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„Wehrsportlager" in Brandenburg und Thüringen

Einleitung

In der Woche um den 12. Augst 2020 fand im südbrandenburgischen Großräschen im Ortsteil Woschkow das „Bundeslager der Identitären Bewegung“ statt. Die „Identitären“ hatte sich dazu in die „Tischlerei und Sägerei“ von Peter Schmidt eingemietet, die u.a. über Blockhütten verfügt. Wie die Lausitzer Rundschau im Nachgang herausfand, war Schmidt bereits als "Reichsbürger" aufgefallen. Er gab an, nichts vom Treiben der IB mitbekommen zu haben und distanzierte sich zugleich von seiner „Vergangenheit“ als "Reichsbürger".

Foto: Screenshot via IbDoku - YouTube/IBD

"Boxtraining" der IB: Falsche bzw. fehlende Deckung aller Beteiligten.

Diese Form des „Wehrsportlagers“ der „Identitären Bewegung“ (IB) fand zum ersten Mal in Deutschland statt und ähnelt in Form und Inhalt der jährlich stattfindenden „Université d´été“ (Sommeruniversität) der „Génération Identitaire“ in Frankreich, zu der IB-Kader aus ganz Europa eingeladen werden. Diese fand in diesem Jahr in der 33. Kalenderwoche in Frankreich statt. Einen ähnlich elitären und klandestinen Charakter hatte auch das „Bundeslager“ in Woschkow, zu dem knapp 50 ausgewählte IB-Anhänger aus Deutschland, der Schweiz und Österreich geladen waren. Eine Woche zuvor deutete der österreichische Kopf der IB Martin Sellner in einem Livestream bereits an, dass er in der Folgewoche als „Ausbildender“ in einem „Sportlager“ in Deutschland sein werde. Ein im Nachhinein produziertes Video der IB über ihr Bundeslager verrät viel über die durchweg männlichen Akteure und den Charakter des Lagers: Morgenappelle unter der Lambda-Fahne, das Singen völkischer Lieder und Uniformierung mit weinroten T-Shirts. „Immer der Beste zu sein und voranzustreben den andern, und nicht der Väter Geschlecht zu beschämen!“, stand auf diesen.

Neben Vorträgen und ideologischer Schulung u.a. durch Martin Sellner, wurde vor allem Kampf- und „Wehrsport“ trainiert, sowie Kletterübungen durchgeführt. Dazu wurde auch der nahegelegene geflutete Tagebau Altdöberner See genutzt. Dieser überwiegend sportliche Charakter des Lagers hebt sich damit von anderen regionalen „Aktivistenwochenenden“ ab. Drill, Abhärtung und voll Maskulinismus strotzende Wehrhaftigkeit waren die zentralen Inhalte des Bundeslagers, was sehr an die altbekannten Lager u.a. der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) erinnert. Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche IB-Kader ihren Vorlauf in neonazistischen und völkischen Strukturen hatten, scheint dies nur konsequent.

Neben Martin Sellner dürften auch die ebenfalls anwesenden langjährigen IB-Kader Till-Lucas Wessels, Philip Thaler, Torsten Görke (IB-Halle) und Sven Engeser (IB-Schwaben) für die Organisation und Durchführung des Lagers maßgeblich verantwortlich sein. Ebenfalls anwesend war Benjamin Stein aus Murrhardt bei Backnang, der noch 2011 für die NPD kandidierte.

Der Charakter dieses Bundeslagers reiht sich in die Radikalisierungsspirale der „Identitären Bewegung“ ein. Nach dem Scheitern ihrer bürgerlichen Fassade und dem anschließenden Niedergang, scheint die IB nun nur noch wenig motiviert ihre „gewaltfreie“ Fassade aufrechterhalten zu wollen. Stattdessen wird der tatsächliche Charakter der extrem rechten Gruppierung deutlich. Dieses Bundeslager diente augenscheinlich vor allem der Vorbereitung auf den "Straßenkampf" und der Verstärkung ihres maskulinistischen Körperkults in einem elitären Rahmen.

Die „Identitären“ sind jedoch nicht die Einzigen, die Lager und Wehrsportübungen durchführen. Als „wildes Camp des rechten Klientels“ bezeichnete die Polizei ein Lager der „Jungen Revolution“ (JR), dass im Juli 2020 in Stützerbach (Thüringen) ausgetragen werden sollte. Die zwanzig bis dreißig TeilnehmerInnen hatten bereits ihre Zelte aufgeschlagen und konnten einige Boxtrainings durchführen, bis die Polizei schließlich das Camp u.a. aufgrund von Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz auflöste.

Die JR ist ein junges, sich elitär gebendes Projekt um den aus Zwickau stammenden, ehemaligen Nachwuchskader der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ Sanny Kujath. Unterstützend wirkte vor Ort aber auch der Dortmunder Neonazi Alexander Deptolla, sowie Franz P., die beide zum Orga-Team des extrem rechten Kampfsportformats „Kampf der Nibelungen“ (KdN) gehören. Auch der KdN-Kämpfer David M. aus Mecklenburg-Vorpommern nahm am Lager der JR teil und beaufsichtigte Bildern zufolge das Boxtraining. David M.‘s Gruppe in Rostock - der neonazistische „Aktionsblog/Baltik Korps“ -  trainiert schon länger für den „Tag X“, wie Selbstbeschreibungen zu entnehmen ist (Vgl. AIB Nr. 126).

Dass auch mindestens eine Person aus der extrem rechten Hooligangruppe „Jungsturm“ des FC Rot-Weiß Erfurt in Stützerbach vor Ort war, bekräftigt das Potential solcher Lager. Führende Personen des „Jungsturm“ sitzen aktuell in Untersuchungshaft. Sie sollen eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. „Musstest ihr abbrechen wegen den Bullen?“ wurde der JR-Kader Sanny Kujath später im Internet zum Hergang des Lagers gefragt. „Wir haben einfach das Gelände gewechselt“ war seine Antwort.