Skip to main content

Rückkehr zu den Wurzeln - Die Wiederbelebung der »Sababurgrunden«

Einleitung

Mit »Es war einmal« fangen alle Märchen an. Und fast alle Geschichten von früher, aus den »guten alten Zeiten«. Auch die aus den besseren Zeiten des deutschen Neofaschismus, jene, in denen man noch Wahlerfolge feiern konnte. Vor langer, langer Zeit - die NPD saß noch sieben Landtage entfernt, wurde einigen vorwiegend jüngeren Aktivisten des deutschen Neofaschismus aus dem Umfeld der NPD und ihren »oppositionellen« Strömungen klar, daß die Inhalte, mit denen in der Vergangenheit die Wahlerfolge erzielt worden waren, und die ausschließliche Orientierung an einer ideologischen Mischung aus NS-NostaIgie und Deutschnationalismus nicht mehr ausreichen würden, um den Herausforderungen der Gegenwart und dem veränderten politischen Klima in Deutschland gerecht zu werden. Die jeweiligen Führer kleiner lokaler Zirkel fanden sich deshalb halbjährlich zur inhaltlichen und strategischen Debatte zusammen. Ort des Geschehens: die Sababurg im Dreieck Göttingen - Hofgeismar — Kassel.

Sababurgrunden
(Bild: Montage aus Faksimile Zeitschriften und Foto Michael Mertens; CC BY-SA 2.0 Deed)

Die "Sababurgrunden"

Die "Sababurgrunden" waren der Geburtsort dessen, was in der Folgezeit - parallel zur "Nouvelle Droite" Frankreichs - in Deutschland als »Neue« Rechte bezeichnet werden sollte. »Nationalrevolutionäre« Kräfte um später bekannte Theoretiker wie Henning Eichberg oder Lothar Penz versuchten, dem Neofaschismus neben dem Nationalismus neue Themenfelder wie Wirtschaftstheorien »jenseits von Kapitalismus und Kommunismus« (»Dritter Weg«), Ökologie oder Regionalismus zu erschließen.

Als Quellen dabei dienten neben der "Konservativen Revolution" in der Weimarer Zeit auch der stark durch die katholische Soziallehre geprägte Solidarismus der flämischen Nationalisten, der Europanationalismus eines Jean Thiriart oder der relativ erfolgreiche italienische "Ordine Nuovo" von  Pino Rauti, der an der Spätphase des italienischen Faschismus, der »Republik von Saló«, orientiert war. Rund ein Jahrzehnt lang übte dieser Kreis intellektueller Kader erheblichen Einfluß bis in die Reihen der NPD hinein aus.

Dort beeinflußten sie besonders die NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN). Mitte der siebziger Jahre führten dann strategische Differenzen zu einer Spaltung und damit deutlichen Schwächung der nach Mitgliederzahlen ohnehin nie sehr starken Bewegung.

