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Die Aktivitäten der »ANTI-Antifa«

Einleitung

Seit geraumer Zeit intensivieren Neonazis ihre Bestrebungen, AntifaschistInnen aus dem bürgerlich demokratischen Spektrum bis hin zu „Autonomen“ auszuforschen, um gezielt gegen sie vorzugehen. Diese Aktivitäten werden arbeitsteilig, auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Schwerpunkten durchgeführt. Inzwischen zeichnet sich auch an Hand der Formierung einer »Anti-Antifa« die Intensivierung der Zusammenarbeit verschiedenster Neonaziorganisationen ab. Die ideologischen Grundlagen hierfür wurden zum Teil auch von der „Bundeszentrale für politische Bildung“ gelegt.

Foto: Christian Ditsch

Die Funktion der „Bundeszentrale für politische Bildung“

»Die Aufdeckung kommunistischer Untaten legt es nahe, nationalsozialistische Taten zu relativieren, und eben nicht als einmalig und unvergleichbar erscheinen zu lassen«, formulierte der Bonner Politologie-Professor Hans-Helmuth Knütter im Jahre 1990.1 In der Reihe »Texte zur Inneren Sicherheit«, herausgegeben vom Bundesministerium des Innern schreibt er zu »Internationale Antifaschismuskampagnen und ihre Rückwirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland«. Dieser Mann ist somit zu einem Vordenker und Wegbereiter des »Anti- Antifaschismus« geworden. Sein Forschungsschwerpunkt »Extremismus« bezieht sich vor allem auf den »Linksextremismus«.

In zahlreichen Publikationen verbreitet er seine These, der Antifaschismus bedrohe die demokratische Kultur in der Bundesrepublik. So werden seine Veröffentlichungen zu Handlungsanweisungen zur Bekämpfung des Antifaschismus. Viele bürgerliche Organisationen, Teile der Presse und etliche JournalistInnen übernehmen sein Argumentationsschema. Bestes Beispiel, wie weit Knütters Argumentationsschema verbreitet ist, war die mediale Berichterstattung zur antifaschistischen Demonstration in Rostock. Hochstilisiert wurde die »Gefahr von links«. Nicht von den Brandstifter der Tage zuvor, sondern von den AntifaschistInnen ginge eine »Bedrohung der Demokratie« aus.

Der »Ost-West-Arbeitskreis«

Historisch begründet Knütter die neue Rolle des Anti-Anti-Faschismus mit dem Wechsel des Ost-West-Verhältnisses, im Zuge der Beendigung des Kalten Krieges und des Wechsels der sowjetischen Außenpolitik: »Welchen Zweck hat es, angesichts dieser Wandlung noch auf antifaschistische Kampagnen einzugehen, es sei denn, es handelt sich um historische Aufarbeitung?« Hergeleitet wird Knütters Argumentation unter Berufung auf den Wechsel in der sowjetischen Außenpolitik. Ein Kern seiner Thesen ist, daß die Auseinandersetzung mit dem Antifaschismus eigentlich überflüssig sein müsse, da der Antifaschismus kein Werkzeug der sowjetischen Außenpolitik mehr sei - wenn es nicht einige unverbesserliche in Deutschland gäbe, die noch immer versuchen würden mit dem Begriff Antifaschismus ihr linkes politisches Süppchen zu kochen.

