Bundesparteitag der NPD
Anfang April 2009 konnte die NPD ihren Bundesparteitag im Ernst-Reuter-Saal des Rathauses Berlin-Reinickendorf mit etwa 200 Delegierten durchführen. Nach langer bundesweiter Suche und zahlreichen Absagen, konnte dieser Raum nach einer juristischen Auseinandersetzung kurzfristig von der NPD eingeklagt werden. Nach dem Verwaltungsgericht Berlin folgt dieser Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) und der ständigen Verwaltungspraxis des Bezirksamtes.1
- 1Beschluss vom 31. März 2009 - VG 2 L38.09
Kurz vorher hatte das Gericht entschieden, dass die Berliner NPD nicht verlangen kann, dass ihr zur Durchführung ihres Landesparteitages vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf Räumlichkeiten in einem Seniorenzentrum zur Nutzung überlassen werden. Die NPD hatte sich geweigert, die vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf aufgestellten Bestimmungen des Mietvertrages vorbehaltlos zu akzeptieren. Zu den vorformulierten Vertragsbestimmungen gehörte u.a. eine Klausel, wonach der Mieter nicht berechtigt sei, die Mieträume zur Durchführung von Veranstaltungen zu nutzen, auf denen rechtsextremes, rassistisches, antisemitisches oder antidemokratisches Gedankengut dargestellt und/ oder verbreitet werde, sei es vom Mieter selbst, seinen Mitgliedern oder von BesucherInnen der Veranstaltung.1 Daher unterschrieb die NPD für ihren Bundesparteitag den strengen Mietvertrag (u.a. Verbot die Fenster zu öffnen und Getränke auszuschenken) des Bezirkes.
Die Ausgangsbedingungen waren dementsprechend nicht besonders komfortabel: Alle Delegierten und Gäste mussten sich selbst für die Dauer ihres Aufenthaltes eine Unterkunft suchen, es gab keinerlei gastronomische Betreuung in dem Saal und keinen betreuten Parkplatz. Alle Delegierten wurden im Vorfeld sogar noch von Eckart Bräuniger (NPD-Bundesgeschäftsführer) aufgefordert, sich eigene Schreibunterlagen mitzubringen, da kaum Tische vorhanden waren. Für diese Serviceleistung verlangte die NPD-Parteizentrale von allen Delegierten und Gästen einen Selbstkostenanteil von 10 Euro.
Am Tagungsort versuchte der NPD-Ordnerdienst um Manfred Börm und Andrew Stelter erfolglos PressevertreterInnen vom Gelände des Rathauses fernzuhalten. Nach einer polizeilichen Klarstellung zu den engen Grenzen des NPD-Hausrechtes allein auf den gemieteten Saal, drohte Manfred Börm einzelnen Medienvertretern: »Ich kann für Ihre Sicherheit hier nicht garantieren. Wenn sie hier hereinwollen, müssen Sie neben jeden Medienvertreter einen Polizisten stellen.« Aufmerksame JournalistInnen mussten diese Äußerungen als eine Form der Bedrohung ansehen, da sie unter den Besuchern des NPD-Bundesparteitages auch bekannte Straftäter wie Alexander Bode aus Guben erkannten. Bode gilt als einer der Rädelsführer der berüchtigten »Hetzjagd von Guben«, bei der im Februar 1999 der algerische Asylbewerber Farid Guendoul, besser bekannt als Omar Ben Noui, ums Leben kam. Bode wurde hierfür zu zwei Jahren Jugendgefängnis verurteilt. Der NPD-Funktionär David Petereit aus Mecklenburg-Vorpommern beschimpfte in seiner Rede anwesenden Journalisten und Journalistinnen als »ein Haufen Geschmeiß« und beantragte ihren Rauswurf.
Weiteres Finanzchaos im Vorfeld
Offenbar war die Stimmung nicht nur wegen des parteiinternen Machtkampfes zwischen Udo Voigt und Udo Pastörs gereizt (vgl. AIB 82: »NPD gegen NPD«). Der NPD war erst Ende März 2009 ein weiterer Bescheid der Bundestagsverwaltung zugestellt worden, wonach sie aufgrund festgestellter Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht für das Jahr 2007 in Höhe von insgesamt 1.252.399,55 Euro zu einer Strafzahlung von 2.504.799,10 Euro verpflichtet werden soll. Nach einer Klage der NPD wurde die Sanktion mittlerweile vom Berliner Verwaltungsgericht auf ca. 1,27 Mio. Euro gekürzt.2
In einer Stellungnahme schiebt der NPD-Funktionär Stefan Köster diese Fehlleistung den Ermittlungsbehörden im Fall Erwin Kemna zu, welche Unterlagen nicht rechtzeitig zurückgegeben hätten. Im Februar 2008 war der damalige NPD-Bundesschatzmeister, Erwin Kemna, unter dem Vorwurf der gewerbsmäßigen Untreue festgenommen worden. Neben Privat- und Geschäftsunterlagen Kemnas, wurden vor allem sämtliche Finanzunterlagen des DS-Verlages und der Partei beschlagnahmt. Erst äußerst knapp zum Jahresende, am 28. Dezember 2008, war die NPD dann bei ihrem Wirtschaftsprüfer zur Abschlußprüfung erschienen. Die offenbar nicht besonders leicht durchschaubare NPD-Darlehensaufstellung und die NPD-Gesamtspenderliste machten so viele zusätzliche Nachtschichten nötig, daß vom Wirtschaftsprüfer erst in der Nacht zum 31. Dezember 2008 der Bericht abschließend geprüft werden konnte.