Die Entstehung der "Die Grünen" läutete das endgültige Ende dieser Epoche der »nationalrevolutionären Kader« ein. Etliche der »nationalrevolutionären« Kader engagierten sich in den entstehenden Basisgruppen der Grünen und versuchten, pragmatisch praktische Politik zu betreiben. Der "nationalrevolutionären" Unterwanderung der Grünen wurde erst durch diverse Parteiausschlußverfahren Anfang der 1980er Jahre ein Riegel vorgeschoben. Es folgte eine Phase, in der der Geist der Rebellion verschwunden und das einstmals ideologisch Gelernte nahezu vergessen schien. Wie die AIt-68er war man auch in den "nationalrevolutionären" Kreisen in die Jahre gekommen. »Theorielos in die Praxis« hieß das neue Motto, das das Ende der "Sababurgrunden" einläutete. Der Versuch einer Wiederbelebung 1984 unter dem Leitthema »Bilanz der grünen Bewegung« blieb ein Strohfeuer. Die jeweils in Berlin ab 1989 veranstaltete "Denkfabrik Europa der Völker" wurde schnell wegen interner Mängel und antifaschistischer Proteste eingestellt. Eine längere Sendepause war angesagt. Überwintern mit den Restbeständen und warten auf bessere Zeiten. Alles, was vom einstmals so hoffnungsfrohen »nationalrevolutionären« Aufbruch geblieben war, war die 1985 von Klaus Dieter Ludwig in Darmstadt gegründete "Deutsch-Europäische Studiengesellschaft" (DESG). Der Vorstand wechselte in der DESG zwischen Werner Schlett (Großostheim) und Klaus Dieter Ludwig (Münsing) hin und her. Mittlerweile agiert die DESG unter der Leitung von Marc Lüdders von Hamburg aus. Die DESG brachte unverdrossen das Heft "Junges Forum" mit einer Auflage von wenigen hundert Exemplaren und monatlich den Informationsdienst "DESG-inform" unters Volk. Hierfür wurde 1972 von Günter Steinhoff die "Verlag Deutsch-Europäischer Studien G.m.b.H." in Hamburg gegründet. Ihm folgte 1977 Heinz-Dieter Hansen als Geschäftsführer. Im Gründungsvertrag finden sich als Gesellschafter: Klaudieter Ludwig, Uwe Michael Troppenz (Pseudonym Michael Meinrad), Günter Deckert und Peter Dehoust.1

Neuauflage 1997?

Sendepause also bei der »Neuen« Rechten in Deutschland - bis zum Herbst 1997. Denn für den 22./23. November 1997 lud die DESG wieder einmal auf die Sababurg. Alter Ort und alter Veranstalter. Und doch hatte sich vieles verändert. Waren es in früheren Jahren fast ausnahmslos deutsche Aktivisten gewesen, die als Referenten zur Verfügung standen, so gab man sich dieses Mal international. Zum Thema »Ein System siegt sich zu Tode oder Aufbruch zu neuen Ufern« standen fünf Referenten aus fünf Ländern zur Verfügung. Früher waren es fast stets die gleichen bekannten Gesichter gewesen, die für ein Wochenende zusammenkamen, in diesem Jahr war eine neue Generation hinzugestoßen. Kader, die sich auch bereits zu einer eigenen Organisation - "Synergon" - zusammengeschlossen, sich in ein internationales Netzwerk - die "Synergies europennes" - eingebettet hatten und als Mitveranstalter auftraten.

Hatten in der Vergangenheit vorwiegend Themen aus dem Bereich des Nationalismus im Mittelpunkt der Debatten gestanden, so rückte nunmehr Europa ins Zentrum der Überlegungen. Die jüngsten Themenhefte des "Jungen Forums" unterstreichen diesen Wandel.

Wie wichtig die europäischen Freunde von Synergon und DESG diesen Versuch der Wiederbelebung nahmen, zeigt sich auch daran, daß der Franzose Gilbert Sincyr, Präsident der "Synergies Europeennes", extra für eine kurze Begrüßungsansprache an die rund 50 Teilnehmer der letztjährigen Sababurgrunde anreiste. Sincyr, ein im Ruhestand befindlicher leitender Angestellter eines deutschen Chemiemultis in Frankreich, war in der Vergangenheit sowohl als Spitzenfunktionär des GRECE als auch als Parlamentskandidat für den "Front National" tätig gewesen. Nicht fehlen durfte natürlich auch der eigentliche Kopf und Motor des Unternehmens Synergies Europeennes, der Belgier Robert Steuckers. Er war selbst in der Vergangenheit im GRECE tätig gewesen, bevor er sich 1993 mit dessen Führer Alain de Benoist zerstritt und 1995 als Geburtshelfer bei der Entstehung von Synergon wirkte.

