profem* Broschüre für sexuelle Selbstbestimmung, Vielfalt und Gendergerechtigkeit
Rebekka Blum, Jennifer Degner-Mantoan, Tanja Gäbelein & Viktoria RöschEine der Konfliktlinien unserer Zeit sind Diskurse, gesellschaftliche Auseinandersetzungen und Verwerfungen rund um das Thema Gender. Vor allem die Angriffe von rechts gegen emanzipative Entwicklungen und deren weite Unterstützung weit in die Mitte und Mehrheitsgesellschaft hinein. Kaum ein Tag vergeht, an dem es nicht zu Übergriffen auf LGBTQIA+ kommt. Körperliche Angriffe sind dabei nur die Spitze des Eisbergs, die mehrheitsgesellschaftliche Infrage-Stellung von Gendergerechtigkeit und das Ablehnen von sexueller Selbstbestimmung in Zusammenwirkung mit anderen rechten Ideologieelementen ist dabei der Nährboden.
Erfreulicherweise gibt es im Feld der politischen Bildung und Sozialen Arbeit derzeit einige Projekte, die das Thema aufgreifen und emanzipatorische Angebote und Materialien dagegen entwickeln. Die vorliegende Handreichung ist ein Teil davon.
Die Handreichung hat acht Grundlagentexte, die durch Interviews mit lokalen (Hamburg) Initiativen und einen Serviceteil mit Glossar am Ende ergänzt werden. Hilfreich ist, dass die Autor*innen jeden ihrer Texte mit Hintergrund-Informationen ergänzen, in denen komplexere Sachverhalte und spezielle Begriffe direkt erläutert werden. Die Texte beschäftigen sich mit Antifeminismus als eigenständiger Ideologie (besonders interessant das Schaubild des „Antifeminismus-Baumes“, der Geschlechter- und Familienordnung (die auf dem infrage zustellenden Ideal einer „weißen, heterosexuellen Mehrkind-Familie“ basiert) und dem Thema Schwangerschaftsabbrüche und der Auseinandersetzung mit einer selbsternannten „Lebensschutzbewegung“. Weitere Texte beschreiben internationale Männerrechtsnetzwerke und Erscheinungen wie „Pick-Up-Artists“ Incels, antisexistischen Nationalist*innen (die u.a. versuchen ihren Rassismus als Antisexismus darzustellen), Angriffe gegen vielfältige Sexualpädagogik (antifeministischer Kampfbegriff: „Frühsexualisierung“) und Antifeminismus als Scharnier zwischen rechten und konservativen Akteur*innen. Die Perspektive ist dabei immer eine klar
feministische und antifaschistische, da die Autor*innen u.a. Teil des femPI-Netzwerkes (feministische Perspektiven gegen die (extreme) Rechte) sind.
Der durch die sehr vielfältigen Interviews hergestellte lokale Bezug ist auch für nicht-Hamburger*innen lesenswert, da die Interviewpartner*innen aus verschiedenen Initiativen und Beratungsprojekten stammen, die es so oder ähnlich auch in anderen Städten/Regionen geben dürfte und damit auch die gestellten Herausforderungen in der Praxis bzw. die Angriffe gegen solche Projekte. So berichten z.B. Sexualpädagog*innen, die in Kita‘s tätig sind, über ihre Arbeit dort, oder eine Beratungsstelle für Betroffene von queerfeindlichen Übergriffen über ihre alltäglichen Herausforderungen. Alles in allem ergänzen die Interviews, die Texte mit Einblicken in eine pädagogische / bildungspolitische Praxis.
Die Handreichung ist sehr zu empfehlen. Die Texte sind leicht zugänglich und verständlich. Komplexe Begriffe werden erläutert und ein universitärer Sprachgebrauch vermieden. Ideal zur Auslage beim nächsten Antifa-Jugendkongress, dem Infoladen oder wo sonst aktuelle, niedrigschwellige Materialien mit klarer Haltung zum Thema gebraucht werden.
Rebekka Blum, Jennifer Degner-Mantoan, Tanja Gäbelein & Viktoria Rösch
profem* Broschüre für sexuelle Selbstbestimmung, Vielfalt und Gendergerechtigkeit
2022 (zweite Auflage: 2023), 54 Seiten
Kostenlos als PDF und zu bestellen unter: www.bildungsarbeit.org/project/profem-broschuere-fuer-sexuelle-selbstbestimmung-vielfalt-und-gendergerechtigkeit