Am nächsten Morgen soll es dann »vermutlich im Büro des Wirtschaftsprüfers« zu einem »Büroversehen in Form einer fehlerhaften Einordnung von sieben alten und falschen Seiten« gekommen sein. Da Köster sich im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Rechenschaftsberichtes eine Schleimbeutelentzündung am linken Ellenbogengelenk zugezogen habe, hätte er sich nicht mehr rechtzeitig an die Behebung des Fehlers begeben können.
Ergebnisse des NPD-Bundesparteitages
Auf dem Bundesparteitag wurde ein neuer Parteivorstand gewählt: Als Parteivorsitzender konnte sich Udo Voigt (136 Stimmen) gegen den NPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs (72 Stimmen) durchsetzen. Lediglich sechs Delegierte enthielten sich. Beide Kandidaten hatten in ihrer Bewerbungsrede ihre Vorstellungen von der künftigen NPD-Führungsmannschaft vorgestellt. Udo Pastörs hätte sich im Falle seiner Wahl als seine Stellvertreter Holger Apfel, Mathias Heyder und Karl Richter gewünscht. Schatzmeister sollte Stefan Köster werden. Udo Voigt wollte Jürgen Rieger, Karl Richter und Frank Schwerdt als seine Stellvertreter. Als Schatzmeister favorisierte er Ulrich Eigenfeld und Wolfgang Schimmel. Die Wahl erbrachte dementsprechend als seine Stellvertreter Karl Richter (Chefredakteur Deutsche Stimme), Frank Schwerdt (Amt Recht) und Jürgen Rieger. Rieger selbst musste in Abwesenheit gewählt werden, da er sich wegen Krankheit hatte entschuldigen lassen. Ganze 15 Beisitzer ergänzen den aktuellen Parteivorstand.
Ausblick
Durch diese Wahl wurden genau die Mitglieder der NPD aus dem Vorstand verdrängt, die in den Landtagen vertreten sind. Die politisch, personell und finanziell potenten Landesverbände Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen wurden deutlich ausgebremst. Sie hatten in den vergangenen Monaten massive Kritik an Udo Voigt und seinem politischen Umfeld aus der Berliner Parteizentrale geübt (Vgl. AIB 79 und 82). Die Gegenspieler von Udo Voigt, Holger Apfel (Landtagsfraktion Sachsen) und Udo Pastörs (Landtagsfraktion Mecklenburg) haben vorerst an direktem Einfluss verloren. Allerdings waren gerade die Landtagsfraktionen Sachsen und Mecklenburg zwei entscheidende Faktoren für den Fortbestand der Partei. Allein die sächsische NPD-Fraktion erhält im Laufe der gesamten Legislaturperiode 6,5 Millionen Euro aus der Staatskasse für die »Organisation ihrer Arbeit«. Davon können sie acht Abgeordnete und bis zu 20 Mitarbeiter bezahlen, die politische Arbeit für die NPD leisten. Die sechs Abgeordneten der mecklenburger NPD-Landtagsfraktion beschäftigen bis zu 16 Mitarbeiter. 600.000 Euro fließen hier jährlich in die NPD-Kasse.
Das nun »fortan die personellen Querelen ein Ende haben und endlich wieder aktiv Politik für ein nationales und soziales Deutschland gemacht werden wird«, wie nach dem Parteitag verkündet, bleibt fraglich. Die nächste und entscheidende Runde im Kampf um die NPD-Führung bringt erst der Wahlmarathon 2009. Sollte Voigt nicht einen Landtagseinzug in Thüringen vorweisen können, sieht es schlecht für ihn aus. Beim »Machtkampf durch Wahlergebnisse« könnten die Voigt-Herausforderer Apfel und Pastörs in ihren Ländern wichtige Achtungserfolge zur Stärkung ihrer Positionen in der Partei erreichen. Der Ausgang des Parteitages kann sich dann zu einem takischen Vorteil für Apfel und Pastörs erweisen, wenn Ende des Wahljahres innerparteilich Bilanz gezogen wird.
Beisitzer des Parteivorstandes:
Jens Pühse (Amt Organisation)
Klaus Beier (Amt Bundesgeschäftsführung; Pressesprecher)
Jörg Hähnel (Amt Öffentlichkeitsarbeit)
Ulrich Pätzold
Manfred Börm
Eckart Bräuniger (Amt Generalsekretär)
Thorsten Heise
Uwe Schäfer
Claus Cremer
Frank Rohleder
Thomas Wulff
Ulrich Eigenfeld
Wolfgang Schimmel
Andreas Thierry (Amt Bildung)
Uwe Meenen (Amt Politik)