Der diplomierte Übersetzer Steuckers wollte Alternativen zum Primat der Ökonomie aufzeigen, das beispielsweise der rechte "Bund Freier Bürger" (BFB), die Mehrheitsströmung der REPs oder die FDP vertreten. Steuckers bezieht sich, gestützt auf die Forderungen des Staatsrechtlers Carl Schmitt, darauf, daß das Primat der Politik zu herrschen habe. Die Reduzierung des Staates auf die Rolle eines Instrumentes zur Optimierung der Verwertungsbedingungen der Ökonomie mache diesen in seinen wesentlichen Kernbereichen - Außen- und Verteidigungspolitik - handlungsunfähig. Neoliberalismus ist für Vertreter der »Neuen« Rechten der sicherste Weg, die Vorherrschaft ihres Hauptfeindes USA auf unabsehbare Zeit zu sichern.

Auch den anderen Referenten, die allesamt das Modell der Wandlung vom Nationalstaat zu einem als Reich entworfenen Europa vertraten, ging es um Alternativen. Den Kontakt zu zwei Referenten dürfte wiederum Steuckers vermittelt haben, da er sie aus seiner Zeit beim GRECE kennt: Jean-Paul Allard ist Professor an der Universität Lyon 111 und dort Direktor des "Instituts für Indoeuropäische Studien", Allard ist wie sein Vorgänger am Institut, Jean Haudry, langjähriger Aktivist des GRECE. Allard und Haudry haben aber auch Verbindungen zum ultra-rechten "Front National". Allards »Spezialgebiet« ist die Vor-und Frühgeschichte. Für aktuelle Europakonzeptionen wird ein gemeinsames indoeuropäisches kulturelles, sprachliches und spirituelles Erbe als historische Begründung herangezogen. Während Carl Schmitt eine europäische Großraumpolitik als geopolitische Notwendigkeit definierte, leitet die Mannschaft um Allard eine »europäische Identität« vor allem aus der gemeinsamen fernen Vergangenheit her.

Beide Ansätze ergänzen sich jedoch durchaus. Während allerdings Haudry sich wieder stärker an Benoist angenähert hat und seit Juli 1997 der Redaktion der "Elements" angehört, sucht Allard eher die Nähe von Steuckers und hat mehrfach bei den Sommeruniversitäten der Synergies Europeennes referiert. Allard ging es um Alternativen zum (linearen) Fortschrittsdenken, das in der »Neuen« Rechten gleichermaßen dem Christentum, dem Liberalismus und dem Sozialismus zugeschrieben wird. Thema seines Vertrags auf der Sababurg: »Der Sinn der Geschichte - Genealogie und Verwandlungen eines Mythos«.

Der zweite alte Bekannte von Steuckers ist der Kroate Tomislav Sunić, gegenwärtig Kulturattache seines Landes in Dänemark. Er hatte seine Karriere als Professor für Politikwissenschaft in den USA begonnen. Schon in dieser Zeit versuchte er, beim US-amerikanischen Publikum für die »Neue« Rechte zu werben und fand dafür prominente Mitstreiter. Zu Sunićs1990 veröffentlichtem Buch »Against Democracy and Equality. The European New Right« lieferte Prof. Paul E. Gottfried das Vorwort. Dieser Carl Schmitt-Experte ist sowohl Mitherausgeber der aus der 68er-Bewegung in den USA entstandenen wichtigen sozialwissenschaftlichen Zeitschrift TELOS als auch Vertreter des publizistischen Flaggschiffs der Nouvelle Droite, der Jahresschrift "Nouvelle Ecole". 1992 referierte Gottfried beim Kolloquium des »nationalrevolutionären« "Third Way" in London. Zwei Jahre später gab er der italienischen »neu«rechten Zeitschrift "Futoro Presente" ein Interview über »die linken Ursprünge des Faschismus«. 1995 schrieb er für die Zeitschrift "Etappe" um Heinz Theo Homann, Andreas Raithel und Günter Maschke über die Rechte in den USA. Sunić mag gegenüber seinem Mentor natürlich nicht zurückstehen. Nach Sunićs Rückkehr nach Europa wurde er zunächst Leiter der Informationsabteilung beim kroatischen Außenministerium. Ob seine Referentenauftritte 1994 sowohl beim Jugendforum des Kongresses des rechten "Studienzentrum Weikersheim" als auch bei dessen Hochschulwoche im September des gleichen Jahres zu seinen dienstlichen Pflichten zählten oder aber sein Privatvergnügen waren, entzieht sich unserer Kenntnis. Sicher ist allerdings seine wichtige Rolle innerhalb der europäischen »Neuen« Rechten. 1993 nahm er am nationalen Kolloquium des GRECE teil, drei Jahre später an der GRECE Sommeruniversität. Sunić trat außerdem bei der "Freien Deutsche Sommeruniversität" der Dissidenten der rechten Zeitung "Junge Freiheit" (JF), beim »Geopolitischen Symposium« im "Collegium Humanum" in Vlotho auf. Ob "Criticon" und die "Junge Freiheit" oder belgische »neu«rechte Zeitschriften - stets war Sunić in den vergangenen Jahren an vorderster Stelle des rechten publizistischen Blätterwaldes zu finden.