Knütter galt bis Ende 1991 als Mentor des »Ost-West-Arbeitskreis« um den rechten Aktivisten Andreas J. an der  Universität Bonn. Dieser Arbeitskreis verstand sich als »studentische Arbeitsgemeinschaft, die politische Bildung betreibt« und wurde durch die Bonner Universität im Rahmen des »Studium Universale«, einer Art offenem Bildungsangebot auch für Nichtstudierende, unterstützt. Was für politischen Bildung dort betrieben worden ist, wurde durch Veranstaltungen im Rahmen des "Studium Universale" mit bekannten rechten Referenten wie Hans Dietrich Sander deutlich, der am 12. Dezember 1990 über »Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete« referierte. Der Geschichtsverfälscher David Irving  durfte sich im Juli 1991 auf Einladung des »Ost-West-Arbeitskreis« über seine Thesen von der »Ausschwitz-Lüge« auslassen. Nach einem als geselliges Beisammensein getarnten neonazistischen Liederabend am 23. September 1991, der letzten Veranstaltung dieser Art, kam es dann zum Bruch. Der neonazistische Liedermacher Frank Rennicke, Jugendführer der »Wiking-Jugend« gab sein völkisch- rassistisches Liedgut zum Besten. Unter den Zuhörern befanden sich bekannte Neonazi-Aktivisten, u.a. die Bonner Neonazi-Funktionäre Stephan N., Norbert W. und Michael S. Nach dieser Veranstaltung wurde der Arbeitskreis aufgrund öffentlichen Protests in aller Schnelle aufgelöst, bevor ein größerer Skandal hätte entstehen können. Den Vorsitz für das nächste Quartal sollte Rolf K., ein führendes Mitglied der „Wiking Jugend“-Abspaltung „Deutscher Jugendbund - Sturmvogel“, übernehmen. Ohne das Mentorat Knütters wäre es den Neonazis nicht möglich gewesen, revanchistische und neonazistische Veranstaltungen in den Räumen der Universität zu organisieren und ihnen einen offiziellen Anstrich zu verleihen.

Die Zeitschriften „akut“ (1974) und „De Schnüss“ (1982) berichteten über „Knütter-Dossiers“ zu linken Aktivisten an der Universität, welche von Knütter angelegt und in der politischen Auseinandersetzung eingesetzt worden sein sollen. Dr. H. H. Knütter ist nicht  nur ein einfacher Politologie-Professor; neben seiner Tätigkeit als geschäftsführender Direktor des »Seminars für politische Wissenschaft« war er bis 1990 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Bonner »Bundeszentrale für Politische Bildung«. Darüberhinaus publiziert er fleißig zum Thema »Anti-Antifa« wie z.B.: »Antifaschismus und politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland« im Band "Demokratie und Diktatur. Geist und Gestalt politischer Herrschaft in Deutschland und Europa" (1987),  »Kritik des Antifaschismus« (1990) und »Antifaschismus als innen- und außenpolitisches Kampfmittel« (1991).

Bedenklich auch, das Knütter zu Seminaren des „Bundesministeriums des Innern“ als Referent eingeladen wurde. So gab er hier Seminare zu den Themen "DKP und Perestroijka - die Krise der kommunistischen Utopie", "Die Bedeutung und Funktion des kommunistischen Antifaschismus", "Bedeutung und Funktion des Antifaschismus in der deutschen und internationalen Politik" und "Internationale Antifaschismus-Kampagnen und ihre Rückwirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland".

Zur Zeit ist Knütter in der Universität Greifswald tätig, was einiges für eine Weiterverbreitung des Anti-Anti-Faschismus auch dort befürchten lässt. Der Schweriner CDU-Ministerpräsident Berndt Seite klingt jedenfalls wie ein Schüler Knütters, wenn er ausholt, angesichts der rassistischen Pogrome im Lande gegen linke Politik zu Felde zu ziehen. Im Klartext: Mitfinanziert durch die „Bundeszentrale für Politische Bildung“ wird die Entwicklung und Verbreitung der Strategien zur Bekämpfung des Antifaschismus unterstützt.

"Criticón" macht mit

In der August-Ausgabe des Ideologieschmiede-Blättchens der Neuen Rechten, »Criticón« läßt sich Andreas Zehnter, in der Rubrik »Feindbild« über den Antifaschismus aus. In seinem Artikel »Antifaschismus – wozu? Über ein politisches Kampfmittel der Linken« schustert er aus Verfassungsschutzberichten, antifaschistischen Publikationen und Zitaten Knütters einen mäßig recherchierten Überblick über »Antifaschistische Strömungen« zusammen. Die VVN, der BWK, die »Antifaschismusarbeit von Autonomen und Anarchisten« werden dort ebenso erwähnt wie die Antifa-Jugendfront (AJF)2 . Unter der Überschrift »'Antifas' und Gewalt« läßt er sich ausführlich über Aktionen gegen Neonazis der  letzten Jahre aus und stellt sie in Zusammenhang mit einem »Terroristischen Umfeld«. Alte Kamellen nach altem Strickmuster wie die Berichte in »Kriminalistik« werden von ihm wiedergekäut. Dann endlich, ganz am Schluß macht er deutlich worauf er hinauswill: »Es bleibt die Aufgabe, den sogenannten Antifaschisten die moralische Rechtfertigung zu nehmen und somit die Bündnisfähigkeit mit demokratischen Gruppierungen endgültig zu entziehen. Das geschieht ganz einfach durch Information über die tatsächlichen Ziele, die Vergangenheit und die Ideologie dieser Kräfte.«

