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Landser heißt jetzt Weltkrieg

Andrea Röpke
Einleitung

Der Verleger Dietmar Munier gilt als Herausgeber des unter dem Namen „Weltkrieg-Erlebnisberichte“ erscheinenden Nachfolgers der Landser-Romane. 

Foto: Screenshot von youtube.de/3sat

Dietmar Munier bei einem Interview.

Der Verleger Dietmar Munier aus Martensrade leitet inzwischen ein kleines braunes Zeitungs-Imperium. Dazu gehört das  Nachrichtenmagazin „ZUERST! — Die starke Stimme für deutsche Interessen“, die Zeitung „Der Schlesier“ oder auch die „Deutsche Militärzeitschrift“ (DMZ). Nebenher verfügt er auch über Kontakte in völkische Neonazi-Kreise. Wenn der einflussreiche Schleswig-Holsteiner zur Sonnenwende rief, wie im Jahr 2012, dann erschien nicht nur der international bekannte Holocaustleugner Ernst Zündel, der selbsternannte Anführer der Russlanddeutschen Heinrich Groth oder der Jugendfeuerwehrwart von Hohwacht, sondern auch seine leitenden Mitarbeiter. Zünftig gekleidet in Kniebundhose und weißem Hemd erschien Guido Kraus, der Chefredakteur der DMZ. Mit der kleinen Tochter an der Hand begrüßte der ehemalige Bundeswehrsoldat Munier und reihte sich dann in den Fackelaufzug ein, der sich langsam über einen geschlängelten Pfad  bis zur Feuerstelle auf  dem Gelände in Martensrade zog. Das Ritual war nur für Eingeweihte und geladene Gäste. Munier scheut die Öffentlichkeit. Der Chef des Verlages „Lesen und Schenken“ agiert nicht nur im Verborgenen, er scheint auch seine Mitarbeiter fester an sich zu binden, als manchen lieb ist. Finanziell sollen sie teilweise von ihm abhängig sein. Doch Munier kauft nicht nur Häuser für seine Untergebenen, er geht auch auf  Einkaufstour für das Verlagsimperium. Im Mai 2014 versuchte das NDR-Medienmagazin „Zapp“ den realen Herausgeber der neuen soldatischen Groschenheft-Romane „Weltkrieg“ zu ermitteln und stieß auf Munier. Die ersten roten, blauen oder grünen Heftchen namens „Weltkrieg — Erlebnisberichte“ gehen seit Dezember 2013 in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien (Südtirol) und Luxemburg in den Handel. Die Romane sind zwischen 1,95 und 3,40 Euro erhältlich und heißen „Weltkrieg Großband“, „Weltkrieg Doppelband“, „Weltkrieg Flieger“ (erscheinen jeweils alle vier Wochen) und „Weltkrieg“ (erscheint 14-tägig).  Nur wenige Monate zuvor hatte die Bauer Media Group das Heft „Der Landser“ eingestellt. (Vgl. AIB Nr. 77) Die soldatischen Groschenromane waren für den Hamburger Billig-Illustrierten-Konzern und seine Tochterfirma, den Pabel-Moewig-Verlag, Jahrzehnte lang scheinbar ein gutes Geschäft. Öffentliche Angaben gab es nie, aber umlaufende Zahlen, wonach einzelne der 5000 „Der Landser“-Romane mit bis zu einer halben Million Exemplaren vertrieben worden sein sollen, wurden nicht dementiert. Im Herbst 2013 griff das Simon-Wiesenthal-Center den Bauer-Verlag scharf an und warf der Reihe Verherrlichung des Nationalsozialismus und Verharmlosung von Waffen-SS und Holocaust vor. Ein Verbot wurde gefordert. Medienberichten zufolge gaben sich die Hamburger unbeeindruckt, stellten „Der Landser“ dann aber doch ein, weil es nicht mehr zur „Portfoliostrategie“ passe.

