Neonazi-Kampfsport in Berlin
Im April 2022 wurde bekannt, dass Akteure der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD), deren Partei-Jugend "Junge Alternative" (JA), der „Identitären Bewegung“ (IB) sowie der Berliner NPD im Jahr 2021 mehrfach gemeinsam an Kampfsporttrainings auf dem öffentlichen Sportgelände Rennbahnstraße in Berlin-Weißensee (Pankow) teilgenommen haben.1
Auf der Homepage indymedia veröffentlichte Fotos zeigen etwa Christian Schmidt (JN-Funktionär Berlin sowie NPD Pankow) und Fabian Knop (NPD) aus Berlin-Buch (Pankow) sowie die NPD-Aktivisten Lars N. und Kai M. aus Marzahn-Hellersdorf mit Boxhandschuhen auf einem Rasen stehend.
Auf einem weiteren Foto sind der bundesweit bekannte (frühere) IB-Aktivist Mario Alexander Müller, Phillip Zech (ehemals AfD-Vorstand Charlottenburg-Wilmersdorf) und Alexander Göller (JA Berlin) zu erkennen. Auch Jörg Sobolewski, einst selbst Aktivist der IB und später Funktionär der Berliner JA sowie Mitarbeiter der AfD im Bundestag, soll an den Trainings teilgenommen haben. Zu erkennen ist ebenfalls John Hoewer, der nicht nur als „Referent für Inneres“ der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, als rechter Burschenschafter und als Redner für den ultra-rechten Verein „Ein Prozent“ auffiel, sondern in ähnlich aufschlussreicher personeller Zusammensetzung zu einer neofaschistischen Casa-Pound Konferenz im April 2017 nach Rom reiste.1 Mario Müller inszeniert sich als Redakteur des rechten "Compact-Magazin" und als ein selbst ernannter „Antifa-Experte“. Ein weiterer hier dokumentierter Compact-„Experte“ ("Outdoor & Survival") ist Roy Grassmann.
Die Fotos dokumentieren auch, dass während des Trainings offensichtlich neonazistische Symboliken zur Schau gestellt wurden, so etwa ein Shirt mit der Aufschrift „Kampf der Nibelungen“ oder ein weiteres der Marke „Greifvogel Wear“. In einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Koçak bestätigte der Berliner Innensenat zwar, dass „Rechtsextremisten in der Sportanlage Rennbahn in Weißensee sporadisch trainiert haben“, gibt sich darüber hinaus jedoch äußerst schmallippig: Über strafrechtlich relevante Delikte liegen dem Senat demnach keine Erkenntnisse vor. Berliner Rechtsextremisten würden zwar vereinzelt in Sportvereinen trainieren, eine politische Einflussnahme könne hingegen nicht beobachtet werden.
Am 1. Mai 2022 griffen Neonazis an den Bahnhöfen Chemnitz und Glauchau anreisende linke Demonstrant_innen an, die in Zwickau gegen einen Aufmarsch des „Der III. Weg“ demonstrieren wollten. In Chemnitz gehörte eine Gruppe Berliner Neonazis zum Kreis der Angreifergruppe, mindestens zwei von ihnen hatten offenbar zuvor auch in Berlin-Weißensee trainiert.2