Der rechte Flügel der FDP organisiert sich neu
Lange gehörte Heiner Ernst Kappel zu jenen FDP-Mitgliedern, die versuchten, die Partei zu unterwandern und nach rechts zu drängen. Mit Achim Rohde und Alexander von Stahl gründete er 1995 eine "Liberale Offensive in der FDP". Diese Strategie ist jedoch offensichtlich gescheitert, was der hessische Landtagsabgeordnete allerdings nicht so gerne zugeben mag. Doch sein Austritt aus der FDP und die Gründung einer neuen Rechtsaußen-Partei unter dem Namen "Offensive für Deutschland - freiheitlich, sozial, wertebewußt" ist deutliches Zeichen dafür, daß für den nationalliberalen Kappel innerhalb der FDP kaum noch eine ruhmvolle Karriere zu erwarten war. So verließ er die Partei umgehend, nachdem der hessische Landesverband ihn nicht auf einem der obersten Listenplätze für die Bundestagswahl im Oktober dieses Jahres aufgestellt hatte.
Als Vorsitzender seiner eigenen Rechts-Partei will Kappel nun versuchen, eine Art Jörg Haider für Deutschland zu werden. Glaubt man allerdings dem rechten Wochenblatt "Junge Freiheit" (JF), sind Kappels Chancen aber auch hier eher schlecht. Schon beim »definitiven JF-Haider-Test« im Oktober 1996 schnitt er eher schlecht ab: »Organisation« sei nämlich eine Schwäche des Pfarrers und Bundeswehrhauptmanns der Reserve. Und kaum aus der FDP ausgetreten, warf JF-Autor Thorsten Thaler Kappel an den Kopf, nach Informationen des Wochenblattes sei »das Zusammengehen mit dem BFB1 , nach einer Schamfrist, bereits beschlossene Sache«. Der ehemalige FDP´ler mochte das weder bestreiten noch bestätigen.
Auf jeden Fall will er alles besser machen als die bestehenden Rechts-Parteien - die "Offensive für Deutschland" soll nämlich »eine Partei neuen Typs« sein. Die Organisierung in Form einer Partei erfolgt dabei nur, um gegenüber anderen bestehenden Formationen eine gleichberechtigte Verhandlungsposition einzunehmen. Gemeinsam soll dann eine Einigung in Form einer Bewegung angestrebt werden. Als potentielle Bündnispartner hat Kappel die rechte Partei "Deutsche Soziale Union" (DSU), die rechte "Deutsche Partei" (DP) und den rechten " Bund Freier Bürger - Die Freiheitlichen" (BfB-F) im Visier. Schon seit etlicher Zeit pflegt man untereinander regen Kontakt.
Rechte Sammlungsbewegung?
Das das Braunzonen-Spektrum hatte sich anläßlich des 50. Jahrestages der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg am 8. Mai 1995 medial zu Wort gemeldet. Per Anzeige in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) gaben sich die nationalen FDP-Vertreter (darunter natürlich auch Heiner Kappel), der rechte Rand der CDU, Vertriebenenverbände, Burschenschaften, der BfB-F, DSU, DP, die "Freie Bürger Union" (FBU) sowie andere rechte Akteure - etwa der nationale »Friedensforscher« Alfred Mechtersheimer oder der rechte Politikwissenschaftler Hans-Helmuth Knütter - ihr Stelldichein.
Nach langer Zeit gemeinsamen Austausches erfolgte im Sommer vergangenen Jahres die Gründung der überparteilichen "Stimme der Mehrheit". Ihr Ziel: Zur rechten Sammelorganisation zu werden. Zu den Gründungsmitgliedern der Vereinigung gehören u.a. Erwin K. Scheuch (Präsidiumsmitglied), Klaus Rainer Röhl (Protokollführer) und Erika Steinbach.2
Auch Kappel, der sich zwar selbst nicht »rechts«, sondern lieber »bürgerlich konservativ« nennt bewegt sich mit rechten Akteuren wie Karlheinz Weissmann und Martin Hohmann im Kreis der "Stimme der Mehrheit" GründerInnen. So richtig abgrenzen will er sich aber eigentlich nur von den "Die Republikaner" (REP), denn die seien nicht nur »national«, sondern »nationalistisch«.
