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Rechte Kommunalwahlergebnisse in Schleswig-Holstein

Ulrich Peters unter Mitarbeit von Tilo Giesbers
Einleitung

Schließt die örtliche Bibliothek, wie ist es um den ÖPNV bestellt, oder macht die neue 30er-Zone Sinn? Die Kommunalpolitik beeinflusst den Alltag der Bürger*innen sehr viel direkter als die Bundespolitik. Dennoch ist die Beteiligung an kommunalen Wahlen eher gering und auch in Schleswig-Holstein gaben am 06. Mai 2018 lediglich 47,1 % der Berechtigten ihre Stimme ab. Zwar ging die CDU (35,1%) als stärkste Kraft aus den Kommunalwahlen hervor, sie musste jedoch wie die SPD (23,3%) Stimmenverluste verzeichnen. Zuwächse im nördlichsten Bundesland konnten hingegen die rechten Parteien erzielen. Gerade die sich oft als „Kümmererparteien“ inszenierenden extremen Rechten, erreichen dadurch Ansprechbarkeit und eine sichtbare Wahrnehmbarkeit in der Fläche.

Foto: Exif Recherche

Der NPD-Ratsherr Mark Proch (Bildmitte) händchenhaltend beim diesjährigen 01. Mai-Aufmarsch der NPD in Erfurt.

Begleitet von Protesten war insbesondere der Wahlkampf der rechten „Alternative für Deutschland“ (AfD). In Kiel etwa kam es wiederholt zu lautstarken Störungen von öffentlichen Auftritten, in Lübeck gab es antifaschistische Stadtteilspaziergänge und auch in anderen Regionen wurde sich den Rassist*innen entgegengestellt oder ihre Aktivitäten öffentlich gemacht. Trotz Aussage der AfD, dass sich viele Kanditat*innen nicht trauen würden öffentlich aufzutreten, konnte die in Schleswig-Holstein strukturell eher schwach aufgestellte Partei bei ihrer ersten Teilnahme an der Kommunalwahl 48 Sitze erringen. Ihre besten Ergebnisse erzielte sie in den an Hamburg angrenzenden Kreisen Herzogtum-Lauenburg (7,7%), Segeberg (7,5%) und Pinneberg (7%).

U.a. in Neumünster gelang es der AfD nicht, Kandidat*innen aufzustellen. Hier nahm erstmalig die AfD-Abspaltung „Liberal-Konservative-Reformer – Die Eurokritiker“ (LKR) an der Kommunalwahl teil und konnte ein Mandat für ihren Landeschef Jürgen Joost gewinnen. Bis auf einen medial aufbereiteten Besuch des Ex-Bundesvorsitzenden der LKR sowie Gründers der AfD Bernd Lucke, beim kurzzeitig in Neumünster inhaftierten ehemaligen Regionalpräsidenten Kataloniens Carles Puigdemont, war wenig von der rechtskonservativen Kleinstpartei wahrzunehmen. Und das obwohl sie bereits über ein Ratsmandat in Neumünster verfügte. Ratsherr Refik Mor wurde 2016 wegen lobender Äußerungen zur Politik Erdoğans aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen und trat im November 2017 der LKR bei. Dies verwundert nicht, haben doch 23 der 27 LKR-Kandidierenden einen türkischen Hintergrund und sind Beobachter*innen zufolge Befürworter der nationalistischen türkischen Regierungspartei "Adalet ve Kalkınma Partisi" (AKP) unter Recep Tayyip Erdoğan. Wie bedeutsam eine Einflussnahme auf die konservative, türkische Community in Neumünster sein kann, zeigte sich kurz vor der eigentlichen Wahl. Die als AKP-Lobbyorganisation geltende „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“ veranstaltete Ende April eine „Info zur Kommunalwahl“. Neben dem hochrangigen AKP-Politiker Yalkin Akdogan folgten rund 250 türkische Nationalist*innen dem Aufruf.

Ebenfalls vom Nichtantritt der AfD profitierte die NPD bei ihrem einzigen Wahlantritt in Neumünster. Die neonazistische Partei schnitt ihren Wahlkampf mit altbekannten Themen ganz auf den bereits im Stadtrat sitzenden Mark Proch zu. Nachdem die NPD am 16. März 2018 durch die Landeswahlleitung zur Wahl zugelassen wurde, tauchten im Stadtbild erste Plakate auf. Neben vereinzelten Infoständen in der Innenstadt hielt sich die Außenwirkung des Wahlkampfs jedoch in Grenzen. Eine interne Wahlkampfveranstaltung am 25. März 2018 in Neumünster lockte nur wenige Zuhörende an, die den Reden der NPD-Landesvorsitzenden Thorsten Heise aus Thüringen und Ingo Stawitz aus Schleswig-Holstein folgten. Für die musikalische Rahmung des Abends sorgte die neonazistische Liedermacherin Karin Mundt von der Rechtsrockband „Wut aus Liebe“. Trotz dieser eher spärlichen Aktivitäten, gelang es der NPD ihre Stimmenanzahl zu verdoppeln und sie ist nun mit zwei Mandaten im Rat vertreten. Der Neonazi und bisherige Ratsherr Mark Proch bildet künftig zusammen mit Horst Micheel, Betreiber der rechten Szene-Kneipe „Titanic“, eine eigene Fraktion.

Vor der ersten Ratssitzung am 12. Juni 2018 fanden sich dann auch etwa 15 Antifaschist*innen ein um gegen den rechten Einzug ins Stadtparlament zu demonstrieren. Dass das Gros der im Stadtrat sitzenden Parteien nicht einmal gegen die NPD klare Kante ziehen kann, sondern wie etwa die FDP „eine ehrliche Auseinandersetzung1 fordert und sich fragt, „ob Ausgrenzen und sich Abwenden wirklich eine gute Idee war1 , lässt für die inhaltliche Debatte mit vermeintlich gemäßigteren, rechten und völkisch-nationalistischen Positionen der jetzt kommunal gewählten Vertreter*innen wenig Gutes hoffen.