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Die »Revolutionäre Plattform« in der NPD

Einleitung

„Revolution inside“

Die »Freien Nationalisten« in der NPD haben kurzzeitig eine innerparteiliche Auseinandersetzung gewonnen. Ihre bisherige Struktur, die »Revolutionäre Plattform« (RPF), wird als offizielle Arbeitsgemeinschaft in die Partei integriert. Ob dies eher ein Ruhigstellen der innerparteilichen Gegner ist, bleibt abzuwarten.

Steffen Hupka von der RPF (rechts) mit Mirko Appelt (links) vom "Selbstschutz Sachsen Anhalt" im Februar 1999 bei einem Neonaziaufmarsch in Magdeburg.

Bei der »Revolutionäre Plattform - Aufbruch 2000« (RPF) von Steffen Hupka  handelt es sich quasi um eine Vertretung »Freier Kameradschaften« in der NPD. Ihre Anhänger sehen dort die Chance, Einfluss geltend zu machen und ihre neonazistischen Inhalte zu verbreiten. Die Partei ist dabei jedoch nur Mittel zum Zweck. Der RPF-Sprecher Steffen Hupka sagte in einem Interview, »aus rein pragmatischen und logistischen Gründen« brauche die nationale Opposition »eine große Organisation, die zentral und bundesweit tätig« sei. Einen Widerspruch zwischen NPD und Kameradschaftsszene sieht er nicht. Man könne »durchaus in der Kameradschaft tätig und trotzdem organisiert sein«.1

Um Hupka gruppiert sich ein achtköpfiger Sprecherrat. Ebenso wie der Sprecher, der zeitweise Bundesvorstandsmitglied der NPD und Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt war, sind die bekannten Vertreter der RPF sowohl im militanten Neonazismus als auch in der NPD fest verankert. Dazu gehören etwa der bayerische Vorsitzende der »Jungen Nationaldemokraten« (JN) Frederick Seifert, der Generalsekretär des schleswig-holsteinischen NPD-Landesverbandes Jürgen G., dessen Schatzmeister Torsten Mey oder Alexander Feyen, der seit Jahren als JN/NPD-Ordner und Veranstaltungsleiter in Bayern auftritt und von seinem jetzigen Wohnort Friedberg bei Augsburg den »Schwarze-Sonne-Versand« betreibt. Auch der Neonazi und NPD-Funktionär Wolfgang T. (Bayern) soll zu dem Kreis der RPF-Gründer gehört haben. Einer der RPF-Sprecher war Tino Brandt, ehemals stellvertretender NPD-Landesvorsitzender von Thüringen und im »Thüringer Heimatschutz« (THS) aktiv – nebenbei auch für  den ähnlich klingenden „Thüringer Verfassungsschutz“ aktiv.

Erstaunlich klingen Berichte, das sogar der führende Funktionär und "NPD-Parteisoldat" Holger Apfel am 15. April 2000 an einem Treffen der "RPF-Aufbruch 2000" in regensburg teilgenommen haben soll.

Die RPF wurde im März 2000 als Reaktion auf den Bundesparteitag der NPD gegründet, bei dem sich noch eine Fraktion legalistischer Parteifunktionäre durchsetzen konnte, denen die offene NS-Apologetik der "Freien Kameradschaften" zu unverblümt war. Die RPF wird von diesen hingegen in der Tradition der »Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front« (GdnF) des verstorbenen Michael Kühnen als »eine Gesinnungsgemeinschaft revolutionär denkender und handelnder Aktivisten und Mitglieder der NPD«2 verstanden.

Ziel ist letztlich, die NPD auf den politischen Kurs der "Freien Kameraden" einzuschwören. Als innerparteiliche Hauptfeindbilder gelten die Vertreter einer defensiven Linie. Dazu gehören zum Beispiel der sächsische Landesvorsitzende Jürgen Schön, der äußerte, die NPD müsse »den Weg von Jörg Haider gehen« oder das ehemalige Bundesvorstandsmitglied Per Lennart Aae. Der ehemalige schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ingo Stawitz wird als »feiger, spalterischer Leisetreter« verspottet.

Bei Verbotsdruck Eskalation

Im Rahmen der Verbotsdiskussion eskalierte der Streit um die RPF, denn den taktisch denkenden Funktionären war klar, dass hier eines der Argumente für ein Verbot liegen könnte. Sie versuchten daher, nach außen hin defensiv aufzutreten, sich von führenden Vertretern des NS-Flügels zu distanzieren und diese auszuschließen. Insbesondere das am 14. August 2000 vom Parteivorstand verfügte Demonstrationsverbot entwickelte sich zu einer Kraftprobe zwischen RPF und "Freien Kameradschaften" einerseits und dem NPD-Vorstand andererseits. Der Parteivorstand grenzte sich von der RPF detailliert ab.