Auch den Mannen der deutschen Synergon ist der gegenwärtig als Redakteur der Elements und Repräsentant der Nouvelle Ecole tätige Sunić kein Unbekannter. Am 23. Mai 1996 referierte er in Hamburg über das deutsch-kroatische Verhältnis im 20. Jahrhundert bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Synergon und der "Hamburger Burschenschaft Germania".

Thema seines Vertrages auf der Sababurg am Samstagabend: »Die historische Dimension des Liberalismus: Vom totalen Markt zum totalen (globalen) Staat«. Die Thesen des perfekt Deutsch sprechenden Sunic befanden sich durchaus in Übereinstimmung mit Ansätzen, die in jüngster Zeit vor allem in dem ultra-rechtem Blaat "Staatsbriefe" vorgelegt worden sind. Da heißt es u.a.: In den Ländern des Westens herrsche ein »Liberalextremismus« mit totalitären Zügen, der keine Alternativen dulde. Die Vergötzung des Marktes und des »freien Spiels der Kräfte« bedinge die Unterdrückung aller Positionen, die ein Primat der Politik einforderten. Unter dem Deckmantel des (ökonomischen) Liberalismus bilde sich ein (politischer) Totalitarismus heraus. Vorrangig sei deshalb die Erarbeitung von Alternativkonzeptionen auf beiden Gebieten. Mehrfach griff Sunić zur Veranschaulichung auf Beispiele aus seinen Erfahrungen mit Kommunitarismus und Bioregionalismus in den USA zurück. Folgerichtig brachte er immer wieder daraus entwickelte Alternativen ins Spiel.

Der Vortrag von Heiko Möhring (Herne), ein ehemaliger Oberst der Bundeswehr im Generalstab, der bereits vor etlichen Jahren aus Protest gegen den Kurs der Militärpolitik der Bundesrepublik und der NATO aus dem aktiven Dienst ausgeschieden ist, war jedoch konkreter. In seiner Jugend soll er zeitweilig als „Gauleiter“ des völkischen "Bund Heimattreuer Jugend" (BHJ) in Niedersachsen aufgetreten sein. 1988 wurde Möhring ein Mitherausgeber der "Askania - Studiensammlung für Zeitgeschichte und Jugendforschung" im "Askania Verlag" des ehemaligen HJ-Bannführers in Magdeburg Herbert Taege (Lindhorst).2 Taege machte sich mit dieser Zeitschrift sowie mit eigenen Buchveröffentlichungen einen Namen als Geschichtsrevisionist. Sein ehemaliger Mitstreiter Möhring, dagegen versuchte, sich als Experte in Militärfragen zu profilieren. So referierte er im November 1992 beim 7. Marburger Diskurs der dortigen "Burschenschaft Germania" über »Die militärische Lage Deutschlands nach der Auflösung der Blöcke«. Seine Unterschrift findet sich auch bei den Protestierenden gegen die Ausstellung »Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht«. Auf der Sababurg sprach Möhring über »Europa und die NATO«.

