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»Dritte Republik«

Heribert Schiedel, Wien
Einleitung

In mehreren europäischen Ländern fanden in letzter Zeit Wahlen oder Plebiszite statt, bei denen rechtspopulistische und rassistische Parteien und Positionen für Aufsehen sorgten. Eine Bestandsaufnahme aus Österreich.

Extreme Rechte aller Couleur pilgern zum Grab des NS-Heroen Walter Nowotny auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Bei den Wahlen am 1. Oktober 2006 hat sich das parteiförmige Ressentiment mit 15prozentiger Zustimmung endgültig als fixe Größe in der österreichischen Politlandschaft etabliert. Zudem konnte das völkische Milieu in den sechs Jahren freiheitlicher Regierungsbeteiligung in personeller wie in ideologischer Hinsicht enorme Geländegewinne verzeichnen. Vor allem im staatsnahen und universitären Bereich fassten sie verstärkt Fuß. Die Normalisierung von Rassismus und Antisemitismus wurde weiter beschleunigt. Und im Windschatten dieser rasanten Hegemonieverschiebung nach rechts konnte die Neonaziszene weitgehend unbehelligt am Ausbau ihrer Strukturen arbeiten.

Insbesondere in Oberösterreich und Vorarlberg etablierten sich mit dem Bund freier Jugend (BfJ) und einer Sektion von Blood & Honour aktive Neonazi-Gruppen mit besten internationalen Kontakten. Daneben hat Gottfried Küssel seinen Führungsanspruch in der Szene erneuert und durchgesetzt: Der vormalige Führer der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front hat aus seinen Fehlern gelernt und setzt nun auf Konspirativität. Er versammelt in seinem Umfeld ausgewählte Kader aus verschiedenen Milieus, verzichtet aber auf offene Agitation. Dazu nützt man entsprechend dem alten »Frontkonzept« die legalen Strukturen, wie sie hierzulande in Form der FPÖ und ihres korporierten Vorfeldes bestehen.

Nach der Abspaltung der Haider-Truppe BZÖ ist zudem die Grenze zwischen FPÖ und Neonazi-Szene noch durchlässiger geworden. Dies kann alljährlich Anfang November auch am Wiener Zentralfriedhof beobachtet werden: Auf Einladung eines Vereins im FPÖ-Vorfeld pilgern Burschenschafter, Neonaziskins, freiheitliche Politiker und »alte Kämpfer« zum Grab des NS-Heroen Walter Nowotny. Maßgeblich organisiert wird diese Feier seit 2003 von Clemens Otten, der es mittlerweile zum Generalsekretär des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) gebracht hat.

Im April 2002 war Otten noch unter den Organisatoren der Neonazi-Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung in Wien. Angesichts derartiger Verbindungen hat der bayrische Neonazi Phillip Hasselbach wohl Recht, wenn er, wie im Frühjahr 2005 im Forum des  Wikingerversands,  meint, dass sich in der FPÖ »nicht wenige Nationalsozialisten (tummeln)« würden. Hasselbach, der von sich behauptet, über Kontakte zu jungfreiheitlichen Kadern zu verfügen, weiter: »In der FPÖ-Jugend (…) sind sogar führende Funktionäre im Bundesvorstand intern als Nationalsozialisten bekannt, die auch in den entsprechenden Kreisen verkehren«.

Österreich ist schleichend und in vielerlei Hinsicht zur »Dritten Republik« geworden, daran wird auch eine große Koalition nicht viel ändern. Zumal die extreme Rechte anhaltende Salonfähigkeit erreicht hat. So verharmlost nun auch SPÖ-Fraktionsführer Josef Cap den FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache als »demokratisch gewähltes Mitglied des Nationalrates«. An dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung konnte auch der Fakt nichts ändern, dass Strache und seine 20 KameradInnen – gerade mal zwei Frauen verstärken die Burschenschafter – anlässlich der konstituierenden Sitzung im Parlament die blaue Kornblume, das Erkennungszeichen der zwischen 1933 und '38 verbotenen NSDAP, im Knopfloch trugen.