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Hamburg: (Rechte) Schmuddelimpfung am Hauptbahnhof ?

Einleitung

"Betreiber ein Rechter, Arzt saß im Knast“ – so titelte die „Hamburger Morgenpost“ Mitte Dezember 2021 über ein „Ekel-Impfzentrum“ im Hamburger Hauptbahnhof. Einige Tage zuvor hatten Polizei und Gesundheitsamt das Impfzentrum durchsucht und die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Körperverletzung aufgenommen.

Bild: Faksimile Hamburger Morgenpost

Björn Neumann in der Hamburger Presse.

Zuvor hatten sich wiederholt Besucher_innen über mangelnde Hygienestandards beschwert. Mindestabstände, Ruhemöglichkeit für frisch Geimpfte, Aufklärungszettel des RKI, Abfrage von Datum und Vakzin der letzten Impfung – alles Fehlanzeige. Selbst der Kühlschrank lief nicht und die benutzten Spritzen landeten im normalen Müll. Unter den Nutzer_innen des Impfangebots herrschte nun große Verunsicherung und ihnen wurde nahegelegt, sich ein weiteres Mal bei einem seriösen Anbieter impfen zu lassen, da nicht klar war, ob der Impfstoff aufgrund der fehlenden Kühlung noch wirksam war oder ob überhaupt in jedem Fall ein Originalpräparat injiziert wurde.

Der verantwortliche Arzt Tammo Bialas wurde schon 2003 und 2016 wegen Abrechnungsbetrug und Körperverletzung zu Haftstrafen verurteilt. Er hat bereits in fast allen Bundesländern als Arzt gearbeitet. Ob er dabei immer eine Approbation und die Mitgliedschaft in den jeweiligen Landesärztekammern hatte, ist unklar. Zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit für das Impfzentrum war er jedenfalls nicht Mitglied der Hamburger Ärztekammer.1 Ein rechter Hintergrund ist bei Bialas nicht bekannt, laut Hamburger Antifaschist_innen gilt er als FDP-nah.

Betreiber des Impfzentrums ist eine „Hammonia Hospital Virtuelle Klinik Betriebsgesellschaft mbH“, eine Art "Briefkastenfirma" mit Sitz in Hamburg, als deren Gesellschafter Bialas 2015 und 2016 laut bundesanzeiger.de die Bilanzen unterzeichnete.

Mindestens ebenso schillernd wie Bialas ist der Geschäftsführer der Hammonia GmbH, Björn Neumann. Er kann auf eine lange Karriere in rechten Parteien zurückblicken: Gestartet bei der CDU, schloss er sich später der rechtspopulistischen Schill-Partei des berüchtigten Hamburger Strafrichters und späteren Innensenators Ronald Schill an und war nach Zwischenstationen bei der „Deutschen Volksunion“ (DVU), der NPD und der deutschen "Zentrumspartei" schließlich einer der Gründer des Hamburger Landesverbands der AfD.

2008 war er für die "Zentrumspartei" als Kandidat bei der Hamburger Bürgerschafts­wahl angetreten, 2011 dann für die NPD. Über diese NPD-Kandidatur stolperte er schließlich 2017, als er für den Bundesvorstand der AfD kandidierte – erfolglos: 99 Prozent der AfD-Mitglieder stimmten gegen ihn, aus Parteikreisen hieß es damals, Alexander Gauland persönlich habe versucht, ihn von der Kandidatur abzubringen. Schon 2014 hatte der Hamburger AfD-Landesverband eine Entscheidung gefasst, wonach Neumann alle Rechte als Parteimitglied entzogen werden sollten. Dieses Vorhaben versandete jedoch anscheinend, nachdem Neumann dagegen geklagt hatte.

Nun gilt es abzuwarten, was für unappetitliche Details die Ermittlungen noch ans Tageslicht befördern. Die Erfolgsaussichten für eine erneute politische Karriere des „Schmuddelkindes“ Björn Neumann dürften jedenfalls deutlich geschmälert worden sein.

  • 1Das Ekel-Impfzentrum, der NPD-Kandidat und sein krimineller Arzt, Hamburger Morgenpost vom 14.12.2022