18 meets 28 ?
Was passiert, wenn Neonazis bei Rockergruppen einsteigen? Werden diese Gruppen damit zu Bestandteilen der neonazistischen Infrastruktur? Oder ist es so, dass sich die Neonazis dann, wenn auch nur schrittweise, entpolitisieren müssen? Die Beobachtung von temporären Allianzen zwischen Neonazis und Rockern ist nicht neu. Doch vor dem Hintergrund sich verändernder Szenen, sowohl bei den Rockern wie auch bei den Neonazis, sind die damit verbundenen Fragen aktueller denn je. Der folgende Beitrag soll diese Fragen aufgreifen und Fakten liefern. Hierzu haben wir mit Mitgliedern deutscher Motorradclubs (MCs), die ungenannt bleiben werden, lange und kontrovers diskutiert und darüber versucht, zu einer Einschätzung zu kommen. Dieser Artikel versteht sich als Einführung in die Thematik und wird sich vor allem mit den »großen«, internationalen Clubs beschäftigen. Im nächsten AIB werden wir uns ein paar »kleineren« Clubs widmen, die sich in der Grauzone zwischen Bikern und Neonazis bewegen und Bestandteil zum Teil bizarrer Halbwelten sind.
Die Meldung der Südwest Presse vom 23. Dezember 2002 ist kein Einzelfall. Unter der Überschrift »Skins und Rocker rücken zusammen« heißt es: »Der Treff der Bandidos in Mannheim etabliert sich allmählich als Veranstaltungsort für rechtsradikale Konzerte. Dabei gibt sich der internationale Motorradclub im Internet als Unterstützer der »Biker gegen Rechts« aus.« Anlass für den Bericht waren zwei Konzerte, die im Bandidos-Clubhaus in einem Mannheimer Industrieviertel unter der Mitorganisation von (ehemaligen) Blood & Honour-Exponenten stattfanden: Am 2. November 2002 spielten »Siegnum«, »Propaganda«, »White Voice« und »Stoneheads« vor 400 Neonazis, die aus mehreren Bundesländern und aus dem benachbarten Ausland angereist waren. Am 21. Dezember 2002 traten »Aufmarsch«, »Gegenschlag« und erneut »Siegnum« vor 130 Neonazis auf. Die extrem rechte Bremer Band »Kategorie C« tingelte derweilen durch verschiedene Clubhäuser des MC Gremium und der Hells Angels, und im Jahre 2003 kam auch der NS-Black Metal in manch einem Clubhaus an: Bands wie »Wewelsburg« und »Totenburg« gastierten im Juli 2003 bei den Mannheimer Bandidos, »Magog« aus dem Umfeld der ehemaligen »Skinheads Sächsische Schweiz« (SSS) im November 2003 beim Outlaws MC im thüringischen Grabe.
Für Personen der SSS keine neue Erfahrung: Im Clubhaus des Dresdner Gremium MC konnte die 2001 verbotene Neonazi-Terrortruppe in der Vergangenheit mehrere Veranstaltungen durchführen. Bei einer Razzia, die sich vor allem gegen den als extrem rechts (szene-)bekannten MC Nordmänner aus dem niedersächsischen Wendland richtete, wurden im Frühjahr 2003 über 200 Maschinenpistolen und -gewehre sowie einige Panzerfäuste gefunden, was die Frage aufwirft, für wen und was diese Waffen eigentlich bestimmt waren. Jüngstes Beispiel sind die Durchsuchungen bei Combat 18 Pinneberg am 28. Oktober 2003, die darauf begründet waren, dass sich die Neonazis Waffen aus der regionalen Rotlicht- und Rockerszene besorgen wollten. Selbst die Sicherheitsbehörden reagieren aufgeschreckt, ihre Sicherheitsanalysen klingen besorgt. Nach einer Razzia am 16. November 2003 gegen ein »Nordmann-Treffen« des Berliner Rockerclub Walhalla 92 zählte die ansonsten recht wortkarge Berliner Polizei der Öffentlichkeit vor, wer alles dort angetroffen wurde.
