"Combat 18" und "Nordland" kämpfen um den RechtsRock-Markt
In den vergangenen Jahren wurde die internationale Neonazibewegung vom fortwährenden Bombenkrieg der britischen Neonazi-Terroristenorganisation "Combat 18" (C18) gegen das schwedische Neonazi-Netzwerk "Nordland" auseinandergerissen. Ein großer Teil des (politischen) Machtkampfes wurde in Skandinavien ausgetragen. Die Verbindungen führen zu der "White-Power"-Musik-Company "Ragnarock-Records" und dem ehemaligen norwegischen Neonazi-»Führer« Erik Nilsen, alias Erik Blücher, eine Schlüsselfigur des skandinavischen Neonazismus.
Der Schatten von "Blücher"
Über mehrere Jahre hinweg hatte Erik Nilsen sich im Hintergrund gehalten und versucht, sich von der Festschreibung als einer von Skandinaviens wichtigsten Neonazikadern zu distanzieren. In der Öffentlichkeit verleugnet er jegliche Verbindung zu militanten Neonazigruppen. Darin war er einigermaßen erfolgreich, einige hatten ihn bereits als Aktiven abgeschrieben. Dennoch tauchen sein Name und die von ihm geführten Firmen immer wieder im Zusammenhang mit den gewalttätigsten Gruppen auf, und eine Reihe von Spuren führen von "Ragnarock Records" zu den Größen des internationalen Neonazi-Terrorismus.
"Ragnarock Records"
Als der Altnazi Lars Magnus Westrup, der Gründer von "Ragnarock Records", 1995 starb, übernahm Erik Blücher / Erik Nilsen sofort die Firma. Neben "Nordland" ist Ragnarock einer der größten internationalen Hersteller von rassistischer "White-Power"-Musik.
In den frühen 1970er Jahren war Nilsen besser unter seinem ursprünglichen Namen Erik Blücher bekannt, ein »Führer« der militanten "Norsk Front" (NF) in Oslo. Blüchers Netzwerk wurde im Zusammenhang mit einem Bombenattentat bei einer 1.-Mai-Demonstration bekannt. Kurz danach wandelte er seine Organisation um in die "Nasjonalt Folkeparti". Diese wiederum wurde 1985 aufgelöst, nachdem einige ihrer Mitglieder einen Bombenanschlag auf eine Moschee in Oslo verübt hatten. Zu dieser Zeit hatte Blücher sowohl die Partei als auch Norwegen bereits verlassen. 1982 zog Blücher ins Ausland und wohnte gemeinsam mit dem Neonazi-Verleger und Druckerei-Betreiber Anthony Hancock in Brighton. Ein Jahr später änderte er seinen Namen zu Erik Nilsen und zog nach Schweden, wo er ein Geschäft in der südlichen Stadt Helsingborg eröffnete. Über einige Jahre hinweg unterhielt Nilsen eine Anzahl von Versandfirmen, die Neonazipropaganda, Bücher, Videos und - in den letzten Jahren - CDs vertrieben.
Das Blücher-Firmen-Netzwerk besteht aus einer Anzahl kleinerer Subunternehmen: Postversender wie "Wasakren" und "Valkyrian", das Magazin "Viking Order" und das englischsprachige Magazin "Blood& Honour Scandinavia", das in Zusammenarbeit mit Marcel Schilfs dänischem Videounternehmen "NS 88" hergestellt wird.
Krieg unter Neonazis
Seit einigen Jahren herrscht ein gewalttätiger Streit zwischen zwei Strömungen der internationalen Neonazi-Bewegung. Der Konflikt dreht sich nicht so sehr um ideologische Unterschiedlichkeiten - "Nordland" und C18 haben recht einheitliche Sichtweisen - als vielmehr um Schattierungen. Das "Nordland"-Magazin von Peter Rindell hat versucht, die heftige »revolutionäre« Rhetorik runterzuschrauben, während C18 mit besonderem Stolz seine Fähigkeit zu Gewalttätigkeiten zur Schau stellt und offen Terrorismus propagiert. Der wichtigste Grund für den Konflikt ist simple Machtgier - es geht um die Frage, wer die lukrative "White-Power-Musik"-Industrie mit ihrem jährlichen Umsatz von mehreren Millionen kontrolliert.