Anhand des Themas wurde deutlich, daß auch bei dieser Fraktion der (extremen) Rechten zwei strategische Überlegungen im Widerstreit liegen. Die eine Position geht davon aus, daß die Osterweiterung der NATO besonders für Deutschland einen erhöhten Einfluß innerhalb des Bündnisses zum Ergebnis haben wird. Vertreter der anderen Position befürchten demgegenüber, daß die durch die NATO-Erweiterung erhöhten Spannungen mit Rußland notwendigerweise eine noch engere Abhängigkeit von den USA mit sich bringen werden. So werde auch die militärisch notwendige Abkoppelung von den USA als Führungsmacht des Militärpaktes auf unabsehbare Zeit verhindert.

Zum Thema »Der EURO - Kritik und Alternativen der Maastricht-Währungsunion« referierte anstelle des ursprünglich angekündigten Diplom-Volkswirts Klausdieter Ludwig (Münsing) von der DESG der österreichische "Aula"-Redakteur Gerhoch Reisegger. Der Informatikingenieur und Unternehmensberater ist auch Mitglied der Wiener "Burschenschaft Vandalia". In der "Aula" verfaßte Reisegger in den letzten Jahren die strategischen Artikel zu EU und NATO sowie Europakonzeptionen, aber auch zur Kritik des Neoliberalismus in der Programmatik der FPÖ.

Er verdeutlichte, daß die »Neue« Rechte im Gegensatz zur neoliberalen und nationalistischen Fraktion des Neofaschismus eine Währungsunion nicht grundsätzlich ablehne. Sie sei vielmehr notwendig, um dem Dollar als Leitwährung ein Gegengewicht entgegenzusetzen. Die Form, in der der EURO jetzt geplant sei, sei allerdings mit gravierenden Mängeln behaftet.

Die gut fünfzig Teilnehmenden der Sababurgrunde zeigten sich größtenteils angetan von der inhaltlichen Kost. Wie wichtig diese Veranstaltung auch von anderen Fraktionen der (extremen) Rechten genommen wurde, zeigte die Anwesenheit der entsprechenden Prominenz und Vertreter anderer Gruppierungen. Siegfried Bublies, »nationalrevolutionärer« Verleger aus Koblenz, war ebenso auf der Sababurg zu finden wie der ultra-rechte Ökobauer Baldur Springmann. Die Zeitschrift "Aula" lag ebenso aus wie die Publikation "Na Klar!" des "Freibund e.V.", des aktiveren Spaltprodukts des "Bund Heimattreuer Jugend".

Pierre Krebs vom "Thule Seminar" nutzte die Nähe seines Wohnortes Kassel, um immer mal wieder eine Gastvorstellung zu geben. In erheblich kleinerem Rahmen und auf beträchtlich niedrigerem Niveau hatten er selbst und der Neonazi-Funktionär Jürgen Rieger beim ersten Treffen seines "Elemente - Lesekreis Nord" bei Kiel zuvor zum Thema »Indo-europäische Naturreligion - Erbe als Zukunft« referiert. Organisiert hatte dieses Treffen der Student Andreas Rothmann, schleswig-holsteinischer Landesvorsitzender des ideologisch eher altbackenen "Bund für Gesamtdeutschland". In Kreisen von Synergon/DESG belächelt man Krebs wohlwollend. Zwar vermerkt man positiv, daß er als erster 1994 die »Charta der Synergies Europeennes« ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht hat, doch betrachtet man ihn zugleich als ideologisch unflexibel. Er sei auf den Positionen der späten sechziger Jahre verharrt, so der nicht unberechtigte Vorwurf.