Ca. 30 Gäste kamen – so die Polizei – vom MC Born to be Wild, ein Dutzend aus der »harten, rechten Szene« wie der Neonazigruppe Vandalen. Die Signale an die Biker sind unüberhörbar: Spielt nicht mit den Schmuddelkindern. Dies sind einige der harten Fakten, die zeigen, wie dringend antifaschistische Wachsamkeit geboten ist. Dennoch erscheint Sensationsberichterstattung genauso wenig angebracht wie ein vorurteilsgeladenes »es wächst zusammen was zusammen gehört«. Denn die Biker-Szene insgesamt ist nicht weiter nach rechts gerückt. Dass es jedoch zunehmend Allianzen zwischen einzelnen Clubs und Neonazis gibt, hat meist einen sehr einfachen Grund: Geschäfte. Und da haben die Neonazis mancherorts einiges zu bieten. Für die antifaschistische Bewegung kann das kein Grund zur Entwarnung sein. Doch sollte sie sich bemühen, die Dynamik der derzeitigen Entwicklung zu verstehen, um differenziert und zielgerichtet intervenieren zu können.
Berührungspunkte
Bereits Ende 70er Jahre waren »Nazi-Rocker«, die in Clubs wie MC National oder MC Stander Greif bundesweit Furore machten, ein Thema für die Medien. Sie verschwanden nach einigen Jahren. Sie lösten sich auf, mancher stieg aus, andere fanden Aufnahme in eher »unpolitischen« Clubs. Als 1980 die »Wehrsportgruppe Hoffmann« verboten wurde, richtete die Polizei eigens eine Kommission ein, um den weiteren Werdegang der Hoffmann-Leute zu verfolgen, der bei einigen direkt in den (heute aufgelösten) MC Lawmen führte. Fünf Jahre später resümierten die Staatsschützer, dass außer Aufnähern wie »Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein« keine sichtbaren Zeichen einer extrem rechten Politisierung unter den Lawmen festzustellen waren. Nach ein paar Jahren waren dann auch die Aufnäher von den Kutten verschwunden. Berührungspunkte und Zusammenarbeit zwischen Neonazis und Rockern gab es in den folgenden Jahren dennoch genug. Vor allem im Tätowier-Business, im Türsteher-Gewerbe und sicher auch in manch krimineller Sparte, z.B. im Waffenhandel, fanden sie immer wieder zusammen.
Die deutsche Rockerszene bot lange Zeit ein recht eingefahrenes Bild, geriet ab 1999 aber in Bewegung. Der gefürchtete MC Bones trat zu den Hells Angels über, die (schwarzen) Ghost-Rider, die über mehrere Dutzend Chapter in Deutschland verfügten, schlossen sich den Outlaws an und stellten sich ebenfalls unter amerikanische Führung. Und die erbitterten Konkurrenten der Hells Angels, die Bandidos, drängten mit der »Übernahme« der (gelben) Ghost-Rider mit Macht nach Deutschland. Die Szene hat sich »globalisiert«. Heute sind es vier Clubs, die das Geschehen bestimmen: Outlaws, Bandidos, Hells Angels sowie der MC Gremium, der letzte Club im Konzert der Großen, der noch von Deutschland aus geleitet wird. Deren Clubpolitik funktioniert nach den Prinzipien »moderner« Unternehmensführung: Franchising, grenzüberschreitender Expansionsdrang, freundliche und feindliche Übernahmen. Die Marketingabteilung sorgt sich derweilen ums Image. Der Mythos der »Wilden« und »Gesetzlosen« wird sorgsam gepflegt und eine geheimnisvolle wie schillernde Parallelwelt aufgebaut. Andererseits bemüht man sich um gesellschaftliche Anerkennung und demonstriert über Spendenaktionen für die Kinderkrebshilfe oder Kampagnen wie »Biker gegen Rechts« soziale Verantwortung.
Wenn auch das sogenannte Rotlicht-Milieu nach wie vor ein Steckenpferd der Biker ist, so macht dieses – auch nur einen Teil des Business aus. Immobiliengeschäfte oder das Veranstalten großer Events (vom Rock-Festival bis hin zum Box-Weltmeisterschaftskampf) sind mit geringen (juristischen) Risiken und oft reichlich Profit verbunden. In dem Bemühen, sich einen bestimmten Markt in einem abgesteckten Territorium zu sichern, steht man sich mittlerweile auf den Füßen herum und ist mehr denn je gezwungen, örtliche Hilfstruppen zu rekrutieren, die den Boden bereiten und Plätze freihalten. Die Helfershelfer, denen über einen Support-Club, einen Hangaround- oder Prospect-Status Identität geboten und das Gefühl vermittelt wird, nun bei einer unschlagbaren Truppe dabei zu sein, werden oft unter dem Kriterium auserwählt, ob sie ein lokaler Machtfaktor sind und/oder den Zugang zu einer bestimmten Geschäftssparte öffnen können.
