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„Deutsche Liga“ auf NS-Kurs

Einleitung

Im Netzwerk der „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ (DLVH) kracht es an allen Ecken und Enden. Das Anfangs hochgelobte Projekt einer neuen „Einheit aller Rechten“ ist offenbar gescheitert.

Der DLVH-Kandidat Helmut Wandke (2.v.l) bei einer Wahlkampf-Veranstaltung im November 1993 in Sachsendorf.

Die 1991 neu gegründete Partei „Deutsche Liga für Volk und Heimat" (Deutsche Liga) ist aus dem Verein „Deutsche Allianz — Vereinigte Rechte" hervorgegangen.1 Das Netzwerk trat auch unter der Bezeichnung „Förderverein Vereinigte Rechte" aus Landshut auf.2 Ziel der Partei und des Vereins sei die „Nationale Sammlung" und „Einigung des rechten Lagers". Zu den drei gleichberechtigten "Deutsche Liga"-Vorsitzenden wurden Harald Neubauer, Jürgen Schützinger und Rudolf Kendzia gewählt. Der offizielle Vereinssitz bzw. die Bundesgeschäftsstelle saß Anfang 1992 in Berlin und dürfte von Rudolf Kendzia betreut worden sein. Im Bundesvorstand waren weiterhin Peter Recknagel (Organisationsleiter), Franz Glasauer (Generalsekretär), Jürgen Doderer (Finanzen), Martin Mussgnug (Rechtsabteilung), Markus Beisicht (Parlamentskoordination), und Walter Seetzen (Leiter Arbeitskreise) tätig.

Streit in Berlin/Brandenburg

Im Oktober 1993 setzte der Bundesvorstand den Berlin-Brandenburger Vorstand um Frank Schwerdt aus Berlin-Heiligensee kurzerhand ab und beauftragte den Kähnsdorfer Rentner Peter Gillian kommissarisch mit dem Amt. Der auch als "Deutsche Liga" (DL) auftretende Landesverband Berlin-Brandenburg wird jetzt vom bisherigen stellvertretenden Landesvorsitzenden Gillian geführt. Der Grund lag in der Anwerbung des (Ex) Vorsitzenden der verbotenen „Deutschen Alternative“ Frank Hübner für die offene DL-Wahlliste bei den Cottbuser Kommunalwahlen. Auf einem außerordentlichen Bundesparteitag im hessischen Pfungstadt wurde die Absetzung Schwerdts durch den Bundesvorstand bestätigt. Dieser Schritt veranlasste auch weitere einflussreiche Mitglieder der DL-Berlin aus der Partei auszutreten. Karl-Heinz Panteleit - der als Vorsitzender des einflussreichsten Vorpostens der Liga in Berlin, dem „Hoffmann von Fallersleben Bildungswerk“ genannt wird - erklärte seinen Austritt aus Ärger über den Bundesvorstand und seinen Abgrenzungskurs gegenüber den Nationalsozialisten.3

Der Parteifunktionär Jürgen Schützinger wandte sich in einem Brief an die Potsdamer Landesregierung und verlangte von höchster Stelle, eine Kandidatur Hübners auf der Liste der „Deutschen Liga“ zu verhindern. Den »sauberen« Berliner Nationalsozialisten und (Ex) DL-Mitgliedern, gelang es neben Hübner (2,7 Prozent) auch den 40-ährigen Helmut Wandke aus Peitz für eine Kandidatur zu gewinnen. Wandke erhielt zwar 3,8 Prozent bei den Wahlen und einen Gemeinderatsposten, doch stellte die Polizei umfangreiches Diebesgut bei ihm sicher. Beschlagnahmt wurden Telefone, Fax-Geräte, Computer, Kopierer, Drucker und weiteres Büromaterial. Alles stammte aus zwei Einbrüchen.

