Teil-Niederlage für Reinhard Rade
Ende August 2018 verkündete die Zivilkammer des Landgerichts Leipzig sein (mittlerweile in der nächsten Instanz angefochtenes) Urteil in einem Verfahren, das der Leipziger Reinhard Rade gegen das Antifaschistische Infoblatt (AIB) wegen „Unterlassungsansprüchen“ geführt hatte. Er wollte so Berichte über ihn in den AIB-Artikeln „Bewaffnete Neonazis im Ausland“ und „Rechte Glücksritter in Ostdeutschland“ juristisch unterbinden lassen.
(Erscheinungsdatum 15.12.2018, modifiziert nach Rechtsstreit 09.05.2019)
Laut dem Urteil darf das AIB nun nicht weiter publizieren, wo Rade als Jugendlicher aktiv gewesen sein soll. Im Übrigen wurde seine Klage abgewiesen. Dem Urteil des Landgericht Leipzig nach hatte Reinhard Rade auch keinen Anspruch auf Unterlassung von Tatsachenbehauptung aus Anfang der 1980er Jahre. Das Leipziger Gericht urteilte: „Aus der vorgelegten Kopie ergibt sich danach eindeutig, dass der Kläger tatsächlich (...) war.“ Außerdem ergibt sich laut Gericht ein „Aktualitätsbezug“ aus den in dem betreffenden AIB-Artikel erwähnten „Immobiliengeschäften des Klägers von nicht unerheblichem Umfang sowie seiner unbestrittenen Teilnahme an (zumindest) einer Legida-Demonstration (...)“. Es kommt zu dem Schluss: „Gerade bei Personen, die aktuell in politisch kontrovers diskutierten und teilweise als gewaltbereit empfundenen Kreisen verkehren, ist eine (...) – hier noch dazu im Kontext mit Kontakten zum Söldnermilieu – durchaus relevant für die öffentliche Meinungsbildung.“
Hier wird auch die Teil-Niederlage Rades deutlich. Rade hat gegen das AIB keinen Anspruch auf Unterlassung der Aussage, dass er früher im rechten Söldnermilieu aufgefallen sein soll. Das AIB weist laut Urteil „durch die gewählte Formulierung ausreichend darauf hin, dass behauptet werde, der Kläger sei im rechten Söldnermillieu aufgefallen.“ Hierfür wurden „sorgfältig recherchierte Anknüpfungstatsachen dargelegt, die die Annahme dieser Möglichkeit rechtfertigen“. Die vom AIB „recherchierten Hinweise stammen aus verschiedenen Quellen aus Deutschland und Österreich, die unabhängig voneinander berichtet haben und entsprechen damit journalistischer Sorgfalt.“
Bezüglich eines „Abenteuerurlaubs“ im Ausland kommt das Gericht in seinem Urteil zu dem Schluss: „Die Mitnahme einer Heckler und Koch, also einer Kriegswaffe, legt die Möglichkeit nahe, dass diese gerade nicht (nur) für die Jagd, sondern (auch) kriegerisch gegen Menschen eingesetzt werden sollte. Hinzu kommt die vom Kläger nicht bestrittene langjährige Zusammenarbeit mit Nicolas Peucelle, für dessen – ebenfalls unbestritten gebliebenes – Mitwirken in der französischen rechten Szene sowie in einer sogenannten „freiwilligen Interventionsgruppe“ in Bosnien und Herzegowina erhebliche Anhaltspunkte vorgetragen wurden. Der langjährige Umgang mit einer Person der rechten Szene, die sich im Ausland an einer „freiwilligen Interventionsgruppe“ beteiligte, stellt ein weiteres Indiz für Kontakte des Klägers zum rechten Söldnermilieu dar."
Update
Der Rechtsstreit Reinhard Rade gegen das Antifaschistische Infoblatt (AIB) wurde in der Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Dresden am 26. April 2019 durch einen Vergleich beendet. Das Antifaschistische Infoblatt verpflichtet sich, Informationen über Aktivitäten Rades Anfang der 1980er Jahre zu berichten. Die von Rade ebenfalls angegriffene Berichterstattung darüber, dass Rade früher im rechten Söldnermilieu aufgefallen sein soll, darf allerdings aufrechterhalten werden. Die Richter_innen des OLG Dresden hatten Bedenken geäußert, dass eine Berichterstattung über ein Geschehen Anfang der 80er Jahre unabhängig vom Wahrheitsgehalt nicht rechtmäßig sei. Da der Schwerpunkt der Berichterstattung ohnehin auf anderen Aktivitäten Rades beruht und diese aufrechterhalten bleiben darf, konnte das AIB diesen risikomindernden Vergleich eingehen.
(Mehr Informationen finden sich auf der Homepage von Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, der das AIB vor Gericht vertrat:
www.anwalthoffmann.de: "Bericht über lang zurückliegende Aktivitäten kann rechtmäßig sein. Landgericht Leipzig 08 O 1918/17, Urteil vom 24.08.2018 (nicht rechtskräftig)", 6. September 2018.)