Die Neonazis sind vielerorts ein Machtfaktor. In manchen Regionen bestimmen sie, was auf der Straße abgeht. Rechtsrock und rechter Lifestyle sind ein Business, das sich bereits in einer Halbwelt eingerichtet hat und Aberhunderte von ihnen sind bereit, ihr Geld darin zu investieren, sich von Kopf bis Fuß zu tätowieren zu lassen. Zudem: Neonazis sind extrem autoritaristisch, jederzeit bereit, sich unterzuordnen, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. Gerade in Netzwerken wie »Blood & Honour« oder »Hammerskins ist seit den 80er Jahren schon eine Affinität zu den Bikergruppen zu erkennen. Das Prinzip von einjährigen Probemitgliedschaften«, die Berechtigung, erst bei einer Vollmitgliedschaft das Organisationssymbol bzw. »Colour« zu tragen, haben die selbsternannten Naziskin-Eliten eins zu eins von den Bikern abgekupfert. Der interne Hammerskingruß H.F.F.H (Hammerskins Forever – Forever Hammerskins) ist eine billige Kopie einer von den Hells Angels in die Rockerszene eingebrachten Grußformel, ursprünglich A.F.F.A. (Angels Forever – Forever Angels). Auch das Prinzip, verbotene Symbole und Namen über Zahlencodes zu verschlüsseln – aktuell wurde aus »Blood & Honour« »28«– gewann nach dem Verbot der Hamburger Hells Angels 1983 Popularität. Sie traten fortan als »81er« auf. Darüber hinaus findet über den Tätowierkult und die steigende Popularität von Flammensymboliken in der Neonaziszene eine fortschreitende stilistische und ästhetische Annäherung statt.
Viele Personen des harten Kerns der Neonazis stehen weiterhin vor dem »Problem«, am Ende ihrer »Karriere« angekommen zu sein. Etwas Höheres als den Führungskreis von »Blood & Honour«, »Hammerskins« oder einer Kameradschaft hat die Szene nicht zu bieten. Oft genug mussten sie auch erkennen, wie ihre »Eliten« nicht das hielten, was sie versprachen. Das gesamte Ausmaß der Durchsetzung der Szene mit Informanten ist nach der Erfahrungen der letzten Jahre allenfalls grob zu schätzen. Und diejenigen mit den größten Klappen und den dicksten Muskeln (wie zum Beispiel aktuell Martin Wiese aus München) waren oft die, die in den polizeilichen Vernehmungen am längsten und lautesten sangen. Vom pseudokonspirativen, sprich: unprofessionellen, Verhalten und den bitteren Konsequenzen (wie zum Beispiel aktuell München) ganz zu schweigen. So haben sich nicht wenige vom harten Kern der Neonazis bewusst und gewollt in die Grauzone zwischen politischen Aktivismus und Rocker-Szene begeben. Ob sie sich dort auf Dauer einrichten können und wohin der Weg der Einzelnen führt, ist vielfach wohl noch offen. Neonazis bewegen sich auf die Bikerclubs zu – nicht umgekehrt.
Dass die großen Clubs in einer White-Power-Bewegung aufgehen, scheint kaum vorstellbar. Denn sie können es gar nicht. Die Bandidos gründeten sich in Mexiko und in den Südstaaten der USA, um eben eine Gegenmacht gegen die rassistische Dominanz der Hells Angels aufzubauen und haben Antirassismus in ihren Leitlinien festgeschrieben. Wie auch die Outlaws sind die Bandidos, bis hinein in die Führungsebenen, in Deutschland wie in den USA eine »multikulturelle« Truppe. Selbst die Hells Angels, die in Norddeutschland (vor allem Hannover und Hamburg) über Jahre wenig Berührungsängste mit Neonazis hatten, bemühen sich zur Zeit, dieses Image zu korrigieren. Das alles kann die Clubs natürlich nicht im emanzipatorischen Sinne als fortschrittlich erscheinen lassen, jedoch scheint einer nationalistischen und rassistischen Ausrichtung erst einmal der Riegel vorgeschoben. Sind die Bikergruppen also ein Beschäftigungsprogramm für profilierungssüchtige Neonazis? Oder sind sie gar das Trittbrett zum Ausstieg, in dem sie das Angebot formulieren, dass man Rebellenmythen, elitäres Selbstverständnis und reaktionäre Lebenswelten – Männlichkeitskult, Waffenfetisch, Machtstreben – auch ausleben kann, ohne Neonazi zu sein? So einfach ist es leider nicht. Denn das Verhältnis zwischen manchen Rockerclubs und Neonazis ist geprägt von jeweiliger Selbstüberschätzung.
