Frankreich: Razzia gegen die PNFE
In Frankreich sind 49 Mitglieder und UnterstützerInnen der militanten neonazistischen "Parti Nationaliste Français et Européen" (PNFE) im Zuge einer polizeilichen Razzia im Februar 1990 festgenommen worden.
Die PNFE entstand als eine Abspaltung der 1983 gegründeten neonazistischen "Parti Nationaliste Français" (PNF). Die Durchsuchungen, die zweite ihrer Art, fanden im Zusammenhang mit einer Serie von Sprengstoffanschlägen gegen Unterkünfte von MigrantInnen und die Zeitung „Globe“ statt.
Die Polizeiaktion richtete sich auch gegen die extrem rechten Polizeibeamten, Philippe C., Daniel L., Daniel S., Nicolas G. und Patrick R. , die sich im rechten „unabhängigen Berufsverband“ der Polizei „Fédération professionnelle indépendante de la police“ (FPIP) bewegten1 . Die neonazistischen Anschläge von 1988 betrafen sogenannte „Bauerbeiterheime“ der Sonacotra („Societe nationale de construction pour les Travailleurs Algeriens") in Cannes mit vier Verletzten, ein weiteres in Cagnes-sur-Mer mit einem Toten und zwölf Verletzten und das Magazin "Globe".
Unter den Mitglieder der FPIP welchen eine Beteiligung an den Anschlägen vorgeworfen, ist der Polizeiinspektor Serge Lecanu (alias Daniel L.) der Generalsekretär des FPIP und gleichermaßen bei der PNFE aktiv ist. Die FPIP hat ihre Mission so umschrieben: »All das Wissen des Berufes zu nutzen, um unsere Ideen siegen zu lassen«.
Kürzlich wurde bekannt, daß die Beschuldigten eine Gruppe bildeten, um linke Gruppierungen und AntifaschistInnen auszuspionieren. In ihrer Korrespondenz nannten sie sich „SS“ für „Service de Sécurité“. Die Gruppierung sei unterstützt worden durch Philippe C. ("Untersuchungsgruppe"), Daniel S. ("Dokumentationsgruppe"), Daniel L. ("Schutzgruppe") und Patrick R. ("Sportgruppe")2 . Ihr Chef, Serge Lecanu, ist nun vorerst verhaftet, doch der Polizei-Berufsverband ist weiter aktiv. Die französischen Behörden sprechen davon, daß die FPIP von sieben Prozent der Polizisten unterstützt werden. Ihr Netzwerk scheint zumindest weitreichend zu sein. Einer der Beschuldigten äußerte öffentlich: »Ich habe gewußt, daß die Durchsuchungen kommen«.
Die PNFE rekrutiert ihre Anhänger ansonsten auch aus klassischen Neonazi-Skinhead Gruppierungen, um Musikgruppen wie „Legion 88“ (Paris) und „Bunker 84“, die auch an Übergriffen auf MigrantInnen beteiligt gewesen sein sollen. Der PNFE-Funktionär Claude Cornilleau soll mit dem Holocaust-Leugner Ernst Zündel (Kanada) in Kontakt stehen und möglicherweise längerfristig den Aufbau eines Vertriebsstützpunktes für dessen Propaganda in Frankreich planen.
- 1Nachtrag: Vor dem Schwurgericht des französischen Département Alpes-Maritimes müssen sich ab 1991 auch Claude Cornilleau (der Führer der PNFE) und Serge Lecanu (ehemaliger Leiter der Sicherheit der PNFE) im Prozess wegen der Angriffe auf Sonacotra-Häuser verantworten. Das Gericht hat in der Sache Gilbert Hervochon, Nicolas Gouge, Philippe Lombardo, Serge Bayoni und Georges Cassar angeklagt. (Vgl.: L'Humanité: "SONACOTRA: DEUX NON-LIEU", 25. Januar 1991)
- 2Vgl.: L'Humanité; Jean Chatain: "CONFIDENTIEL", 2. Februar 1990