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AfD-Wahlkampfspenden aus der Schweiz

Conle Weidel
(Bild: Montage AIB mit Foto C.Ditsch)

Der Miet-Mogul und seine Strohmänner

Sackgasse steht auf dem provisorischen Schild beim Einbiegen in eine Zürcher Straße. Ich folge trotzdem dem Straßenverlauf bis zur nächsten Kreuzung. Links befindet sich eine hohe Mauer, dahinter – gut fünf Meter höher – ein professionell gestalteter Garten samt Villa. Rechts stehen einige Autos auf blau markierten, öffentlichen Parkplätzen. Auf der digitalen Karte meines Smartphones geht die Straße an der Kreuzung noch ein Stück weiter, und doch stehe ich nun vor einem Hinweis, auf dem „Privatstrasse“ steht. Auf diesem Abschnitt befindet sich ganz hinten links der Eingang zu Henning Conles Villa. Beide Klingelschilder sind mit „K. Mustermann“ beschrieben. Am Gittertor der Villa gegenüber – die sein Sohn Henning Conle Junior bewohnt – wird auf Französisch vor dem „chien méchant“, dem „bösen Hund“ gewarnt.

Verschleierte Spenden

Mediale Aufmerksamkeit bekam der Immobilien-Milliardär Conle Senior erstmals 2017, als er der AfD illegal Wahlkampfspenden aus dem Ausland zukommen ließ. Um seine Identität zu verschleiern, erfolgten die Zahlungen von insgesamt 150.000 Franken über einen Drogeristen. Dessen Apotheke liegt keine 400 Meter entfernt von Conles Villa.

Zur Unterstützung der AfD bei der Bundestagswahl 2025 soll der Zürcher Immobilienmogul nun deutlich tiefer in die Tasche gegriffen haben. Demnach erhielt der FPÖ-Funktionär Gerhard Dingler aus dem österreichischen Vorarlberg im Dezember 2024 eine vermeintliche Schenkung über 2,6 Mio. Franken. Anschließend soll dieser knapp 2,35 Millionen Euro an eine Kölner Werbefirma überwiesen haben, um eine Plakatkampagne der AfD zur Bundestagswahl zu finanzieren.1

Mehr als 6.000 Plakate – im Gegensatz zum offiziellen Auftritt der Partei in grellem Gelb gestaltet – sollten der AfD im Endspurt des Wahlkampfes helfen. Anfang Februar 2025 meldete die AfD der Bundestagsverwaltung die Summe als Wahlkampfspende Gerhard Dinglers. Es war die größte Einzel­spende des Wahlkampfes. Nun ermitteln österreichische Behörden wegen des Verdachts auf verdeckte Parteienfinanzierung.2
Während ihm die öffentliche Aufmerksamkeit äußerst unangenehm sein dürfte, fällt die Höhe der Wahlkampfspende beim Reichtum des 81-jährigen Conle kaum ins Gewicht. Er gehört zu den reichsten Menschen in der Schweiz. Allein in der Alpenrepublik besitzt er etwa 2500 Mietobjekte, die er über seine Immobilienfirma "Miwo AG" verwalten lässt.3

Reich auf Staatskosten?

Henning Conle hat sich für zehntausende Franken die Schweizer Staatsbürgerschaft gekauft.3 Ursprünglich kommt er aber aus Duisburg. Sein Vater Heinrich August Conle saß dort für die SPD im Rat der Stadt. Gemeinsam mit seinem Bruder Kurt Conle betrieb er ein Architekturbüro, das durch den Bau von Schulen, Krankenhäusern und Verwaltungsgebäuden – also öffentliche Aufträge – vermögend wurde. Die Stadt Duisburg wurde zwischen 1948 und 2004 ausschließlich von SPD-Oberbürgermeistern regiert.

Darüber hinaus profitierten die Conle-­Brüder auch vom sozialen Wohnungsbau und zogen nicht nur in Duisburg-Ruhrort und Mühlheim entsprechende Siedlungen hoch. Dabei sollen sie das Land Nordrhein-Westfalen mit falschen Abrechnungen um eine halbe Million D-Mark betrogen haben. Das gegen sie geführte Verfahren endete jedoch mit einem Freispruch, nachdem Kurt Conle 1966 verstarb und wesentliche Vorwürfe nicht mehr zu überprüfen waren.