Die Neonazis jedenfalls freuen sich über ihre vermeintlich »neuen Freunde«. Nachdem die Neonaziband »Gegenschlag« aus Mittelhessen im Mannheimer Clubheim der Bandidos auftrat und dort offensichtlich echte Bandidos kennen lernen durfte, ließ sie es sich nicht nehmen, diese auf ihrer CD zu grüßen. Alleine die Tatsache, dass sie nicht in der Lage waren, den Namen richtig wiederzugeben und stattdessen von »Banditos« schrieben, dürfte ihnen in der Bandidos-Chefetage wenig Sympathien eingebracht haben. Wenn auch das Politikverständnis mancher Neonazis verwässern wird, so sind sie, genauso wie die Biker, stets in der Lage, die sich ergebenden Widersprüche auszublenden. Die »Vorteile«, die neonazistische Gruppen und Personen aus dieser Liaison ziehen können, potenzieren die Bedrohung für alle, die nicht in ihr Weltbildpassen. Ob es jetzt ein erleichterter Zugang zu Waffen und entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten sind, oder die Tatsache, dass in Zeiten zunehmender Repression die Rocker-Clubhäuser als Treff- oder Fluchtpunkte dienen können. Mancher Bikerclub glaubt sich außerhalb jeder politischen Logik stellen, »geschäftliche« und »politische« Beziehungen trennen und Neonazis nach Gutdünken »benutzen« zu können. Doch in manchen Regionen sind die Neonazis überaus selbstbewusst und in der Lage, ihren Standortvorteil zu nutzen. Letztendlich stellt sich in dem ein oder anderen Fall die Frage, wer hier wen funktionalisiert. Beispiele Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Niedersachsen zeigen Bedenkliches auf.
Alte Bekannte und neue Freunde
In Mecklenburg-Vorpommern sind es vor allem die Bandidos-Chapter aus Neubrandenburg und Stralsund, die durch extrem rechte Connections auffallen. Ein Beispiel: Das Europatreffen der Bandidos in Anklam Ende Juli 2003 wurde u.a. von Maik Wittmann aus Rosenhagen bei Anklam angemeldet. Wittmann ist gleichzeitig Vermieter für den Neonazi-Laden »New Dawn« in Anklam und den benachbarten extrem rechten Tattoo-Laden »Blood & Pain«. Auch im ersten Domizil des »New Dawn« war Wittmann schon der Vermieter für den Ladenbetreiber Markus Thielke, einem Aktivisten des »Kameradschaftsbunds Anklam« (KBA). So war dann auch vor Ort niemand darüber erstaunt, dass als einzige Nicht-Member die Aktivisten des KBA freien Zutritt zum Europatreffen der Bandidos hatten, während andere Besucher sorgfältig gescreent oder gar nicht erst reingelassen wurden. Von dem Event schwärmte Anklams Bürgermeister hinterher, die Festwiese sei noch nie so aufgeräumt hinterlassen worden. Und wer sich Naziskins in der Region Ostvorpommern in den Weg stellt, wie am Himmelfahrtstag im Mai 2003 eine Gruppe von auswärtigen Ravern auf dem Zeltplatz von Ueckeritz auf der Insel Usedom, muss ganz schnell feststellen, dass die zunächst unterlegenen Nazis innerhalb kürzester Zeit Verstärkung mobilisieren können. Augenzeugenberichten zu Folge waren unter den rund zwei Dutzend Angreifern, die die nicht-echten Zeltplatzbesucher dann massiv vertrieben, eine Anzahl von Männern, die Aufnäher mit dem Schriftzug »Bandidos« trugen.1
Derartige Allianzen sind keineswegs zufällig. Schließlich mischen lokale Naziskins der ersten und zweiten Generation nicht nur in Regionen wie Ostvorpommern längst in allen Geschäftsbereichen mit, die entweder hart am Rand der Legalität oder jenseits derer liegen: Sei es als Schutztruppen für Straßen-, Wohnwagen- und Wohnungsprostitution, im Anabolika-, Drogen- und Waffenhandel und immer öfter bei der Erpressung von Schutzgeld bei Diskotheken, Spielsalons und Fitnessstudios. Ähnlich substanziell erscheint die Verbindung zwischen Rockern und Neonazis in Sachsen, die ihre Anfänge bereits in den 90er Jahren hatte, als sächsische Neonazis mehrfach für ihre Konzerte auf die Clubhäuserlokaler MCs zurückgreifen konnten.