Die »Anti-Antifa-Bonn«

Auch militante Neonazis beginnen die Taktik des Anti-Anti auf ihrer Ebene umzusetzen. Beispielsweise gründete sich eine „Anti-Antifa Bonn/Rhein-Sieg“. Sie ist ein Zusammenschluß von verschiedenen, im Bonner Raum aktiven Neonazis aus „Wiking Jugend“, FAP, Nationalistische Front (NF) und der Deutschen Liga (DL) oder wie die Akteure beschreiben: »verschiedener nationaler und nationalsozialistischer« Gruppierungen. Sie verschickte eine »Pressemitteilung« an 100, der ihr bekannten antifaschistischen Adressen und kündigte an, daß man ab jetzt »alle bekannten Daten speichern« werde, um sich »für die Repressalien der letzten Jahre zu revanchieren«. Als wichtige Personen hinter der Bonner Anti-Antifa gelten  der FAP-Vorsitzende des Bonn/Rhein-Sieg-Kreises Norbert W. und Dirk W. aus den Kreisen der Bonner FAP. Auch sein alter »Kamerad« Stephan N. hat sich schon frühzeitig um das Anlegen von Karteien, in denen Linke erfasst worden sind, gekümmert: Bei einer polizeilichen Durchsuchung entdeckten die Beamten bei ihm 1.000 Datensätze. Anzeichen auf diese Form der Recherche-Arbeit gegen links sehen AntifaschistInnen schon seit längerer Zeit, seit etwa des öfteren Neonazi-Fotografen am Rande von antifaschistischen Aktionen gesichtet worden sind. 

Die „Nationale Liste“ und Christian Worch

Die Initiative für eine Anti-Antifa der Neonazis kommt aus den Reihen der GdNF. Als Initiator dieser Anti-Antifa-Kampagne wird szene-intern der Hamburger Neonazi Christian Worch genannt. In einem „Anti-Antifa Rundschreiben“ erklärte er im September 1992, das eine „reichsweite Zentralstelle zur Dokumentation und Auswertung“ der Anti-Antifa noch nicht möglich sei. „Wenn aber eine solche Vernetzung ('von oben') noch nicht machbar ist, ist an eine Vernetzung 'von unten' zu denken“. Mit einer Schwerpunktausgabe seiner Zeitung »Index« gab Christian Worch den Startschuß für die "Anti-Antifa"-Kampagne. Die GdNF-Mitteilungsorgane »Die Neue Front« und der »Index« behandelten dieses Thema schon seit Sommer  dieses Jahres ausführlich. In der neuesten Ausgabe des Organisationsblattes der „Nationalen Liste“ (NL) werden dann auf elf Seiten die bisherigen Aktivitäten dargestellt. Im Vorwort des »INDEX« heißt es dazu: »Immer größere Kreise von Kameraden/innen und Lesern des INDEX begreifen die Wichtigkeit dieser Aufklärungsarbeit und tragen uns Material zu. Wir wollen mit dieser Ausgabe einen ersten Überblick bieten, wie so etwas aussehen könnte, und einen Ansporn zu weiterer Unterstützung geben

