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Antifaschistin bei Demonstration in Portland ermordet

Veronika Kracher
Einleitung

In der Nacht auf den 20. Februar 2022 eröffnete ein Mann das Feuer auf eine antifaschistische Demonstration in Portland. Dabei wurde eine Frau getötet und fünf weitere Menschen verletzt. Die Aktivistin June Knightly wurde 60 Jahre alt. Ihre poli­tischen Kämpfe begannen in der LGBTQ-­Bewegung, in letzten Jahren engagierte sie sich bei „Black Lives Matter“-Protesten. Bei den Veranstaltungen übernahm sie das sog. „Corking“ – das Umleiten des Autoverkehrs weg von der Demonstration, um die Demonstrant_innen zu schützen.

Bild: Screenshot twitter; @alex_zee

Die ermordete Die Aktivistin June Knightly.

In der Nacht ihres Todes ging sie mit anderen Frauen genau dieser Aufgabe nach. Bei der Veranstaltung handelte es sich um eine Gedenkdemonstration in Erinnerung an den jungen Afroamerikaner Amir Locke, der von Polizeibeamt_innen in seiner eigenen Wohnung getötet wurde.

In einer Pressemitteilung erklärte die Polizei von Portland, es hätte sich um eine „Konfrontation zwischen einem bewaffneten Hausbesitzer und bewaffneten Protestierenden“ gehandelt. Antifaschist_innen kritisieren dies als verkürzte Darstellung und Entpolitisierung der Tat. Laut einer Augenzeugin kam der Täter auf die Frauengruppe zu und beschimpfte diese misogyn. „Wir waren unbewaffnet und haben aktiv versucht, zu deeskalieren und ihn zum Gehen zu bewegen. Er war von uns nicht bedroht. Er ging auf uns zu, schrie über Demonstrierende in seiner Nachbarschaft und eröffnete innerhalb von 90 Sekunden das Feuer.“ Die Betroffene sagte, sie sei an Knie und Arm getroffen worden, eine andere Ordnerin in den Bauch und die Brust, eine dritte ins Bein. Knightly, die vermutlich aufgrund ihrer Gehbehinderung langsamer fliehen konnte, wurde mit mehreren Schüssen ermordet. Die Augenzeugin gab an, die Tat gefilmt zu haben. Das Material wird von der Polizei ausgewertet.

Laut antifaschistischer Recherchen hat sich der 44-jährige Mann in den letzten Jahren zunehmend politisch rechts radikalisiert. Unterstützt wurden die Recherchen von antifaschistischen Mitgliedern der Furry-Community, welcher der mutmaßliche Täter angehörte. Anhänger_innen dieser Subkultur verkleiden sich als anthropomorphe Tiere. Innerhalb der Szene gibt es teilweise heftige Auseinandersetzungen über sogenannte „Nazifurs“, also Furries, die sich der extremen Rechten zugehörig fühlen. Unter dem Usernamen „Poly­Bun“1 hatte er auf einem Furry-Chat­server antisemitische Aussagen getätigt und positive Bezugnahmen zu den neofaschistischen „Proud Boys“ und Kyle Rittenhouse geäußert.

Die Journalistin Chad Loder teilte auf Twitter Screenshots aus Chats des Mannes, in denen er über den Mord an Antifaschist_innen fantasiert. Daneben hatte er den YouTube-Kanal des extrem rechten Trolls Andy Ngo abonniert. Ngo hatte in den letzten Monaten häufiger antifaschistische Gruppierungen in Portland diffamiert, vor der Demonstration in Portland Falschinformationen gepostet und die Demonstrierenden als Extremist_innen bezeichnet, die eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellten. Nach dem Angriff löschte er zahlreiche Tweets, diese wurden jedoch von Aktivist_innen dokumentiert.

Die Mitbewohnerin des mutmaßlichen Täters gab dem Medienportal „Oregon Public Broadcasting“ gegenüber an, dieser habe zunehmend Wut gegenüber Demonstrationen in der Stadt sowie gegenüber Obdachlosen entwickelt. Über die Jahre habe er sich immer mehr radikalisiert. Stellenweise habe sie ihn rassistische und misogyne Schimpfworte in seinem Zimmer schreien gehört. „Ich habe mich nicht mehr sicher gefühlt. Über die Pandemie ist es schlimmer geworden. Er hat die ganze Zeit darüber gesprochen, dass er Kommunist_innen und Antifas erschießen möchte. Er war nur ein trauriger, wütender Kerl…“ Ein SWAT-Team stellte in der Wohnung des Mannes zahlreiche Schusswaffen sicher.

Während „Alt Right“-Sprachrohre wie Andy Ngo oder Tim Pool den Täter verteidigen und behaupten, er hätte lediglich aus „Notwehr“ gehandelt, sammeln Angehörige und Freund_innen von Knightly und den Verletzten Spenden, um die Krankenhauskosten zu decken. Die antifaschistische Gruppe, die den Protest organisiert hatte, schreibt in Erinnerung an die verstorbene Freundin: „June. Ihre Lieblingsfarbe war grün. Sie war Mutter. Sie hat ihre Community geschützt und gefördert.“ Mitstreiter_innen haben eine Gedenkstätte für sie errichtet: „Die Trauerfeier für T-Rex ist wunderschön. Feuer brennen und wir reichen uns Snacks. Liebe und Trauer liegen in der Luft. Wir brauchen Körper, um das Trauern und das Memorial zu schützen.“

(Zuerst erschienen bei belltower.news, gekürzt und redigiert vom AIB)

  • 1Benjamin „Ben“ Smith (alias PolyBun) wird u.a. wegen Mordes zweiten Grades und versuchten Mordes ersten Grades angeklagt. Smith wurde bei dem Vorfall ebenfalls angeschossen.