Drei V-Männer vor Gericht
Carsten Szczepanski, der ehemalige V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes, wurde am 9. Dezember 2002 wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt. Der einstige NPD-Funktionär und Aktivist von Blood & Honour hatte Anfang 2000 ein Repetiergewehr in seinem Ladenlokal versteckt und damit »Verfügungsgewalt über eine Waffe« gehabt.1
Auch zwei weitere »Kameraden« des 31jährigen Neonazi- Aktivisten verurteilte das Amtsgericht Potsdam wegen Waffenbesitzes zu Geldstrafen. Der Potsdamer Sänger der Neonaziband Proissenheads und Blood & Honour Aktivist, Uwe Menzel1 , hatte sich eine Pistole und ein Repetiergewehr besorgt und zwischenzeitlich bei Szczepanski deponiert. Der 29jährige Tino W. aus Potsdam hatte sich eine nicht schussfertige, ältere portugiesische Maschinenpistole für seinerzeit 300 D-Mark besorgt. Ebenfalls in das Verfahren involviert waren die 21jährige Kerstin B. (Königs-Wusterhausen) und der 26jährige Ronny M. (Klausdorf/ Zossen), da sie die Waffen zeitweilig übernommen hatten. Auch das Mitglied der Neonaziband Landser Christian Wenndorff (Potsdam)2 ist in diesem Verfahren mit angeklagt, ein Urteil wurde bisher jedoch nicht bekannt. Szczepanski alias »Piato« war 1995 wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Haft verurteilt worden, weil er mit anderen Neonazis versucht hatte, einen Nigerianer in einem See zu ertränken. Im Juli 2000 flog er als V-Mann auf.3 Er wurde in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen.
V-Mann-Produkt: »Noten des Hasses«
Der im vergangenen Jahr enttarnte V-Mann des brandenburger Verfassungsschutzes, Toni Stadler, wurde am 11. November 2002 wegen Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Verwendung von NS-Symbolen vom Berliner Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der 28-jährige Cottbuser hatte die CD »Noten des Hasses« der White Aryan Rebels maßgeblich vertrieben und unter den Augen der Brandenburger Verfassungsschutzes ein Lager mit »unzähligen« Neonazi-CDs und Propagandamaterial eingerichtet. Das Gericht verhängte die höchstmögliche Bewährungsstrafe. Stadlers umfassendes Geständnis und dessen Bestärkung durch die Verfassungsschützer war als strafmildernd erachtet worden. Stadlers V-Mann-Führer hatte von den Straftaten seines V-Mannes gewusst, ihm Hinweise über bevorstehende Polizeiaktionen zugespielt und zur Tarnung einen »sauberen« Computer gegeben.
Eine endgültige Aufarbeitung des Falls könne nur »im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Brandenburg stattfinden«, konstatierte der Richter. Stadler wurde in das Schutzprogramm des Brandenburger Landeskriminalamtes aufgenommen und mit einer neuen Identität ausgestattet. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) reagierte auf das Urteil mit Richterschelte und warf dem Gericht und der Staatsanwaltschaft vor, sie hätten eine »Art politischen Prozess« geführt. Sein Sprecher Heiko Homburg sprach von einem »Schauprozess gegen den brandenburgischen Verfassungsschutz«. Das Produzententrio der »Noten des Hasses« bestand aus Toni Stadler, dem weiteren V-Mann Mirko Hesse aus Sachsen und dem Berliner Neonazikader Lars Burmeister.
Der 27jährige Hesse hatte weniger Glück als seine V-Mann-Kollegen. Er wurde am 21. November 2002 von der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden zu vier Jahren Haft verurteilt – unter anderem wegen Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Gewaltverherrlichung. Der V-Mann des Bundesamtes für Verfas-sungsschutz hatte von 1997 bis zu seiner Verhaftung im Jahr 2001 insgesamt 21.500 CDs mit rassistischen Texten produziert und teilweise vertrieben. In das Urteil floss eine zweijährige Vorstrafe ein. Das Urteil war durch eine Absprache zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht möglich geworden, wonach sich Hesse in allen Anklagepunkten schuldig bekannte.
- 1Anfang Juli 2000 stellte die Polizei bei dem Brandenburger Neonazi Uwe Menzel zwei funktionstüchtige Schusswaffen und dazugehörige Munition sicher. Nach der Durchsuchung übergab Menzel der Polizei zusätzlich eine nicht mehr funktionsfähige Maschinenpistole. Eine erste Durchsuchung bei ihm Ende Juni war ergebnislos verlaufen.
- 2Christian Wenndorff war auch Mitglied der RechtsRock-Band Thorshammer.
- 3Vgl. AIB Nr. 51, S. 17