Eine Kundgebung gegen die Antifa

Es folgt eine ausführliche Beschreibung der ersten »Anti-Antifa«-Demonstration der "Sauerländer Aktionsfront" (SAF) am 18. Juli 1992 in Meschede. Sie wurde organisiert von Thomas Fink, Gründer der „Sauerländer Aktionsfront“ (SAF) und Christian Worch. Thomas Fink starb zwei Wochen später bei einem Motorradunfall und wurde in Meschede beerdigt. Die Neonazis hatten die Kundgebung vier Tage vorher als Reaktion auf eine antifaschistische Demonstration am gleichen Tag zum gleichen Zeitpunkt an anderem Ort angemeldet. Die Polizei zeigte sich »kooperativ«, genehmigte die Neonazikundgebung um 11 Uhr und verschob den Beginn der Antifa-Kundgebung auf 13 Uhr. Zitat des Leiters der Mescheder Polizei: »Wir fanden das gerecht, weil Sie ja weniger Zeit zur Mobilisierung hatten als die anderen.« Michael Petri von der „Deutschen Alternative“ (DA), der Altnazi Otto Riehs vom "Förderkreis Deutsche Politik" (FKDF), der GdNF-Chef Christian Worch und der NL-Vorsitzende Thomas Wulff sprachen vor ca. 150 TeilnehmerInnen über den »Rotfrontterror und dessen Bekämpfung«. Noch klingt es lächerlich, daß die Neonazis eine bundesweite Demonstration mit 150 TeilnehmerInnen als Erfolg werten. Doch ihre künftige Taktik ist formuliert: »Mit der unseres Wissens ersten offiziell angemeldeten Anti-Antifa- Kundgebung ist endlich ein Bann gebrochen worden: Sind wir aus der ständigen Defensive ausgebrochen und unsererseits in die politische Offensive gegangen

Die NL fordert ihre Anhängerschaft auf, zukünftig den Spieß umzudrehen und auf Antifa-Proteste mit »Anti-Antifa-Aktionen« zu reagieren. In der folgenden 7-seitigen »Dokumentation« des »INDEX« werden zwölf der in ihren Augen wichtigsten antifaschistischen Hamburger Projekte aufgeführt. Die antifaschistischen Projekte werden kurz beschrieben; Adresse und Öffnungszeiten, das politische Spektrum, daß sich dort ihrer Meinung nach aufhält, die Schwerpunkte der dort arbeitenden Gruppen und regelmäßige, öffentlich bekannte Termine sowie Namen und Telefonnummern von AnsprechpartnerInnen - jeweils illustriert mit Fotos des Gebäudes, von Eingängen, Schaufenstern und auch einer Innenaufnahme („Roten Flora“). Das interne Mitteilungsblatt »Die neue Front« der neonazistischen Kaderorganisation GdNF kündigte für September die erste Ausgabe des »Anti- Antifa-Magazins Einblick« an. »Nach dem Vorbild der bekannten linken Szeneblätter (radikal, swing, Searchlight)« sollen »Drahtzieher der Knüppelhelden und Steinewerfer genannt« werden. Erscheinen soll die Zeitung in Wiesbaden, wo der Neonazi Stephane C. aktiv ist, der bereits schon im Zusammenhang mit der Organisation der Anti-Antifa-Kundgebung in Meschede aufgetreten war. Ein Postfach von ihm dient als „Anti-Antifa“ Anlaufstelle.

Anti-Antifa-Steckbrief

In einem Bericht über eine "Steckbrief"-Aktion des GdNF-Ablegers „Deutscher Kameradschsftsbund“ (DKB) um Thorsten de Vries aus Wilhelmshaven in Zusammenarbeit mit der „Nationalen Liste“ (NL) gegen den DGB- Kreisvorsitzenden Manfred K. fordert die GdNF zukünftig Polizeischutz für ihre »nationalen Kämpfer«. Manfred K. hatte sich im Mai 1992 an Protesten gegen den DKB in Wilhelmshaven beteiligt. Ende Juni 1992 wurde von dieser Organisation eine Kampagne gegen Manfred K. gestartet mit dem »üblichen« Psychoterror (Drohbriefe, nächtliche Drohanrufe). Flugblätter in Form eines Steckbriefes mit der denunziatorischen Überschrift »Achtung! Linker Radikaler! Hat Kontakt zu Gewalttätern und mutmaßlich zu Personen des terroristischen Umfeldes!« wurden in der Wohngegend von Manfred K. verteilt und in die Postfächer der Ratsmitglieder gesteckt. Die NL warnt ihre »Kameradengruppen« allerdings: »So ein Flugblatt muß sehr sorgsam formuliert werden, um nicht strafrechtlich angreifbar zu sein. Sonst schadet es leider mehr als daß es nützt.«

Alte Versuche neu aufgelegt ?

