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Finanzströme der AfD

Dr. Gerd Wiegel (Gastbeitrag)
Einleitung

Die Frage nach der Finanzierung der AfD spielt in antifaschistischen Diskussionen immer wieder eine Rolle, oft verbunden mit der Vermutung, hier seien potente Geldgeber im Hintergrund tätig, die die Partei finanziell ausstatteten, um sie ihren Interessen dienstbar zu machen. „Hinter dem Faschismus steht das Kapital…“, diese alte aber nicht falsche historische Parole wird häufig auf die AfD angewandt, ohne jedoch genauer geprüft zu werden.

Issmer AfD
(Bild: Screenshot: YoutTube(SpiegelTV); hartmutissmerfanclub7442)

Hartmut Issmer diskutiert am Rande einer rechten Kundgebung mit der „Lügenpresse“.

Historisch standen wichtige Teile des Kapitals auf Seiten des Faschismus. Aber, wie wir heute wissen, zu größeren Teilen erst ab einem bestimmten Zeitpunkt. Wichtige Teile des Kapitals verbündeten sich mit dem Faschismus, um ihre ökonomischen Interessen im Rahmen des Regimes durchzusetzen. Ideologisch scheinen die verschiedenen Kapitalfraktionen nicht besonders auf den Faschismus festgelegt gewesen zu sein, wenngleich die ablehnende Haltung zur Demokratie und ein militanter Antikommunismus allen eigen waren. 

79 Jahre nach dem Ende des Faschismus haben sich die Einstellungen des Konservatismus, des Bürgertums und auch der meisten Kapitalfraktionen zu Demokratie, politischem Liberalismus und der Rolle Deutschlands in der Welt deutlich verändert. Nicht die Aushebelung der Demokratie und der Griff Deutschlands nach der Weltmacht stehen im Zentrum des Interesses, sondern eine Politik, die die besten Profitmöglichkeiten gewährt, Exportmärkte sichert und für eine Einbettung Deutschlands in den globalen Markt sorgt. 

Je nach Größe und Ausrichtung von Unternehmen und Kapitalfraktionen ergeben sich hier unterschiedliche Schwerpunkte und Erwartungen an die Politik und auch die AfD hat als Partei einer modernisierten radikalen Rechten ein Angebot, das für einige wenige Kapitalfraktionen interessant ist. Welche Rolle spielen aber private Geldgeber für die AfD? Sicherlich keine ganz unwichtige, aber gemessen an den Finanzströmen, die die Partei erreichen, auch keine zentrale. Während bürgerliche Parteien wie CDU/CSU und FDP regelmäßig z.B. aus den Reihen der Automobilindustrie und anderen Branchen auch mal sechststellige Beträge überwiesen bekommen, sehen die Spendeneinnahmen der AfD in der Regel etwas bescheidener aus. 

Drei Einnahmequellen dürften für die Partei von Bedeutung sein. Hinzu kommt eine vierte, die wahrscheinlich wenig Geld einbringen dürfte, politisch aber umso brisanter ist. Die Rede ist von den staatlichen Geldern über die Parteienfinanzierung, den Mandatsträgerbeiträgen über die Umverteilung von Abgeordnetengeldern an die Partei, den privaten Spenden von Vermögenden, Sympathisanten und Firmenbesitzern und schließlich den Gerüchten von Finanzierungen aus dem Ausland, verbunden mit dem Vorwurf der Einflussnahme aus Russland oder China.

Staatliche Gelder

Für die Finanzen der AfD sind die staatlichen Gelder der Parteienfinanzierung zentral. Im aktuellen Rechenschaftsbericht der Partei für das Jahr 2022 machen die staatlichen Gelder 44 Prozent der AfD-Einnahmen aus. Bei allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien ist der Anteil geringer und liegt zwischen 30 und 36 Prozent der Einnahmen. Wollte man also der AfD über das Mittel der Finanzierung zu Leibe rücken, müsste man im Rahmen der aktuellen Verbotsdebatte sehr viel stärker auf die staatliche Finanzierung der Partei zielen. Die Mandatsträgerbeiträge machen nur zehn Prozent der Einnahmen der AfD aus. Auch bei den Mitgliedsbeiträgen liegt die AfD im Vergleich zu den anderen Parteien hinten. Dagegen scheinen die Spenden natürlicher Personen für die AfD relativ wichtig zu sein, immerhin gut 16 Prozent.

Spendengelder

Die AfD wird also nicht vor allem über private Spendengelder finanziert, aber der Posten ist auch nicht unwichtig. Knapp vier Millionen Euro waren das im Jahr 2022. Ausgewiesen werden müssen Spenden oberhalb von 10.000 Euro und keine Spende im aktuellen Rechenschaftsbericht liegt oberhalb von 30.000 Euro Spenden oberhalb von 50.000 Euro müssen der Bundestagsverwaltung sofort angezeigt werden. 