„Weltkrieg“ übernahm nach Angaben des im Impressum benannten Verlags Mediavari mit Sitz in der Schweiz die „gewollte Nachfolge“. Doch Redakteure von „Zapp“ suchten den Verlag in dem Schweizer Ort Sarnen vergeblich.  Ihre Recherchen haben ergeben, dass sich allem Anschein nach hinter einer verwinkelten Strohmänner-Camouflage der Verlag Lesen & Schenken des norddeutschen Rechtsaußen Verlegers Dietmar Munier versteckt.

Der Mediavari Verlag war zeitweilig nur per Mail zu erreichen. Er wurde dem NDR zufolge von einem Schweizer im Auftrag des Rostocker Rechtsanwalts Volker Beecken gegründet. Beecken will wiederum auch nur treuhänderisch gehandelt haben. Seinen Auftraggeber verschweigt er. „Ich bin nicht als Verleger tätig“, sagte der Advo­kat gegenüber „Zapp“ und weiter: er habe weder „Landser“ noch „Weltkrieg“ jemals gelesen.

So abwegig wäre das aber nicht, denn Beecken verfügt durchaus über eine rechte Vergangenheit. So gehörte zu seinen Mandanten nicht nur eine Rostocker Rotlichtgröße oder der 1. FC Hansa Rostock, sondern auch Dietmar Munier aus Martensrade. Als sein Angestellter weisen das Rechtsanwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer von Mecklenburg-Vorpommern und Beeckens Internetseite den Juristen Laurens Nothdurft aus. Der Berliner war im Bundesvorstand der mittlerweile verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ).

Bereits vor knapp 30 Jahren nahmen Beecken und Munier den Recherchen des „blick nach rechts“ zufolge am rechtskonservativen „Norddeutschen Forum“ in Lüneburg teil. In seiner Studienzeit politisch aktiv, äußerte sich Beecken vor allem zur Vertriebenen-Debatte. Nach Recherchen von Antifaschist_innen tauchte ein Volker Beeken (sic!) als Mitglied der neurechten „Gruppe 146“ (1988—1990) an der Universität Hamburg auf1 , deren Namensgebung sich auf den Artikel 146 des Grundgesetzes (GG) beruft, der den Verlust der Rechtmäßigkeit des Grundgesetzes beinhaltet, wenn eine neue Verfassung „vom deutschen Volk“ „in freier Entscheidung“ beschlossen wurde.2  Ein Volker Beecken wurde Medienberichten zufolge 1979 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ostpolitischen Deutschen Studentenverbandes (ODS) gewählt3 und saß im Bundesvorstand des Gesamtdeutschen Studentenverbandes.4 Anwaltlich tätig war Beecken für die Gemeinschaft Deutscher Osten (GDO), eine vom Verfassungsschutz als rechts eingestufte Organisation. Er selbst publizierte mehrfach im revanchistischen Ostpreußenblatt. 2010 dann trat Beecken schließlich als Experte in Muniers Neonazi-Zeitschrift „ZUERST!“ auf. Bis vor kurzem war Beecken, der einer Wählervereinigung angehört, die den parteiunabhängigen Oberbürgermeister Roland Methling stützt, dort Vorstandsmitglied und Mitglied in einem Kommunalausschuss. Nach der Bürgerschaftswahl im Mai diesen Jahres und erneutem Bekanntwerden seiner Verbindungen ins rechte Milieu5 bekleidet er jedoch keine öffentlichen Ämter mehr. Die Wählervereinigung machte in der Vergangenheit wiederholt im Zusammenhang mit der Veruntreuung von Parteigeldern von sich Reden.

Munier wollte dem NDR auf Anfrage keine Antwort geben. Doch aus seinem Umfeld kam der Hinweis, dass der Verleger „schon immer Gefallen am Landser und seinen Geschichten“ gehabt habe. Unverhohlen freute sich dagegen die in seinem „Lesen und Schenken“-Verlag erscheinende extrem rechte „Deutsche Militärzeitschrift“ über die Neuerscheinung des „Weltkrieg“, das Heft sei „ein würdiger Nachfolger am Markt“: „Freunde der ehemaligen Landser-Reihen dürfen sich jedenfalls wieder alle vierzehn Tage auf neue Geschichten freuen.“ Diese Begrüßung spricht nicht für Konkurrenz.
 

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