Schon jetzt gibt es Versuche von Neonazis, in linke Projekte einzusteigen, sie auszuforschen und - wenn dies zu keinem Ergebnis führt - dort Konflikte zu forcieren. Deutlich wird dies am Beispiel von Karsten Sandow S., ehemals Kader der Berliner „Nationalen Alternative“ (NA) und Mitglied der „Deutschen Alternative“ (DA). Vor einigen Wochen tauchte er in einem linken besetzten Haus in der Berliner Pfarrstraße auf und erzählte, er hätte sich in den letzten Tagen von seiner Vergangenheit gelöst. Daß dem nicht so ist, wurde inzwischen belegt. Ein dreister Versuch, der nicht Schule machen sollte. Nachdem Karsten S. aus dem Haus geworfen worden ist, versuchte er sodann in ein von Punks bewohntes Haus einzuziehen.

Sogenannte Feindlisten der Neonazis sind keine Neuigkeit. Schon im Rahmen der Hausdurchsuchungen gegen die ANS- Nachfolge-Organisationen fand die Polizei laut Medienberichten bei dem späteren Mitglied des Vorstandes der "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG), Christian Malcoci, eine Kartei von 3.000 Datensätzen. Bei dem - als durchgeknallten »Nazi mit der Axt« bekanntgewordenen, - Ex-Göttinger FAP-Vorsitzenden Karl Polacek, sollen ein mal 1000 Datensätze entdeckt worden seien. Die „Nationalistische Front“ (NF) hat ihre  Mitglieder bereits 1989 angewiesen, Daten zu sammeln und an die Parteizentrale weiterzugeben. Neonazis sehen offenbar jetzt den Zeitpunkt als günstig an, auf dieser Grundlage einen Anti-Antifa-Bereich zu gründen. Sie können ihn heute, im Gegensatz zu früher, auch personell besetzen.

Die »Anti-Antifa«-Aktivitäten der Neonazis sind ein Zeichen dafür, daß sie sich durch uns gestört fühlen in ihren Bestrebungen, ihre Organisationsstrukturen weiter auszubauen und in ihrem Terror ungehindert fortzufahren. Daß von staatlichen Behörden nichts an tatsächlichen Aktivitäten gegen Neonazis zu erwarten ist, wissen wir nicht erst seit Hoyerswerda, Mannheim, Rostock und Quedlinburg. Die oftmals von Teilen der „Die Grünen“ und selbst der PDS erhobene Forderung nach Ausbau des Verfassungsschutzes (VS) ist ein Bummerang. Unterstrichen wird dies durch  die Aussage des Hamburger Verfassungsschutzchefs Ernst Uhrlau zur »Anti-Antifa«. Er meinte lapidar, diese Aktivitäten der Neonazis wären der Ausdruck eines »Prozeßcharakters«. Während »früher« die Linke oftmals Neonazis ausspioniert hätte, würde jetzt auch die »rechte Szene« dazu übergehen, »linksextremistische Projekte auszuspionieren und aufzulisten«, also handele es sich quasi um eine »Normalisierung« der Zustände.

Staatliche Stellen, konservative Teile des Wissenschaftsbetriebes oder etwa der regierende rechte Flügel der CDU haben im Kampf gegen AntifaschistInnen eine ideologische Schnittstelle zu den militant agierenden Neonazi-Organisationen, deshalb werden sie teils gedeckt, verhamlost oder gar weitergebildet – Grund genug, jenseits von Paranoia und Panikmache, auf mögliche Ausspitzelungsversuche zu achten.

  • 1Vgl. Bundesministerium des Innern:"Bedeutung und Funktion des Antifaschismus" 1990, S. 109 f.
  • 2Anmerkung: Entgegen der Ansicht von Herrn Zehnter ist das Antifaschistische Infoblatt übrigens keine Publikation der Antifa-Jugendfront