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NPD: Zwischen Chaos und Erfolg

Einleitung

Immer wieder fällt bei Recherchen zur NPD auf, dass kein homogenes Bild der Partei zu zeichnen ist. Je nach Region, Zeitpunkt und jeweiligem Führungspersonal bietet die NPD den Eindruck einer aufstrebenden Partei, einer politischen Konstante oder eines zerstrittenen Haufens.

Bild: attenzione-photo.com

Der NPD-Parteichef Udo Voigt bei einem Neonazi-Aufmarsch in Ungarn.

DER SPIEGEL berichtete kürzlich über Tausende interne Dokumente laut denen die NPD in einem maroden Zustand sei. Heftig umstritten innerhalb der Führung sei vor allem der Umgang mit den sogenannten »Freien Kräften« aus der Neonazi-Szene. Ein Ausdruck dieses Konfliktes ist der Streit um den »Schwarzen Block«. Das Konzeptpapier eines Bundesvorstandsmitgliedes für die Parteiführung legt, laut SPIEGEL, erhebliche strukturelle Defizite in der Partei offen. So habe die NPD »zu wenig Mitglieder und Funktionsträger, um flächendeckend Wahlkampf führen zu können«, es fehle an Spendern und ausreichender »Unterstützung aus dem nationalen Umfeld«. Die Berichte über regionale erfolgreiche Aufbauarbeit der Partei in dieser Ausgabe sollen diese Gesamteinschätzung nicht widerlegen, sondern auf andere regionale Entwicklungen aufmerksam machen. Entwicklungen, die immerhin zum Einzug in regionale Parlamente führten und führen können.

Auch wenn ein Ende der NPD aus unserer Sicht noch lange nicht in Sicht ist, belegen Informationen – welche Szeneinsider den Informanten des Antifaschistischen Infoblattes zukommen ließen – die Einschätzungen der »chaotischen Zustände« in der NPD. Doch interne Querelen, Krisen und Finanzprobleme sind eigentlich keine Neuigkeiten, sondern fester Bestandteil der extremen Rechten in Deutschland und vor allem der NPD. Trotzdem soll an dieser Stelle anhand eines Konfliktes um einen Auf tritt von NPD-Funktionären in Ungarn die Konfliktlinien innerhalb der NPD Führung nachgezeichnet werden.

»NS-Kult in Budapest«

So lautete die Überschrift eines AIB Artikels (AIB #75) über die Beteiligung deutscher NPD-Funktionäre am »Tag der Ehre« im Februar 2007 in Ungarn. Am Endes des Artikels schrieben wir: »So berichteten Augenzeugen davon, dass Bordin ausgelassen auf der Bühne den Hitlergruß gezeigt haben soll. Es bleibt abzuwarten, ob er sich damit innerhalb der bayerischen NPD Plus- oder Minuspunkte erarbeiten wird.«

Nachdem das Politmagazin PANORAMA über den Ausflug und das Benehmen der bayerischen NPD-Funktionäre berichtet hatte, kam es – nach Aussagen von Szeneinsidern – zu einem massiven parteiinternen Konflikt in den NPD-Gremien bis hin zum Präsidium. Ende April 2007 stritt die NPD Führung demnach über eine Erklärung zu dem Vorfall und der PANORAMA-Sendung. In einem Textentwurf von Parteichef Udo Voigt soll hierzu gestanden haben: »Die (...) präsentierten Aufnahmen mit Hitlergruß und ›antisemitischen Ausfällen‹ sind weder mit dem Wollen der Nationaldemokraten vereinbar, noch mit dem Geist oder Inhalt des Parteiprogramms. NPD-Mitglieder und Funktionsträger, welche sich daran beteiligen, schädigen das Ansehen der Partei und können demzufolge durch Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens aus der NPD entfernt werden.« Die bayerischen NPD-Funktionäre Matthias Fischer und Norman Bordin seien ermahnt worden, »dass ein entsprechendes nachweisbares Verhalten als grob parteischädigend gewertet würde und sie sich als verantwortungsbewusste Führungskräfte bei einer Teilnahme an ähnlichen Konzerten, angesichts derartiger Ausfälle, unverzüglich zu entfernen oder das Konzert abzubrechen hätten«.

