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Kommunalwahlen in Dänemark – Niederlage für rassistische Gruppen

Ein Beitrag des linken dänischen Internetportals modkraft.dk
Einleitung

Als die Kommunalwahl in Dänemark abgehalten wurde, stellten sich auch Kandidaten der extremen Rechten zur Wahl. Der gemeinsame Nenner für die rassistischen Listen war ihre Propaganda gegen Moscheen, Islam, Moslems und Einwanderung im Allgemeinen. Aber die Wahl wurde für sie zu einer Enttäuschung. Antiislamische Einstellungen und Einwanderungsgegnerschaft sind so üblich in der dänischen politischen Sphäre, von den Sozialdemokraten bis zur Dänischen Volkspartei, dass es den extremen Rechten schwer fiel, mit diesen bereits von der Mitte besetzten Themen Wähler zu mobilisieren.

Pia Kjaersgaard (links), Führerin der Dänischen Volkspartei (DPP)

»Heute schon beherbergen Moscheen in Aarhus Fundamentalisten, die Demokratie und Gleichheit verurteilen. Die Fundamentalisten sind nicht willkommen in Aarhus, und um jeden Preis muss Aarhus eine dänische Stadt bleiben, basierend auf dänischer Kultur, dänischen Werten und Respekt gegenüber Frauen.« Das Zitat stammt aus einem im Wahlkampf verteilten Pamphlet der lokalen Liste Aarhus Gegen die Moschee (AAM). Die AAM ist nicht die einzige Wahlliste, die versucht,  mit Rassismus Stimmen zu gewinnen. In diesem Wahlkampf traten drei neue extrem rechte Listen an und eine ältere kehrte zurück.

Allen gemeinsam war ihre starke antiislamische Ausrichtung mit Propaganda gegen Moscheen und Einwanderung und die mangelnde Fähigkeit, den Rassismus hinter ihrer Politik zu verschleiern. Kein Rechtsaußenkandidat gewann die Wahl. Überraschenderweise  auch nicht die Dänische Volkspartei (DPP), die noch in diesem Jahr bei der landesweiten Wahl über 13 Prozent geholt hatte und damit zur drittstärksten dänischen Partei geworden war. Bei den Kommunalwahlen erhielt sie nur noch 5,9 Prozent der Stimmen, zwar 0,5 Prozent mehr als bei den letzten Kommunalwahlen, aber trotzdem eine Enttäuschung für Pia Kjaersgaard, die Führerin der extrem rechten Partei.

Parlaments-Politik in den Kommunen

Das dänische Wahlsystem macht lokalen Kandidaten außerhalb der etablierten Parteien die Teilnahme relativ leicht. 120 gesammelte Unterschriften reichen aus, um auf den Wahlzettel zu gelangen. Diesen Herbst wurde aufgrund einer Gebietsreform die Zahl der dänischen Kommunen von 275 auf 98 reduziert. Die Reform erschwerte es parteiunabhängigen Kandidaten, sich in den viel größeren neuen Kommunen lokal zu profilieren – zuvor war es nichts ungewöhnliches, dass diese auch Bürgermeisterposten besetzten. Vor allem aufgrund der Gebietsreform gewannen die rechten Kandidaten nirgendwo.

Die extremen Rechten hatten noch ein anderes Problem: ihre rassistische Programmatik erschien vielen Wählern als eher der nationalen Ebene angemessen, nicht jedoch der kommunalen. So wurden auch die zuvor verabschiedeten rassistischen Einwanderungsgesetze im dänischen Parlament beschlossen. Die Wähler vertrauten bei der Kommunalwahl nicht darauf, dass eine lokal antretende Liste wirksam gegen Migration vorgehen könnte.

Rauschen im Blätterwald

Die Medienberichterstattung über die extreme Rechte und ihre Kandidaten nützte den rassistischen Listen nicht. Die meisten Gruppen betrieben großen Aufwand, mediale Präsenz zu erlangen, aber es kam oft zur Beschädigung ihrer persönlichen Integrität. Artikel über männliche Kandidaten, die eine Kollegen misshandelten, und Neonazihooligans, die als geheime Berater für eine der Listen fungierten, fanden keinen positiven Anklang bei potenziellen Wählern. Auch rassistische Ausfälle von Kandidaten und deren juristisches Nachspiel wurden immer wieder thematisiert.

In Aarhus besuchten alle Mitglieder des Stadtrats eine Demonstration in Erinnerung an den Holocaust am 9. November. »Sagt Nein zu Rassismus und Intoleranz« war der Slogan der Demonstration. Politiker aller Parteien schrieben eine Pressemitteilung in der klargestellt wurde, dass diese Demonstration auch gegen die AAM gerichtet war. Die AAM verurteilte die Demonstration, weil die Stadtratsmitglieder »mit Extremisten marschieren« würden.