Lutherstadt Wittenberg: DL-Kreisvorsitzender wollte PDS-Versammlung in die Luft sprengen

Mitglieder der DLVH sind in das Anti-Antifa-Netzwerk der Neonazis verstrickt. Im anhaltinischen Wittenberg wollte der Parteiaktivist Andreas Mattheus gleich eine ganze Parteiversammlung der PDS in die Luft jagen. Doch dem 30-jährigen Kreisvorsitzenden der „Deutschen Liga“ explodierte die Mischung in der eigenen Wohnung, der anwesende DL-Kreis-Geschäftsführer Marko Burdukat wurde leicht verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, Mattheus und der Tatverdächtige Marko St. sitzen in Untersuchungshaft.

Hätte die Wittenberger PDS nicht schon Anfang Januar 1994 die Presse über Neonazi-Umtriebe in ihrer Stadt informiert, wäre die »fahrlässigen Herbeiführung einer Explosion« (so der Tatvorwurf) ohne öffentliches Nachspiel geblieben. Eventuell wären auch Mattheus' Aussagen, daß er eine Versammlung der PDS mit ihrem Vorsitzenden Lothar Bisky in die Luft jagen wollte, nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Der (angetrunkene) Mattheus endete im Verhör mit »Heil Hitler«, die PDS wurde erst einige Tage später informiert. Trotz dieser eindeutigen Ermittlungslage wurde verlautbart, dass kein politischer Hintergrund zu erkennen sei.

Doch da spielte die Wittenberger PDS nicht mit: Sie hatte schon drei Wochen vor der Explosion über die Umtriebe der DL in der Lutherstadt berichtet und die Presse auf eine Veröffentlichung des Antifaschistischen Infoblattes (AIB) hingewiesen (Nr. 22). Aus den dort zitierten Gründungsprotokollen des DL-Kreisverbandes Wittenberg ging hervor, daß Mattheus durch Boten des Bundesvorstandes der DL (Peter Liebchen und Bruno Brassat) angeworben und von der Berliner DL unter Leitung von Frank Schwerdt, betreut wurde. Peter Liebchen war 1992 Beisitzer im DL Vorstand von Baden Württemberg. Weiterhin belegten die Gründungsprotokolle, dass schon damals Gewalttaten und Wehrsportübungen ein Thema waren. Verbindungen bestanden zum Rudower Schriftführer der „Berlin-Brandenburger-Zeitung“ (BBZ) der „Die Nationalen e.V.“ 4 , Christian Wendt, sowie zu Aktivisten der verbotenen „Deutschen Alternative“ und zur „Direkten Aktion Mitteldeutschland (JF)“.

Der Gipfel war erreicht, als die Polizei die PDS bat, den Vorfall zu verschweigen und den politischen Hintergrund geheimzuhalten - die Öffentlichkeit sollte nicht beunruhigt werden. Nach der Bekanntgabe des Attentatsplanes der Neonazis auf eine PDS-Versammlung, an der schlussendlich 200 Leute teilnahmen, bemühen sich die Behörden um weitere Beschwichtigung - es habe sich nur um ein bisschen Schwarzpulver aus Silvesterknallern gehandelt, das in einem Einweckglas explodiert sei. Gesammeltes Schwarzpulver (im Einweckglas) dürfte vermutlich jedoch bestenfalls eine Stichflamme verursachen, jedoch keine Druckwelle - und die hat es offensichtlich gegeben, das dokumentieren die zersplitterten Scheiben. Das Landeskriminalamt ermittelt und die leitende Dessauer Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt.

  • 1Sprecher werden Jürgen Schützinger, Harald Neubauer und Johannes Pauli
  • 21991: Vorsitz Franz Ludwig Glasauer, stellvertretender Vorsitz Peter Recknagel.
  • 3Nachtrag: Bei den Vorstands-Neuwahlen im Dezember 1992 wurde als neuer Vorsitzender Karl-Heinz Panteleit genannt. Im Vereinsregister verzeichnet waren 1990: Dr. Stephan Elbern, Dr. Matthias Barth, Wolfgang Seifert und Rita Bönisch und ab 1995: Rudolf Kendzia und Richard Miosga. Der in Berlin eingetragene Verein hatte seine Anschrift später nach Hohen Neuendorf (Brandenburg) verlegt.
  • 4Vorsitz: Bernd Witte (1992) und Frank Schwerdt (1993).