Und so sehr Pastor Kappel auch "Patriot" ist, der die selige D-Mark ebenso liebt wie die Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft allein nach dem Blutrecht, so wenig will er unter der Flagge des Nationalismus für seine Bewegung werben.
Als Gründungsort seiner nationalen Offensive hatte er dennoch die legendäre Wartburg bei Eisenach favorisiert - der Geburtsort des modernen deutschen Nationalismus. Dabei hatte Kappel die Rechnung aber buchstäblich ohne den Wirt gemacht. Die Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Wartburg verweigerten der rechten Gesellschaft den Zugang zum historischen Wappensaal, obwohl Kappel sich per Einstweiliger Verfügung das Zugangsrecht bestätigen ließ.
So mußten Kappels SympatisantInnen, u.a. auch Manfred Brunner (Vorsitzender "Bund Freier Bürger"), die Formierung der "Offensive für Deutschland" in eine Autobahnraststätte am Kirchheimer Dreieck verlegen. Die rechte Zeitung "Junge Freiheit" berichtete, das auch der rechte Ökobauer Baldur Springmann, der "CDU-Rebell" Heiko Peters aus Hamburg, der ehemalige CDU-Landtagsabgeordneten Heiner Hofsommer (Hessen) und die frühere Landesvorsitzende der brandenburgischen CDU, Carola Hartfelder, angereist waren.3 Die formale Gründung wurde so fürs letzte Januar-Wochenende in Berlin neu geplant.
FDP-Unterwanderung gescheitert?
Mit seinem Austritt aus der FDP kommt Kappel nicht nur einem Ausschlußverfahren zuvor, sondern gibt indirekt das Scheitern der Übernahme einer bestehenden Partei zu.
Auch im Berliner FDP-Landesverband scheint der nationalliberale Vormarsch zunächst gestoppt - mit Tempelhof, Spandau, Reinickendorf und Neukölln sind nur vier Bezirksverbände unter ihrem Einfluß.
Dennoch will sich der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, ein Mitbegründer der "Stimme der Mehrheit" und Weggefährte von Kappel, Ende Januar um den Landesvorsitz bemühen. Allerdings haben sich in der FDP momentan die Gemäßigt-Rechten, um Wirtschaftsminister Günter Rexrodt, Generalsekretär Guido Westerwelle und den FDP-Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt durchgesetzt.
Sollte die Partei im Oktober allerdings den Wiedereinzug in den Bundestag nicht schaffen, könnte die FDP-Spitze sich auf einen Rechtsruck einlassen. Westerwelle scheut sich beispielsweise nicht, bei einer Veranstaltung der Verbindung "Corps Borussia Breslau zu Köln und Aachen" aufzutreten. Kaum in die FDP eingetreten, hatte Westerwelle 1980 die "Jungen Liberalen" (JuLis) gegründet - in Abgrenzung zu den »Linksabweichlern« der "Jungdemokraten". Hier arbeitete er punktuell mit dem rechten FDP-Jugend-Funktionär Markus Roscher zusammen, der 1993 gemeinsam mit Ronald Gläser, Gernot Biehler, Torsten Witt und Klaus Gröbig zu den nationalen Vorkämpfern der Berliner FDP-Jugend zählte.4 Westerwelle soll Markus Roscher 1987 zum Leiter eines "deutschlandpolitischen" Bundesarbeitskreis der "Jungen Liberalen" ernannt haben. Auch Rexrodt pflegte als Berliner FDP-Landesvorsitzender - in der Traditon seines rechts-liberalen Vorgängers, dem Senator Hermann Oxfort - intensiven Kontakt zu den "Nationalliberalen" in der FDP.
- 1gemeint ist die rechte Partei "Bund freier Bürger" (BfB) von Manfred Brunner.
- 2Vgl. "Stimme vom Stammtisch" aus DER SPIEGEL 29/1997.
- 3Vgl. "Junge Freiheit": "Rechtsliberale Sammlung" von von Markus Schleusener.
- 4Vgl. taz. die tageszeitung: "Julis vor entscheidender Kraftprobe" von Severin Weiland vom 6. 4.1993, "Rechte Kampfansage gegen Linksliberale" von Severin Weiland vom 16.12.1994