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Antifa Demonstration zu Hetendorf

Einleitung

Antifa Demonstration "Kampf der „Wiking-Jugend“" im Landkreis  Hetendorf.

Hetendorf Antifa Demo

Wie jedes Jahr wollte die neonazistische „Wiking Jugend“ (WJ) auch dieses Jahr ihr Herbstlager auf dem Gelände des Hamburger „Freundeskreis Filmkunst“ in Hetendorf abhalten. Aktuell wird die WJ von Bundesführer Wolfgang Nahrath (Stolberg) und Bundesmädelführerin Hildrun Biber (Salzgitter) geleitet. 

Der am 1. April 1962 in Hamburg gegründete FKFK – damals gemeinnützig - führte schwerpunktmäßig in den 1970er und 1980er Jahren geschlossene Filmveranstaltungen durch, bei denen Spielfilme gezeigt wurden, die während der NS-Zeit entstanden sind. 1980 führte das Finanzamt für Körperschaften in Hamburg beim FKFK für das Jahr 1978 eine Betriebsprüfung durch. Dabei wurde bekannt, dass der Verein Spielfilme aufgeführt hatte, die nach der Benutzerordnung für das Bundesarchiv nur zur Vorbereitung von Veröffentlichungen, die der Erziehung, Volksbildung, Kunst oder Unterrichtung der Öffentlichkeit (publizistische Nutzung) dienen, hätten benutzt werden dürfen. Entgegen den Verleihbedingungen seien die Filme ausschließlich für kommentarlose Filmvorführungen benutzt worden.

1978 erwarb der Verein zwei Drittel der Anteile am Gebäudekomplex „Hetendorf 13“ in Niedersachsen von der Bundesvermögensabteilung, das andere Drittel erwarb ein weiterer Verein aus dem Vereinsgeflecht von Neonazis Jürgen Rieger die „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“ (GFBAEV).

Das Lager sollte in den Herbstferien vom 3. bis 10. Oktober 1987 stattfinden. Bei solchen Lagern werden Jugendliche und Kinder in neofaschistischem Gedankengut geschult. Auf dem Programm stehen das Absingen von NS-Liedern und paramilitärische Übungen, wie Handgranaten werfen, Umgang mit Kleinkaliberwaffen etc. Mit Gepäckmärschen und Manöver-Spielen wird den Jugendlichen von klein auf militärischer Gehorsam und Disziplin eingeimpft. Die WJ ist eng mit der NS-Szene verknüpft. Beim WJ-"Bundesthing" 1987 in Hetendorf wurde z.B. Jürgen Mosler von der FAP in den WJ-Ältestenrat gewählt.

Doch diesen Herbst sollte dies durch eine Blockade des Geländes in die Öffentlichkeit gerückt werden. Im Zusammenhang mit einer Veranstaltungsreihe in Norddeutschland und West-Berlin sollte ein neuer Abschnitt autonomer Antifa-Politik versucht werden: Die Aufdeckung und der direkte Angriff auf die Infrastruktur der Neonazis. Zu lange schon konnten die WJ, FAP und viele andere europäische (Neo)Faschisten dort ungehindert ihre Übungen zusammen mit der dort ansässigen „Wehrsportgruppe Jürgens / TENO“ abhalten.

Dies sind nur einige der Gründe, warum sich circa 400-500 AntifaschistInnen aus weiten Teilen der BRD und West-Berlin am 3. Oktober von Hermannsburg aus, einem Ort der sechs Kilometer vor Hetendorf liegt, zum Gelände des „Freundeskreises Filmkunst“ auf den Weg machten. Am Ortseingang wurden sie bereits von der ersten Polizeisperre aufgehalten. Nach kurzer Verhandlung durften sie die Sperre passieren und stellte an dem vereinbarten Ort ihre Fahrzeuge ab, um dann zu Fuß (Polizeiauflage) zum Gelände zu gehen. Doch circa einen Kilometer vor dem Gelände wurden sie von einer zweiten Sperre aufgehalten. Dort sollten sich alle DemonstrantInnen auf Waffen und Gegenstände, die zur Vermummung geeignet sind, durchsuchen lassen. Da jedoch schon am frühen Morgen circa 20 Leute in Celle von etwa 30 Neonazis zusammengeschlagen wurden - es gab einen Schwerverletzten - weigerten sich die DemonstrantInnen verständlicherweise. Nachdem erfolglos versucht wurde mit Nachdruck durch die Sperre zu gelangen und die Polizei ebenso erfolglos versuchte eine Frau festzunehmen, zogen sich die AntifaschistInnen zurück, um in Gruppen die neue Situation zu beratschlagen.

Es wurde beschlossen zurück nach Hermannsburg zu fahren und dort eine Spontan-Demonstration durchzuführen. Doch nach einem Zwischenfall mit provozierenden Zivilbeamten der Polizei wurden die DemonstrantInnen kurz vor Hetendorf von 400 bis 500 Bereitschaftspolizisten eingekesselt. Original-Ton vom Polizeihubschrauber: „Sie können nach einer kurzen Durchsuchung den Ort ungehindert verlassen.“ Alle anwesenden AntifaschistInnen, Autonome, Grüne und VVN wussten was diese Totalerfassung für sie bedeutet und weigerten sich. Gut bewacht von Hunde- und Reiterstaffeln, sowie Hubschrauber und Bodenpersonal, verbrachten die Leute den Tag im Kessel in der braunen Heide. Kurz vor Anbruch der Dunkelheit verzichtete die Polizei dann auf Personalienkontrolle und die Erfassung mit Photos.

Die Eingekesselten diskutierten diese neue Situation und setzten durch, dass die Fahrzeuge ohne eine Person am Steuer durch die Sperre geschoben werden. Bei der konfus durchgeführten Durchsuchung fanden sich lediglich zwei Dosen Tränengas, deren Besitzer eine zusätzliche Personalienfeststellung über sich ergehen lassen mussten.

Das Lager der WJ war kurzfristig an einen anderen Ort verlegt worden, wie die Bezirksregierung Lüneburg „unter Berufung auf zuverlässige Informationen“ bekanntgab. Dennoch begaben sich circa 15 PKWS im Laufe des Tages auf das Gelände. Wohl kaum, um den von dort aus startenden Polizeihubschrauber zu bewundern.

Dass das Treffen der WJ umorganisiert werden musste, und nur verkürzt statt finden konnte, wurde vom überwiegenden Teil der DemonstrantInnen als Erfolg gewertet. Die Grünen des Landkreises weigerten sich gegenüber der Presse und der Polizei, sich von den Vorfällen bei denen ein Zivilbeamter verletzt worden sei - zu distanzieren. Es hieß gar, der Kreisverband der Celler Grünen akzeptiere autonome Gruppierungen und nach Meinung eines Sprecher sei eine solche Verletzung zwar bedauerlich, jedoch das Berufsrisiko eines jeden Polizisten.