Heimattreue Deutsche Jugend
Während Teile der Republik mal wieder über ein Verbot der NPD debattieren, agiert seit Jahren ungestört eine neonazistische völkische Organisation im Hintergrund: Die Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ).
Die Journalistin Andrea Röpke legt mit Hilfe vieler lokaler AntifaschistInnen eine umfangreiche Recherchearbeit zur HDJ in Form eines Buches vor. Bevor Röpke auf den folgenden mit zahlreichen Abbildungen illustrierten Seiten die von Ihr gesammelten Fakten über den offiziell im Oktober 2000 unter dem Namen »Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) – Bund zum Schutz für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V.« gegründeten Verein darlegt, führt der Politologe Gideon Botsch ins Thema ein. Botsch setzt sich mit der selbst kreierten Traditionslinie der HDJ kritisch auseinander. Er erläutert dabei gut die Unterschiede und Wesensgleichheit zwischen der Bündischen Jugend, der Hitler-Jugend, der SS und der heute wirkenden HDJ.
Mit einem Rückblick beginnt auch der Hauptteil des Buches. Röpke ruft noch mal die Geschichte, Arbeitsweisen und Strukturen der 1994 verbotenen Wiking Jugend ins Gedächtnis des Lesers. Die 1952 gegründete WJ war bis zu ihrem Verbot die dienstälteste Organisation der bundesrepublikanischen extremen Rechten. Durch ihre Jugendarbeit ging ein bedeutender Teil des Kaderstammes des deutschen Neonazismus. Teilweise über Generationen hinweg wurden Kinder mit Volksgemeinschaftsideologie, Rassismus und dem Recht des Stärkeren indoktriniert und paramilitärisch ausgebildet.
Die Übereinstimmungen zwischen der verbotenen WJ und der HDJ sind nicht nur in der Form und Art der Verbreitung der nazistischen Ideologie gegeben, sondern auch an Hand von Personen und ganzen Sippen nicht zu übersehen. Wer früher als Kind in Lagern der WJ war, ist heute oft Förderer oder Mitglied in der HDJ. Bekannteste Beispiele sind die NPDler Udo Pastörs, Stefan Köster und der Barde Frank Rennicke. Aber auch Aktivisten aus dem Spektrum der »freien Kameradschaften« wurden in der Wiking Jugend sozialisiert. Wohin die Ideologie und das Training in den Camps der WJ und heute der HDJ führt, konnte schon so mancher Journalist am eigenen Leibe erfahren, wenn er sich den bei ihren Zusammenkünften gerne unbeobachtet bleibenden näherte.
Neben einer Einordnung und Beurteilung der auch bei Experten bis vor kurzen kaum beachteten HDJ bietet das Buch auch einen sehr guten Einblick in die tatsächlichen Aktivitäten des Vereins sowie dessen Relevanz für den heutigen Rechtsextremismus. Hier wurde akribische Recherchearbeit vor Ort betrieben und nicht nur, wie bei ähnlichen Publikationen häufig feststellbar, die Veröffentlichungen der HDJ ausgewertet. Ein guter Anteil der publizierten Materie dürfte unveröffentlichtes Material sein und so auch Interesse bei Kennern der Szene hervorrufen.
Die Lektüre des Bandes wird empfohlen, um beim wahrscheinlich eintretenden Verbot der HDJ mitreden zu können.
Andrea Röpke:
Ferien im Führerbunker.
Die neonazistische Kindererziehung der »Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ)«.
(Hrsg.) Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN Niedersachsen.
128 Seiten, 5,– Euro Braunschweig, 2007