In einem Beschluss heißt es: »Der RPF wird untersagt, sich als Organisation in der NPD darzustellen oder zu gerieren. Es wird der RPF damit nicht nur untersagt, sich als RPF in der NPD zu bezeichnen, sondern es wird damit auch untersagt, Einrichtungen der Partei - wie z. B. Postfächer - als RPF zu nutzen3 Dieser Kurs war jedoch an der Basis nicht durchsetzbar und hätte womöglich zur Spaltung der Partei gerührt. Schon im November 2000 musste das Demonstrationsverbot wieder aufgehoben werden. Die Delegierten des Landesparteitages Sachsen etwa folgten nur zur Hälfte einem Unvereinbarkeitsantrag ihres Landesvorsitzenden Schön. Der hatte zuvor scharf gegen die RPF agiert und geäußert: »Wer Steffen Hupka wählt, der wählt den Untergang der NPD und kann geistig nicht ganz richtig sein«.

Offener Schulterschluss mit Freien Kameraden

Derweil formierte sich die RPF und demonstrierte offen ihre Nähe zu den »Freien Kameradschaften«. Zu ihrer ersten Strategietagung am 30. September 2000 kamen in Thüringen knapp über 100 Personen zusammen. Als Redner traten neben Steffen Hupka die führenden Vertreter der Kameradschaftsszene, Michael Swierczek und Thomas Wulff auf. Das ehemalige SS-Mitglied Sepp Biber (ehem. Mitglied in dem rassistisch-völkischen Verein "Die Artgemeinschaft e.V.) zelebrierte zum Abschluss eine Totenehrung. Zum zweiten RPF-Seminar vom 13.-14. Januar 2001 mit ebenfalls rund 100 Personen in Thüringen erschien eine Delegation des NPD-Vorstandes unter Führung von Holger Apfel. Unter Vermittlung von Horst Mahler wurde kurze Zeit später eine Einigung zwischen Parteivorstand und RPF-Vertretern (ohne Hupka) erreicht. In Riesa beschlossen schließlich die Beteiligten: Die RPF löste sich formal auf, gleichzeitig wurde aber eine offizielle Arbeitsgemeinschaft der NPD gegründet, in der die ehemaligen RPF-Mitglieder weiter arbeiten können.

»Der Parteivorstand verknüpft mit diesem Schritt die Hoffnung, dass damit eine konstruktive Arbeit im Rahmen der Parteigremien möglich werde4 Ein Sieg des Parteivorstandes über die offen NS-orientierten RPF'ler? Wohl kaum, eher eine Integration aus Kraftlosigkeit, da ein Ausschluss nicht durchsetzbar ist. Waren in den letzten Monaten noch Ausschlussverfahren gegen führende Vertreter der RPF wie Steffen Hupka und Jürgen G. angestrengt worden5 , laufen diese jetzt angeblich gegen deren innerparteiliche Widersacher. Das Bundesvorstandsmitglied Per Lennart Aae soll demzufolge wegen »parteischädigendem Verhalten« all seiner Ämter enthoben worden sein.

Integration zeigt Kräfteverschiebung in der NPD

Der Plan, die RPF'ler durch eine formale Einbeziehung in die NPD zu mäßigen, dürfte nicht aufgehen. Die Dynamik einer drohenden Spaltung konnte die NPD-Führung jedoch vorläufig ausbremsen. Hupka macht (isolierter) weiter. So fand vom 17. bis 18. März 2001 ein »Strategieseminar im Raum Eisenach« mit den Referenten Christian Worch, Peter Naumann und Steffen Hupka statt. In einem in Neonazikreisen kursierenden Bericht ist vom »3. Seminar« die Rede, was neben Ort und der Zusammensetzung der Referenten als Hinweis auf eine RPF-Nachfolge gewertet werden muss.6

Die Zusammenarbeit mit Worch und dem verurteilten Neonaziterroristen Naumann belegt erneut den neonazistischen Kurs dieses Kreises um Hupka. Die (Teil)-Integration der RPF zeigt eine Kräfteverschiebung innerhalb der NPD, in der der offen NS-orientierte Flügel an der Basis mehrheitsfähiger geworden ist. In der NPD-Führung hat jedoch, laut Berichten aus der NPD, der "RPF-Unterstützer" Hans-Günther Eisenecker an Einfluss verloren. Dass diese Integration der RPF eine Stärkung im laufenden Verbotsverfahren bedeutet, wie die RPF behauptet, darf getrost bezweifelt werden. Eher bestätigt sie die Verbotsbegründung.

  • 1Junge Freiheit, 17.11.00
  • 2Konstruktive Kritik, in Zentralorgan, Nr.11, S. 26
  • 3zit. nach RPF-Rundbrief 2/00 S. 2
  • 4zit. nach "Deutsche Stimme" 2/01, S.7
  • 5Nachtrag AIB: Hupka wurde im Dezember 2001 jedoch von einem Schiedsgericht unter Leitung von Manfred Aengenvoort aus der NPD ausgeschlossen.
  • 6Nachtrag AIB: Die RPF löste sich offiziell am 12. Januar 2002 in Magdeburg auf. Ein Treffen zur Zusammenarbeit mit der NPD von Hupka am 9. März 2001 in Friedersdorf bei Kreis Königswusterhausen boykottierte die NPD-Führung. Hupka erklärte die NPD zu einer feindlichen Organisation.