Hier findet sich für das Jahr 2023 eine Großspende an die AfD, die deutlich aus dem Rahmen fällt. Der Bauingenieur Hartmut Issmmer spendete der AfD 265.000 Euro und tätigte damit die größte Einzelspende eines Privatmenschen an eine Bundestagspartei im Jahr 2023. Ismmer ist als rechter Aktivist schon mehrfach in Erscheinung getreten und scheint antisemitisch grundierten Verschwörungsmythen anzuhängen.1 Schon 2020 hatte die AfD ebenfalls eine Spende im sechsstelligen Bereich erhalten: Der Immobilienunternehmer Christian Krawinkel spendete dem Landesverband Thüringen 100.000 Euro. Bei einer solch großen Spende an einen speziellen Landesverband liegt die Vermutung nahe, dass die Unterstützung genau der Ausrichtung dieses von Björn Höcke geführten Verbandes gilt, auch wenn Krawinkel sie später als „schweren Irrtum“ bezeichnete.2 Generell scheinen sich unter den privaten Spendern der AfD zahlreiche kleine und mittlere Unternehmer*innen zu finden, ein Hinweis darauf, für welche Teile der Wirtschaft die AfD von (begrenztem) Interesse ist. Es sind vor allem die Teile, die nicht zuallererst auf die globalen Märkte zielen, die nicht von Exporten abhängig sind und die teils im Gegensatz zur Interessenstruktur der global operierenden Multis stehen. 

Neben diesen angezeigten Spenden wurde die AfD immer wieder auch mit illegalen Parteispenden in Verbindung gebracht. Am bekanntesten war sicherlich der Fall Henning Conle, bei dem ein in der Schweiz lebender Immobilienspekulant mit größeren verdeckten Spenden an die AfD in Erscheinung trat, von denen auch der damalige Parteichef Jörg Meuthen und die Fraktionsvorsitzende im Bundestag Alice Weidel profitiert haben sollen. Auffällig ist, dass es sich sowohl bei Conle als auch bei Krawinkel um Menschen handelt, die ihr Geld mit Immobilien verdienen. Die radikal spekulantenfreundliche Politik der AfD in Sachen Wohnungs- und Mietenpolitik hat diesen Menschen sicherlich gefallen. 

Und dann gibt es auch den Teil der Vermögenden und Reichen, die seit vielen Jahren mehr oder weniger offene Sympathien für die (extreme) Rechte haben und für die die AfD sicherlich ein attraktiver politischer Player sein dürfte. Theo Müller von der bekannten Firma Müller-Milch ist ein solches Beispiel. Am Jahresanfang wurde ein Treffen von Müller mit der Partei- und Fraktionsvorsitzenden der AfD, Alice Weidel, bekannt. In einem Nobelrestaurant im französischen Cannes soll man sich getroffen haben und ganz offen bekundet Müller Zustimmung und Unterstützung für die AfD, die er aber von jedem Verdacht, eine Partei der extremen Rechten zu sein, freispricht. Schon bei den "Die Republikanern" (REP) in den 1980er Jahren und auch bei der NPD gab es Gerüchte, sie würden möglicherweise von Müller unterstützt. Auch wenn Müller bestreitet, dass Geld an die AfD geflossen sei, hat sein Bekenntnis für einigen Wirbel im Unternehmen gesorgt.3

Dennoch sprechen alle bis heute bekannten Tatsachen dagegen, dass die AfD zu maßgeblichen Teilen durch „das Kapital“ finanziert wird. Im Gegenteil: aktuell mehren sich die Stimmen aus der Wirtschaft, die vor einem größeren politischen Einfluss der AfD warnen.4

Ausländische Gelder?

Für viel Wirbel sorgten Hinweise auf Geldflüsse an einzelne bekannte AfD-Politiker aus dem Ausland. Petr Bystron und Maximilian Krah, beide auf Platz eins bzw. zwei der Europaliste der AfD, sollen mit Geldern aus Russland für ihren Wahlkampf versorgt worden sein. Die aktuellen Hinweise stehen in einer längeren Reihe, bei denen immer wieder AfD-Politiker von Russland protegiert worden sein sollen. So soll der Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmeier von russischer Seite als „vollständig unter unserer Kontrolle“ bezeichnet worden sein. Ob es in diesen Fällen zu Geldflüssen gekommen ist und wenn ja, in welcher Höhe, ist bis heute ungeklärt. 

Anders als bei den Millionenkrediten an den "Front National" (FN) geht es aber hier nicht um die Finanzierung der Gesamtpartei, sondern um das Wohlwollen von Politikern einer autoritären Partei in Deutschland, von denen man sich eine apologetische Kommunikation zum Putin-Regime erwartet. Das scheint leidlich zu funktionieren, spielt aber für die Finanzierung der AfD keine größere Rolle.

  • 1

    rnd.de/politik/hartmut-issmer-wer-ist-der-dubiose-afd-grossspender-E3J4XP4CJZEEFNXJRD65VDJZ6Q.html

  • 2

    fr.de/wirtschaft/parteienfinanzierung-spenden-afd-groesste-geldgeber-rechte-partei-euro-zr-92902007.html

  • 3

    faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/treffen-mit-alice-weidel-fuehrt-zu-ruecktritt-im-imperium-von-theo-mueller-19610902.html

  • 4

    familienunternehmer.eu/presse-news/pressemitteilungen/detail/article/wirtschaftspolitik-der-afd-richtet-sich-gegen-die-interessen-der-familienunternehmen-und-ihrer-beschaeftigten.html