Ein alternativer Textentwurf von Holger Apfel (stellvertretender NPD-Parteivorsitzender) soll die Schärfe der Erklärung leicht abgeschwächt haben. Es waren zwar demnach nur zwei minimal verschieden ausgerichtete Entwürfe im Gespräch, doch allein der Umfang der Verbreitung der Erklärung soll genügend Stoff für Konflikte geboten haben. Klaus Beier (NPD-Amt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit), Frank Schwerdt (NPD-Amt Recht) und Andreas Molau (NPD-Amt Bildung) wollten es demnach bei einer parteiinternen Protokollnotiz belassen. Parteichef Udo Voigt soll sich hingegen für eine Veröffentlichung im NPD-Rundschreiben ausgesprochen haben, während sich Holger Apfel und Sascha Rossmüller (stellvertretender NPD-Parteivorsitzender) für eine Veröffentlichung im Internet stark gemacht hätten. Eine Umfrage im NPD-Präsidium ergab anschließend wohl eine knappe Mehrheit für den Text von Holger Apfel und eine deutliche Mehrheit für eine reine Aufnahme in das interne Protokoll.

Nach Aussagen von einem unserer Informanten soll Holger Apfel über die Degradierung seiner Erklärung zu einer Protokollnotiz so erbost gewesen sein, dass er das Verhalten der Parteiführung intern als ein typisches Zeichen für Führungsschwäche und Feigheit bezeichnet habe. Holger Apfel soll bereits seit längerem über das nachgiebige Auftreten des Parteipräsidiums gegenüber dem »allerletzten Narrensaum«, d.h. dem neonazistischeren Flügel der Partei, verärgert sein und drastische Maßnahmen (Schiedsgerichtsverfahren) gegen Funktionäre der »Freien Kameradschaften« bei »NS-Spinnerei« in der NPD befürworten.

Die NPD Fürth verbreitete in einer weit gestreuten Stellungnahme von Matthias Fischer und Norman Bordin die Gegenposition zu Apfels Standpunkt. Sie stellten klar: »Wir werden uns aber auch in Zukunft weder von Landesvorstandmitgliedern noch von sonst jemanden vorschreiben lassen, welche Konzerte wir als Privatpersonen besuchen und welche nicht. Da wir dort nicht in der Eigenschaft als Parteivertreter sind, sehen wir auch keine Veranlassung eine solche Veranstaltung zu verlassen, auch wenn dort Dinge geschehen, die mit den nach außen geäußerten Vorstellungen der NPD nicht im Einklang stehen könnten.« Sascha Rossmüller ließ eine Antwort innerhalb der bayerischen NPD kursieren, in der er versicherte, niemandem seine Teilnahme an Konzerten verbieten zu wollen. Er betonte jedoch: »Wir kämpfen mit Blick auf 2008 in erster Linie um die Nichtwähler und die enttäuschten wertkonservativen CSU-Abtrünnigen – es ist nicht so, dass nationalsozialistische Volksmassen darauf warten, uns die Macht in die Hände zu legen.«

Der bayerische NPD-Funktionär Kai Limmer hingegen soll – Aussagen regionaler NPD Insider gegenüber einem Informanten zu Folge – intern sinngemäß geäußert haben, man solle bedenken, wie viele NPD-Interessenten sich wünschen würden, dass ein kleiner Hitler (»kleiner 18«) wiederkommen müsse. Uwe Meenen soll gefordert haben, dass sich die bayerische NPD explizit hinter Fischer und Bordin stellen müsse, da dies von »jungen und revolutionären Kameraden« zu Recht erwartet werde, um ihnen den Rücken zu stärken. Ansonsten würde die Gefahr bestehen, dass »junge und revolutionäre Kräfte sich der Mitarbeit im Landesvorstand künftig verweigern werden«. Wenn dies der Fall sein würde, könne die bayerische NPD die Landtagswahl so gut wie vergessen, hieß es demnach.

Volksfront – Dauerstreitthema ?

Gerade dieser taktische Umgang mit den »jungen und revolutionären Kameraden« bzw. dem radikaleren Flügel um die »Freien Kameradschaften« ist der ständig wiederkehrende Streitpunkt innerhalb der NPD. Nach Aussagen von einem NPD-Insider soll eine angebliche Kandidatur Bordins zum JN-Bundesvorsitzenden eine erneute Belastungsprobe für die Partei in diesem Punkt gewesen sein. Jürgen Gansel (NPD-Amt Politik) soll dies intern als Weg in den »politikunfähigen Szenesumpf« und Affront gegen die Parteispitze gewertet haben. Auch soll Jürgen Gansel Teilen der NPD Führung vorwerfen, den »Hardcore Nostalgikern« um Thomas Wulff (NPD Koordinator der freien Kräfte) und Norman Bordin zu viel »sinnlose Radikalisierung« durchgehen zu lassen, so dass diese immer frecher werden könnten.

Die Zusammenarbeit der NPD mit den »Freien Kameradschaften« scheint also auch zukünftig noch genügend Konfliktpotential in sich zu bergen. Ob die »Volksfront« zwischen NPD, DVU und »Freien Kameradschaften« längerfristig eher ein Gewinn oder ein Verlust für die NPD ist, bleibt hierbei abzuwarten.