Rechts-Konservative für die AfD
Der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ trat in den zurückliegenden Monaten als großzügige Sponsorin der "Alternative für Deutschland" (AfD) in Erscheinung. Nachdem der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung laut wurde, ist es nicht nur zur personellen Umstrukturierung gekommen, mittlerweile versucht sich der Verein auch selbst als Teil eines rechts-konservativen Netzwerkes zu etablieren.
Der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“
„Es gibt keine Alternative im Etablierten! Natürlich ist Politik die Kunst des Machbaren. [...] Ich würde mich freuen, wenn Sie mit Verweis auf unseren grundsätzlichen Erneuerungsauftrag den politischen Meinungsbildungsprozess in unserer Partei beeinflussen würden“, so Björn Höcke (AfD). Diesen Appell zu nutzen, um aus einem jahrzehntelang überschaubaren Wirkungskreis heraus wahrnehmbar zu werden, stellt eine Motivation der hier beschriebenen rechts-konservativen Akteure dar, sich für die AfD zu engagieren. Bezugnahmen auf die „Nation“ und die „Nationale Identität“ sind dabei Schlüsselbegriffe und Schnittmengen, um das politische und gesellschaftliche Klima weiter nach rechts zu verschieben. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn es gelingt, die damit verbundenen Themen auch in Bereiche des etablierten, mit politischem Einfluss ausgestatteten Spektrums zu tragen. Die AfD bemüht sich erfolgreich darum, die ideale Partnerin dafür zu sein, und nicht wenige rechte und konservative Akteure scheinen dies zu nutzen. Die hier beschriebene „Vereinsstruktur“ steht dabei exemplarisch für ein zusammengewachsenes Netzwerk rechter und konservativer Akteure, das vom Erfolg der AfD profitieren kann.
„Finanzstarker konservativer Verein gegründet“ lautete die Überschrift eines Artikels des rechten Internetportals Metropolico, nachdem sich der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ am 21. September 2016 in Stuttgart offiziell gegründet hat. Wirklich neu sind allerdings weder der Verein noch deren Protagonisten, die sich allesamt schon länger im rechts-konservativen Milieu bewegen und in entsprechenden (Internet-)Publikationen positive Resonanz erfahren. So verwundert es nicht, dass der Hinweis zur Vereinsgründung auf der eigenen Internetseite lediglich ein direkter Verweis zum Beitrag des Metropolico-Autors Christian Jung ist. Hinter diesem Internetportal, das früher unter dem Namen "Blu-News" bekannt war, steht der Verein „bürgerlich liberal unabhängig“ (blu) mit Christian Jung als Vorsitzendem. Zusammen mit dem Polizisten Torsten Groß (Wählervereinigung „Bürger in Wut“) aus Bremen veröffentlichte er jüngst im rechten und verschwörungsideologischen KOPP-Verlag ein 300seitiges Pamphlet über die angebliche finanzielle und logistische Unterstützung der Antifa durch staatliche Strukturen. Mit Ausnahme der Gemeinderätin Martina Uhlemann (Freie Wähler) aus Türkenfeld, waren die weiteren Verantwortlichen von „blu“ parteipolitisch bereits durch Tätigkeiten im bayerischen Landesverband der rechten Partei „Die Freiheit“ miteinander verbunden.
Im Windschatten der AfD
Mit den Wahlerfolgen der AfD scheint für rechts-konservative Akteure die Hoffnung verbunden, über das überschaubare eigene (publizistische) Netzwerk hinaus Aufmerksamkeit zu bekommen und Inhalte zu platzieren. So überrascht die Nähe des „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ zur AfD nicht. Zum Vorsitzenden wurde das ehemalige CSU-Mitglied David Bendels gewählt. Als Sprecher und Mitbegründer der durch CSU-Mitglieder im Juni 2014 gegründeten Initiative „Konservativer Aufbruch“ trat er bereits in der Vergangenheit als Redner auf Veranstaltungen der AfD bzw. ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) in Erscheinung. Dies verwundert nicht, konnte Bendels sich doch in einem Artikel der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF) „eine wieder 'rechts der Mitte' eingeordnete CDU […] durchaus als Koalitionspartner der AfD vorstellen“. So viel Offenheit schien dem Autor dieses Artikels, Michael Paulwitz gefallen zu haben. Das ehemalige Mitglied der rechten Partei „Die Republikaner“ (REP) ist schon jahrelang in der rechten Publizistik aktiv und seit August 2016 Domaininhaber der Internetseite des „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“. Es deutet vieles darauf hin, dass Michael Paulwitz darüber hinaus den Verein unterstützt und dafür seine vielfältigen Kontakte ins rechte und konservative Spektrum nutzt.