So auf das »Clan Camp« des Dresdner Clan MC, der in langen weißen Mänteln auftrat und nicht nur vom Namen her bewusste Assoziationen zum rassistischen »Ku-Klux-Klan« herstellte. Einer der Anführer war der Ex-Berliner Andreas Siegfried Pohl, ehemaliger Schlagzeuger der Rechtsrock-Pionier-band »Kraft durch Froide« und führende Figur der 1992 verbotenen »Nationalistischen Front« und deren Abspaltung »Sozialrevolutionäre Arbeiterfront (SrA)«. In der Grauzone zwischen Neonazis und Rocker bewegte sich Andreas Pohl schon zu Berliner Zeiten: Mit dem »Vandalen« Horst Schott saß er im Vorstand der SrA, beim »Vandalen« Clemens Niesar war er noch 1995 gemeldet. Aus dem Clan MC wurde um 1999 das Chapter Dresden des Gremium MC und »Oswald«, wie sich Andreas Pohl nun nennt, ist dessen strategischer Kopf und »Präsident«. Der Name »Oswald« ist bewusst gewählt: 1951 wurde der SS-Offizier Oswald Pohl von den Alliierten als NS-Kriegsverbrecher hingerichtet. Dass selbst der SSS die Räumlichkeiten des Dresdner Gremium-Chapters in mehreren Fällen zur Verfügung gestellt wurden, verwundert bei derart prominenter Lobby nicht – genauso wenig, wie dass im neugegründeten Chapter des MC Gremium in Cottbus, für welches die Sachsen Aufbauhilfe leisten, ebenfalls (ehemalige?) Neonazis zu finden sind. Der Dresdner Gremium-Treff »Black Seven« wurde nach seiner Schließung im Jahre 2000 an die Neonaziszene weiter gereicht. In den Räumen entstand der Neonazitreffpunkt »Thor«, der nach einer erfolgreichen antifaschistischen Kampagne im Frühjahr 2003 dicht machen musste.
Fazit
Bundesweit gültige Rückschlüsse auf die Clubs lassen die Ereignisse in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern dennoch nicht zu. Obwohl der MC Gremium als »deutscher Club« noch die größte Attraktivität für extreme Rechte ausüben dürfte, kann auch er heute auf eine Anzahl von »Members« mit Migrationshintergrund und schwarzer Hautfarbe verweisen, dies jedoch fast ausschließlich in den alten Bundesländern. Das neugegründete Gremium-Chapter in Bosnien wurde sogar berechtigt, das Kreuz aus dem Gremium-Colour zu entfernen. Der Grund: Es könne als christliches Kreuz verstanden werden, doch die neuen »Member« sind Muslime. Tatsächlich haben der zunehmende Druck der Behörden, die erhöhte Aufmerksamkeit der Medien wie auch interne Diskussionen dazu geführt, dass das Thema »Neonazis« nun bei einigen Clubs ernster genommen wird.
Einen wesentlichen Teil zu dieser Diskussion hat auch die Bikers News beigetragen, ein monatlich in der Auflage von 100.000 Exemplaren erscheinendes Mitteilungsblatt der Szene, welches die Liaison mit der extremen Rechten stets kritisiert hat und auch die Kampagne »Biker gegen Rechts« ins Leben rief. Sowohl Bandidos wie auch Gremium haben sich mittlerweile wohl auch zu personellen Konsequenzen entschlossen. Für Orte wie Mannheim ist zu hoffen, dass die Allianz mit der extremen Rechten dort nun einen herben Rückschlag erlitten hat. In anderen Orten besteht die Gefahr, dass dies auf der Ebene von halbherzigen Distanzierungserklärungen, Imagekorrekturen und Bauernopfern stecken bleibt. Denn dort garantieren die Neonazis, dass das Geschäft läuft. Und das ist immer noch das Wichtigste.
- 1Augenzeugen berichten, die Abzeichen mit dem Schriftzug »Bandidos« hätten sich sowohl vorne wie hinten auf den Jacken befunden. Dennoch ist nicht klar, ob es sich bei den »Abzeichen« um »Colour« oder »Support-Aufnäher« handelte. Das »Colour« als großflächiges Rückenemblem ist ausschließlich Mitgliedern vorbehalten, während Aufnäher und Aufkleber wie bspw. »Support your local Chapter – Bandidos MC« beispielsweise auch »Prospects«, also »Anwärter«, besitzen können. Es besteht auch Möglichkeit, dass Personen zu Einschüchterungszwecken (unautorisiert) auf die Bandidos-Symbolik zurückgreifen.