Es bleibt sicherlich abzuwarten, ob der erneute Anlauf zur Etablierung von »Sababurgrunden» zur «neu»rechten Ideologiebildung mehr wird als eine Eintagsfliege. Die deutliche Ausweitung der Aktivitäten von Synergon in den vergangenen beiden Jahren, die nahezu symbiotische Kooperation mit den erfahrenen Kadern der DESG, die intensive Zusammenarbeit mit Vorfeldorganisationen aus dem Bereich der Ökologie, der heidnischen Spiritualität und aus dem Spektrum bündischer Jugendgruppen sowie der Burschenschaften und die Einbindung in ein funktionierendes europäisches Netzwerk lassen allerdings eher vermuten, daß eine neue Etappe in der Geschichte der deutschen »Neuen« Rechten mit einer neuen Generation von AktivistInnen begonnen hat. Zwar ist man vom personellen Zulauf wie auch vom Medieninteresse her noch weit vom großen Vorbild GRECE entfernt. Doch arbeitet man offenkundig daran, den Ruf als »dämlichste Rechte Europas« loszuwerden.

Abgrenzung zur JF

Einer aber wurde bereits als unbrauchbar zur Erreichung dieser Zielsetzung herausgefiltert: Der "Junge Freiheit"-Chefredakteur Dieter Stein ( (ehem. Funktionär beim "Republikanischen Hochschulverband"). »Mangels geistiger Potentiale« und wegen seiner »intellektuellen Bescheidenheit« verstehe dieser die Erfordernisse der Zeit nicht, urteilt gnadenlos Jürgen Schwab (ehem. REP-Funktionär, Mitglied der Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth). Schwab war Mitstreiter der diesjährigen Sommeruniversität im Umfeld von Synergon und wurde gerade erst zum Mitglied im "Ausschuß für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Burschenschaft" gewählt. Als Buchautor streitet er gegen »Die Meinungsdiktatur« (Nation Europa Verlag) in der Bundesrepublik. Nach Ansicht von Schwab beuge sich auch JF-Chefredakteur Stein in letzter Konsequenz dieser Meinungsdiktatur. Eine Anbiederung an den politischen Mainstream wie bei der JF jedoch sei kontraproduktiv, ergänzt Winfried Knörzer (Nürnberg), einer der Initiatoren der "Freien Deutschen Sommeruniversität". Notwendig sei vielmehr eine Fundamentalopposition, die sich nicht auf Parteien stütze, sondern auf eine vielfältige außerparlamentarische Bewegung. Diese Bewegung - ALFRED MECHTERSHEIMER wird es mit Freuden vernehmen - müsse auf den unterschiedlichsten politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Feldern aktiv werden. Man dürfe nicht davor zurückschrecken. Alternativen zur heutigen staatlichen Verfaßtheit Deutschlands zu denken.

Derartige Einschätzungen markieren die Konfliktlinien bei der Herausbildung einer »Neuen« Rechten in Deutschland. Ohne Medien, die über den eigenen, deutlich beschränkten Kernbereich hinausreichen, ist die Außenwirkung reduziert. Die einzige Zeitung, die diese Aufgabe ansatzweise ausfüllen könnte, ist die "Junge Freiheit" (JF), da die Auflagenhöhe der Theorieblätter vernachlässigbar ist. Das auflagenstärkste Blatt aber gerät, zusätzlich zu seinen finanziellen Schwierigkeiten, momentan unter einen gleich doppelten Druck.

Den einen geht die Hinwendung zum Neoliberalismus noch nicht weit genug. So will der Berliner FDP-Rechtsaußen Markus Roscher angeblich bald ein eigenes Wochenblatt auf den Markt werfen. Den anderen aber ist Dieter Steins Spielzeug entschieden zu seicht und gilt bereits als »herunterliberalisiert«. Für die noch zu schaffende Bewegung aber, die von ihnen favorisierte Organisationsform, sollen u.a. die "Sababurgrunden" die geeignete ideologische Basis liefern.

  • 1Vgl. Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S.229f
  • 2Etwa 1994 übernahm der rechte Verleger Roland Bohlinger den Verlag.