Eine erste offizielle Veranstaltung fand am 7. September 2016 in Berlin statt. Einladungen zu dieser geschlossenen Veranstaltung wurden u.a. an AbonnentInnen der „Jungen Freiheit“ verschickt. Eingeladen hierzu, für den zu diesem Zeitpunkt offiziell noch nicht bestehenden Verein, hat der spätere Moderator des Abends David Bendels. Als Referent angekündigt war der ehemalige tschechische Präsident Václav Klaus. Zusammen mit Jiří Weigl brachte er im rechts-konservativen Verlag „Manuskriptum“ das Buch „Völkerwanderung“ heraus. Er beschwört darin die Wiederentdeckung starker Nationalstaaten als Gegenentwurf eines Souveränitätsverlustes innerhalb der EU. Dass Migrationsbewegungen hierfür Ursache und Lösung darstellen, verschafft ihm in Zeiten rassistischer Massenmobilisierung viel Zuspruch. Nicht nur die Veranstaltung des Vereins war gut besucht, auch Klaus’ Reden bei der 30-Jahr-Feier der JF in Berlin (2016) und dem 5. Bundesparteitag der AfD in Stuttgart (2016) wurden bejubelt. Wie sehr dieses Spektrum auf so bekannte Fürsprecher angewiesen ist, verdeutlicht insbesondere die Rede in Berlin. Noch im Sommer 2011 hieß es in der rechten Wochenzeitung: „Auf Václav Klaus ist Verlaß. Im negativen Sinn. Der tschechische Präsident nutzt jede Gelegenheit, um den ehemaligen deutschen Mitbewohnern der böhmischen Länder seine Verachtung ins Gesicht zu schreien.“ Solche Differenzen scheinen angesichts der anhaltenden rechten Erfolgsmeldungen keine Rolle mehr zu spielen. Das Magazin „Der Spiegel“ schreibt in einem Bericht über die Veranstaltung, dass der JF-Autor und „Vereinsvertreter [...] Paulwitz ganz vorn neben dem Rednerpult [saß], er wurde von Stargast Václav Klaus namentlich begrüßt.“ Und auch eine weitere Personalie wird in diesem Beitrag ausführlicher beleuchtet: Alexander Segert.
PR-Strategien nach schweizer Vorbild
Der Chef der PR-Agentur "Goal AG" aus dem schweizerischen Andelfingen ist seit 1995 verantwortlich für die Kampagnen der rechten „Schweizerischen Volkspartei“ (SVP), die in einfacher Bildersprache geeignet sind, Ressentiments zu bedienen, Ängste zu schüren und Feindbilder zu mobilisieren. Nun soll er auch die erste Veranstaltung des „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ organisiert haben. Der in Hamburg aufgewachsene Segert profitiert dabei nicht nur von seiner beruflichen Erfahrung, er blickt ebenso auf eine lange rechte Karriere zurück. In den 1990er Jahren galt er als Anhänger des autoritär organisierten rechten „Verein für Psychologische Menschenkenntnis“. Nach dem Studium ließ er sich von der rechts-konservativen „Schweizerzeit“ anstellen und trat dann selbst der SVP bei. Für diese soll die "Goal AG" die Gratiszeitung „Extrablatt“ gestaltet haben. Eine namensgleiche Zeitschrift tauchte auch in den zurückliegenden Landtagswahlkämpfen in Deutschland auf und warb darin für die AfD. Herausgegeben und redaktionell betreut wurde sie vom Web-Administrator des AfD-LV-Bayern sowie ehemaligen Schatzmeister der Partei in Franken Josef Konrad. Er betrieb zu diesem Zeitpunkt die Internetseite des späteren „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“, der verantwortlich für die während des Wahlkampfes verteilte Publikation war. Josef Konrad ist darüber hinaus Geschäftsführer der seit dem 10. Februar 2016 mit Sitz in Leipzig im Handelsregister eingetragenen AfD-nahen „Polifakt Medien GmbH“. Diese Personalie machte es wenig glaubhaft, dass die Partei selbst nichts von den unterstützenden Aktivitäten rund um die Wahlkämpfe wusste. Um aber weiteren Überprüfungen einer vermuteten illegalen Parteienfinanzierung vorzubeugen, tat die AfD das, was sie häufig macht, sobald sie in Bedrängnis gerät: Leugnen. Darüber hinaus zeichnete in den nachfolgenden Wahlkämpfen nur der damals noch zu gründende Verein für die kostenintensiven Gratispublikationen, Plakatwände und Inserate mit einer Wahlempfehlung für die AfD verantwortlich. Paulwitz und Bendels übernahmen die vormaligen Posten von Konrad, und dieser kann sich mit der Internetseite von Polifakt wieder auf die öffentliche Begleitung der AfD beschränken.