben, als reines »Schattenboxen« (Ingo Müller). Dieser Eindruck verstärkt sich, blickt man auf die in zahlreichen Fällen abenteuerliche Urteilspraxis deutscher Gerichte in NS-Verfahren. Eine Bilanz der Verfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik fällt somit enttäuschend aus. Zwar leiteten die Staatsanwaltschaften seit Kriegsende gegen über 106.000 Beschuldigte Ermittlungsverfahren ein, rechtsgültig verurteilt wurden jedoch nur 6.494 Personen. In lediglich 166 Fällen sprachen die Richter lebenslange Freiheitsstrafen aus. Einige Tätergruppen blieben von systematischer Strafverfolgung offenkundig weitgehend unbehelligt. So musste kein einziger der ehemaligen Angehörigen des Volksgerichtshofes oder der verschiedenen Sondergerichte jemals vor einem bundesdeutschen Gericht erscheinen. Im Gegenteil: »Schreibtisch«-Täter wie der bereits erwähnte Eduard Dreher machten nach 1945 glänzende Karrieren.
Richter und Staatsanwälte, wie etwa der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer oder die Mitarbeiter der Zentralen Stelle, die vehement für die konsequente Ahndung von NS-Verbrechen eintraten, blieben dagegen lange Zeit Außenseiter innerhalb der Justiz. Erst allmählich vollzog sich auch in diesem Bereich ein Bewusstseinswandel. Wie auch schon im Kontext der Diskussion um die Entschädigung von NS-Opfern, spielte für die Strafverfolgung von NS-Tätern internationaler Druck sowie die Proteste und Interventionen von Opferverbänden eine entscheidende Rolle. So war das 1963 eingeleitete Berliner RSHA-Verfahren, das letztlich am EGOWiG scheiterte, vor allem durch das beharrliche Drängen ausländischer Staatsanwälte zu Stande gekommen. Auch die internationalen Appelle im Vorfeld der Bundestagsentscheidung über die Aufhebung der Verjährungsfrist für Mord am 3. Juli 1979 dürften das Ergebnis der Abstimmung mit beeinflusst haben.
60 Jahre nach Kriegsende ist die Strafverfolgung von NS-Tätern immer noch kein abgeschlossenes Kapitel. Um Hinweise auf noch lebende, bislang unbehelligt gebliebene NS-Täter zu erhalten, will das Simon-Wiesenthal-Zentrum nun die Kampagne »Letzte Chance« starten. Eine Aktion, der in erster Linie symbolische Bedeutung zukommen wird. Dennoch sollte diese »letzte Chance« genutzt werden.
Verwendete Literatur:
· Willi Dreßen: Probleme und Erfahrungen der Ermittler bei der Aufklärung von NS-Gewaltverbrechen, in: Förderverein »Freundeskreis zur Unterstützung der Polizei Schleswig-Holstein e.V.« (Hg.): Täter und Opfer unter dem Hakenkreuz. Eine Landespolizei stellt sich der Geschichte, Kiel 2001, S. 225-238.
· Helmut Dubiel: Niemand ist frei von der Geschichte. Die nationalsozialistische Herrschaft in den Debatten des Deutschen Bundestages, München 1999.
· Rüdiger Fleiter: Die Ludwigsburger Zentrale Stelle und ihr politisches und gesellschaftliches Umfeld, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 1/2002.
· Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1996.
· Ulrich Herbert: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903-1989, Bonn 1996.
· Marc von Miquel: Juristen: Richter in eigener Sache, in: Norbert Frei (Hg.): Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945, Frankfurt/M. 2001, S. 181-237.
· Marc von Miquel: Aufklärung, Distanzierung, Apologie. Die Debatte über die Strafverfolgung von NS-Verbrechen in den sechziger Jahren, in: Norbert Frei/Sybille Steinbacher (Hg.): Beschweigen und Bekennen. Die deutsche Nachkriegsgesellschaft und der Holocaust, Göttingen 2001, S. 51-70.
· Marc von Miquel: Ahnden oder amnestieren? Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren, Göttingen 2004.
· Ingo Müller: Furchtbare Juristen. Die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz, München 1987.
· Peter Reichel: Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur von 1945 bis heute, München 2001.
· Adalbert Rückerl: NS-Verbrechen vor Gericht. Versuch einer Vergangenheitsbewältigung, Heidelberg 1984.
· Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichsicherheitshauptamtes, Hamburg 2002.