Schlimmer geht immer

Henning Conle hat ein riesiges Immobilienportfolio von seinem Vater geerbt und stetig ausgebaut. Insbesondere in deutschen Großstädten hat er tausende Wohnhäuser – oftmals unsanierte Altbauten – gekauft. In Städten wie Berlin, Magdeburg oder Leipzig erwarb er nach dem Fall der Mauer für Spottpreise Immobilien ehemaliger Staatsbetriebe. Gemäß „Berliner Zeitung“ soll er auch dafür einen Strohmann benutzt haben. Demnach habe er diesen in den zuständigen Betrieb geschleust und durch ihn die Bewertung der Immobilien manipulieren lassen.4

Allein in Hamburg soll er Ende der 1990er Jahre gut 2500 Altbau-Wohnungen besessen haben. Mieter berichteten damals über Schimmel, Ratten und Wassermassen, die sich bei Regen durch das Treppenhaus ergossen. Und von einem Vermieter, der nur dann handelt, wenn er vom Staat dazu gezwungen wird.5

In den Google-Rezensionen seiner Zürcher Verwaltungsfirma Miwo AG klingt es erschreckend ähnlich: Mieter beschweren sich dort, dass die Verwaltung kaum erreichbar sei und selbst bei Rattenbefall nichts unternehme.

Neben unzähligen Mietskasernen und einigen Prestigebauten – etwa in London – besitzt Henning Conle ein Geflecht aus Firmen und Anstalten in Deutschland, Österreich, England, der Schweiz und dem Fürstentum Lichtenstein. Sein Lebensmittelpunkt ist aber Zürich. Das geht aus den Flugdaten seines Privatjets hervor, der die meiste Zeit auf dem Kleinstflughafen im süddeutschen Bremgarten, in der Nähe von Freiburg steht.

Gönner des Rechtspopulismus

Den Kontakt zur AfD suchte er offenbar schon zu Zeiten, als Frauke Petry noch Bundessprecherin der Partei war. Um auszuloten, wie er der Partei unerkannt Geld zukommen lassen könnte, sei er damals extra nach Leipzig geflogen. Angeblich wollte Petry ihm damals jedoch nicht die Hand zur verdeckten oder gar illegalen Parteienfinanzierung reichen. Unter AfD-Führern wie Jörg Meuthen und Tino Chrupalla wurde hingegen nach Mitteln und Wegen gesucht, seine Gönnerschaft in Anspruch zu nehmen, ohne ihn dabei ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen.

Besonders wichtig scheint ihm dabei die Unterstützung – der ebenfalls in der Schweiz lebenden – AfD-Politikerin Alice Weidel zu sein. Bereits 2017 wurden seine Zahlungen an ihren AfD-Kreisverband Bodensee überwiesen. Im Betreff hieß es damals „Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedia“.

Namentlich in der Schweiz hat der Immobilien-Milliardär Kontakte zu rechten Politikern aufgebaut. Spitzenpolitiker der rechtspopulistischen „Schweizerischen Volkspartei (SVP)“ wurden von ihm und seinem Sohn Henning Conle Junior mehrfach zu Abendessen nach Stäfa und Küsnacht eingeladen. Die Villen an der „Goldküste“ des Zürichsees gehören zu den vornehmsten und teuersten Wohnlagen des Landes. Mindestens seit 15 Jahren finden diese Treffen statt. Im Herbst soll er dabei gern Hirsch auftischen, angeblich selbst geschossen.4 Das passt insofern, als Conle im österreichischen Klagenfurt auch eine Waffenschmiede für Jagdwaffen und ein eigenes Jagdgut besitzt.

Der für die Parteifinanzen zuständige SVP-Nationalrat Thomas Matter war bei solchen Treffen vor Ort. Und mit Albert Rösti war vor einigen Jahren sogar der damalige SVP-Präsident zu Gast. Rösti ist heute Bundesrat, also Mitglied der Schweizerischen Landesregierung.3
2017 sponsorte der Milliardär das 100-jährige Jubiläumsfest der Zürcher SVP. Dafür wurde ihm in der Parteizeitung gedankt. Zudem gehöre er – gemäss Aussagen ihres ehemaligen Herausgebers Ulrich Schlüer – zu den Gönnern der „Schweizerzeit“, einer SVP-nahen, national­-konservativen Zeitung. Der etwa gleich alte, ehemalige SVP-Nationalrat Schlüer gibt an, sich mit Conle intensiv über Politik unterhalten zu haben. Man sei sich in vielem einig gewesen, so der ehemalige Mitstreiter der „Arbeitsgruppe südliches Afrika (ASA)“, die sich in den 1980er Jahren für das Apartheidsregime engagierte.

Mehr Ärger als Nutzen

Die AfD hat der Verwaltung des Deutschen Bundestags kürzlich 2,35 Millionen Euro überwiesen. Also exakt die Summe, die sie als Wahlkampfspende Gerhard Dinglers angegeben hatte. Damit möchte sie offenbar der Strafe wegen eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz entkommen. Sie hätten das Geld bei der Bundestagsverwaltung geparkt, „damit wir keine doppelte oder dreifache Strafe zahlen müssten, falls sich zu unseren Ungunsten Fakten ergeben würden“, so AfD-Schatzmeister Carsten Hütter.6

Wie schon acht Jahre zuvor brachte das Geld des Immobilien­-Moguls der Rechtspartei letztlich mehr Ärger als Nutzen. Zumindest dort, wo seine Zuwendungen der Öffentlichkeit bekannt wurden.