„Deutsche Burschenschaft“ in Westberlin
Vom 16. bis zum 19. Juni 1988 verschlug es die „Deutsche Burschenschaft“ (DB) nach Westberlin. Neben einem Veranstaltungsblock im Hotel Intercontinental, kündigten sie für den 17. Juni 1988 einen Aufmarsch zum Brandenburger Tor an. 150 AntifaschistInnen kamen zur Gegenkundgebung an der Philharmonie.
Eine verschlagene Verbindung
In einer Flugschrift zur Gegenkundgebung am 17. Juni wurde ein kurzer historischer Abriss zum Wirken dieser „Verbindung“ geliefert:
Die DB wurde 1881 gegründet und unterstützte die imperialistische Politik Otto von Bismarcks. Seit 1910 bereiteten sich viele Burschenschaftler auf den Krieg vor. 1914 meldeten sich ganze Verbindungen an die Front, um endlich gegen den „Erbfeind“ Frankreich ziehen zu können. 1918 legte sich die DB eine „sittliche Verpflichtung“ auf. Diese umfasste den Kampf gegen die Weimarer Verfassung, gegen den Marxismus, für Volk und Nation und für Großdeutschland. Sie gehörte damit zu den Wegbereitern des aufkommenden Nationalsozialismus. 1920 führte sie den „Arierparagraphen“ ein: „Es dürfen auch fernerhin keine Juden in die Burschenschaft aufgenommen werden“. Der Burschentag beschloß weiter, daß jede Burschenschaft ihre Mitglieder so erziehen müsse, daß eine Heirat mit einer Jüdin ausgeschlossen ist. 1919 war diese „Burschen“ an den Freikorps beteiligt, die u.a. die bayerische Räterepublik zerschlugen und Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordeten. 1933 beteiligten sich die Burschenschaften an den Bücherverbrennungen.1 Am 18. Oktober 1935 vereinigte sie sich mit dem "Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund" (NSDStB).
Auch nach der Zerschlagung des NS machten sie weiter und 1950 fand die DB Neugründung statt. 1952 forderte sie bereits eine Generalamnestie für Nazi-Verbrecher. 1975 berichtete „Die Zeit“ über den Burschentag der Deutschen Burschenschaft in der Pfalz: „Mit 3500 aktiven und 25 000 ehemaligen Studenten (Alte Herren) ist die Deutsche Burschenschaft (DB) die größte schlagende Verbindung, mit 138 Korporationen in der Bundesrepublik, Westberlin und Österreich ist sie zugleich die größte Vereinigung in dem Dachverband Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK), dem noch 15 weitere, der DB nicht unähnliche Organisationen angehören.“2 Der hochschulpolitische Ausschuß der DB war einer der Drahtzieher bei der Gründung des ultra-rechten „Ring Freiheitlicher Studenten“ (RFS) 1979, dessen Mitglieder sich z.T. auch durch gewalttätige rechte Aktionen an der Universität in Köln hervorgetan haben.3 . 1982 verlangte sie die sofortige Freilassung von Hitlerstellvertreter Rudolf Heß. Bestandteile ihrer nationalen Ideologie sind auch Militarismus und Frauenfeindlichkeit: „Die menschliche Weltordnung ist auf das Männliche ausgerichtet“.4
Kurzer Auftritt in Westberlin
Etwa 80 bis 100 ihrer Mitglieder marschierten unter einem Transparent und mit einem Kranz vor dem Brandenburger Tor auf. Die Rede eines ihrer Glieder war trotz Mikrofon nicht zu verstehen. Auch das Absingen des Deutschlandliedes in allen seinen Strophen ging im Pfeifkonzert der (wenigen) AntifaschistInnen unter. Steif zogen sie ihre Zeremonie zu dem als „Tag der Deutschen Einheit“ bezeichneten Event durch. Das massive Polizeiaufgebot verhinderte weitere Proteste. Es blieb es bis zu ihrem Abzug in Reih und Glied bei Pfeif- und Sprechchören wie: „Lieber ein Geschwür am After als ein deutscher Burschenschafter.“
- 1Die Bücherverbrennungen, die am 10. Mai 1933 unter Federführung studentischer nationalsozialistischer Organisationen stattfanden, kopierten ein Ritual vom Wartburgfest der deutschen Burschenschaften 1817.
- 2Vgl. "Die ZEIT" Nr. 23/1975: "Burschentag in der Pfalz: Korporationen im Kommen" von Hayo Matthiesen.
- 3Im Mai 1987 war Franz Schönhuber vom RFS und der Kölner Burschenschaft Germania eingeladen worden. Ordner des RFS setzen laut Augenzeugen-Berichten gegen DemonstrantInnen Knüppel und Reizgas ein. Nach weiteren Berichten über gewalttätige Ausschreitungen im November wurde der RFS Köln Ende 1987 kurzzeitig aus dem Matrikel gestrichen.
- 4Vgl. Burschenschaftliche Blätter Nr. 57, 1980