AAM-Mitglieder und -Kandidaten waren im Monat vor der Wahl sehr aktiv, bis in einem Boulevardblatt ein Foto veröffentlicht wurde, das den AAM-Vorsitzenden gemeinsam mit Mitgliedern der Neonazihooligangruppe White Pride und der Neonaziorganisation Dänische Front zeigte. Die umtriebige Pressearbeit von AAM mit einer Vielzahl von Pressemitteilungen und Interviews fand so ein abruptes Ende; am Wahltag erlangte die Liste 2029 Stimmen bzw. 1,2 Prozent. Die  AAM war bei weitem die erfolgversprechendste der kleinen rassistischen Listen gewesen. Einige Kandidaten rekrutierten sich aus anderen Parteien, einer war Mitglied der liberalen Regierungspartei, ein anderer der DPP.

Bereits vor der Entscheidung, an der Kommunalwahl teilzunehmen, hatten die Mitglieder beschlossen, weitere Themen zu beackern, und so fanden Arbeitslosigkeit, Bildung, Rentner und Infrastruktur ihren Weg in die Propaganda von AAM. AAM-Mitglieder traten häufig in die öffentliche Diskussion mit lokalen DPP-Politikern aus Aarhus und die DPP entschied, keine Doppelmitgliedschaften mehr zuzulassen. Die DPP nutzte die Situation, um sich von offenen Rassisten und Neonazis zu distanzieren. AAM sah nun die Chance, unter enttäuschten DPP-Wählern auf Stimmenfang zu gehen. Die AAM hatte angekündigt, 25.000 Stimmen zu bekommen. Seit der Wahlschlappe haben Neofaschisten in Aarhus eine antirassistische Sitzung angegriffen, ein 50jähriges Fraktionsmitglied der Enhedslisten zusammengeschlagen, randaliert und AntifaschistInnen angegriffen.

Die Ergebnisse

Die anderen extrem rechten Listen schnitten sogar noch schlechter ab als die AAM. »Freies Dänemark« in Odense bekam 161 Stimmen. In Aalborg, nicht weit von Aarhus, versuchte eine Liste namens »Stoppt die Islamisierung Dänemarks« ihr Glück. Sie erlangte kurzzeitig Publizität, als zwei private Radiosender sich weigerten, ihren Radiospot zu senden. In dem Spot war unter Verwendung von Radiosamples aus dem 2. Weltkrieg eine Parallele zwischen der Befreiung Dänemarks von der deutschen Besatzung und der heutigen »Befreiung von der islamischen Invasion« gezogen worden. Der auffälligste Kandidat war der wegen seines notorischen Antikommunismus berüchtigte ehemalige Offizier P.H. Bering. Die Liste bekam 1.172 Stimmen oder 1,2 Prozent.

Die Fortschrittspartei erlangte in den verschiedenen Regionen zwischen 0,2 und 0,5 Prozent. Die Partei befindet sich seit 15 Jahren auf dem absteigenden Ast und besteht nur aus einer kleinen Gruppe von Leuten. 1995 verließ eine Gruppe von Parlamentariern die Partei und gründete die DPP.

Die Politik der Fortschrittspartei ist eine Mischung von Rassismus und Neoliberalismus. 1973 gewann sie bei der Wahl erdrutschartig 15 Prozent mit der Forderung nach Steuersenkung und Bürokratieabbau. Seit damals kassierte der Parteigründer Mogens Glistrup mehrmals Verurteilungen wegen rassistischer Äußerungen und Steuerbetrugs. Sowohl er als auch seine Partei werden allgemein als verrückt betrachtet, forderten sie doch bereits den Verkauf von Immigranten als Sklaven nach Südamerika und Konzentrationslager für Muslime.

Der übliche kulturelle Rassismus

Zuallererst zeigten die Wahlen, dass rassistische Vorurteile in der dänischen Politik so akzeptiert und verbreitet sind, dass die extreme Rechte sie nicht mehr zur Profilierung nutzen konnte. Statistiken zeigen, dass die Dänen nach fünfzehn Jahren öffentlicher und politischer Debatte über »die Ausländer« mit Angst und Skepsis reagieren – und in einigen Fällen auch mit rassistischer Gewalt. Ein Beispiel ist das Thema Einwanderung, das nicht mehr als sozio-ökonomisches, sondern als ethnisches oder kulturelles Problem gesehen wird.

Festzustellen ist, dass das eigentliche Problem die dänische Volkspartei und ihr Erfolg beim Definieren von »Ausländern« und »Dänen« ist. Der kulturelle Rassismus ist tief in der dänischen Gesetzgebung und der Mehrheit der politischen Parteien verankert.