Die eine Richtung besteht aus dem schwedischen "White-Power"-Magazin "Nordland" und seiner amerikanischen Schwesterzeitschrift "Resistance" von George Burdi ("George Eric Hawthorne). Die "Nordland"-Bewegung, die den weithin bekannt gewordenen Sylvester-Aufmarsch organisiert hatte, der zu einer Massenverhaftung von 310 Neo-Nazis geführt hat, wird von großen Teilen der rechten Skinhead-Bewegung in Stockholm und Göteborg unterstützt. "Nordland" wird unter anderem von einigen ehemaligen Schlüsselkadern geführt, die in der von "The Order" (USA) inspirierten terroristischen Gruppe "Vitt Ariskt Motstånd" (VAM) um Klas Lund, Peter Rindell ("Peter Melander") und Torulf Magnusson, sowie der aufgelösten Neonaziorganisation "Riksfronten" um Leif Larsson und Torulf Magnusson organisiert waren. Das "Nordland"-Magazin wurde im Januar 1995 erstmals herausgegeben und war damals ein Vorreiter in seiner professionellen Aufmachung in der Neonazi-Bewegung. Die Auflage wuchs auf 15.000 Exemplare und 1996 brachte "Nordland" seine erste 88-seitige Ausgabe heraus und wurde damit zum größten Neonazimagazin Skandinaviens. Offiziell wird "Nordland" von einer Firma namens "88 Music" herausgegeben. Zum Vorstand gehören Peter Rindell und Torulf Magnusson. Ein früher Redakteur von "Nordland" war Patrick Asplund, ein Sänger der RechtsRock-Band "Midgårds Söner. Als sich dieser 1996 aus der Neonazi-Bewegung zurückzog wurde er durch Matti Sundquist ersetzt, dem Sänger der RechtsRock-Band "Svastika".
Die andere Richtung besteht aus dem britischen Netzwerk von "Combat 18" (C18), die von der "Danmarks Nationalsocialistiske Bevægelse" (DNSB) um Jonni Hansen, der schwedischen "Nationalsocialistisk Front" (NSF) um Anders Högström und Daniel Höglund, sowie der Neonazi-Gefangenenorganisation "Ariska Brödraskapet" unterstützt wird.
Eine zentrale Verbindung im C18-Netzwerk ist die schwedische Plattenfirma "Ragnarock Records", einer der zentralen Hersteller von RechtsRock-CDs in den vergangenen Jahren.
Umzug nach Skandinavien
Im letzten Jahr hat C18 versucht, in Skandinavien Fuß zu fassen und dort eine Organisationsstruktur aufzubauen. Um dies erreichen zu können, mußte "Nordland" jedoch zunächst ausgeschaltet werden. 1997 gelang es C18, die Unterstützung von etlichen skandinavischen Neonazigruppen zu gewinnen, unter ihnen die NSF und die "Ariska Brödraskapet". Die Namen, die in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnt werden, sind "Nordlands" Hauptkonkurrenten Erik Nilsen (auch Tor Erik Nilsen) und "Ragnarock Records".
Einer von Nilsens Verbündeten ist der gebürtige Deutsche Marcel Schilf, der zusammen mit Jesper Hartmann die Medienfirma "NS88" in Dänemark betreibt. "NS88" ist einer der wichtigsten europäischen Hersteller von Neonazi-Videos.
Im Januar letzten Jahres wurde einer von Schilfs "Combat 18"-Weggefährten, Thomas Derry Nakaba, verhaftet, weil er von Dänemark nach Malmö in Schweden gereist war, um von dort drei Briefbomben nach England zu verschicken (das AIB berichtete).1 Die Bomben waren als Videokassetten getarnt - Teil einer Serie von 40 Bomben, die als die bisher größte Briefbombenkampagne in Europa bezeichnet wurde. Als die Polizei Nakaba festnahm, eröffnete er das Feuer und erschoß und verletzte jeweils einen Polizeioffizier. Während des Verfahrens gegen Nakaba gab er zu, daß die Briefbombenkampagne von C18 in London angeleitet wurde. Desweiteren gestand er, daß C18 versucht hat, ihn von einer Reise nach Schweden zu überzeugen, wobei er Per-Anders Lennart Johansson ("Pajen")2 , einen führenden Neonazi-Skinhead-Aktivisten, mit einem Revolver umbringen sollte.
Unterschlupf für Neonazis
Schilf und Nilsen unterhielten gemeinsam den sogenannten "Club Walhalla" (bzw. "Club Valhalla") in Helsingborg in Schweden. Als das Netzwerk um den "Club Valhalla" und das Labels "Ragnarock Records" galten neben Blücher auch die Neonazis Hans Himmler Petersson, Bert-Ove Rasmussen und Per Jönsson/Ahlberg. Die Einrichtung des Clubs, in einem industriellen Gebiet angesiedelt, bestand aus einem Aufnahmestudio, einer Konzerthalle, einem Begegnungsort und einem sicheren Zufluchtsort zum Untertauchen für international gesuchte Neonazis. Zwei dieser gesuchten Neonazi waren die österreichischen Staatsbürger Wolfgang Tomsits (Rechnitz) und (Wilhelm) Christian Anderle (Stadtschlaining), die beide von Interpol sowie der österreichischen Polizei wegen einer antisemitischen Friedhofsschändung und der mutmaßlichen Beteiligung an Neonazi-Bombenanschlägen in Österreich gesucht wurden. Tomsits und Anderle verbrachten im Sommer 1993 einige Zeit in Südafrika, wo sie sich in den Kreisen der neonazistischen "Afrikaner Weerstandsbeweging" (AWB) von Eugène Terre’Blanche bewegten. Im Februar 1995 tauchten sie zusammen mit Tomsits Frau Andora in Schweden auf und arbeiteten eine Zeitlang in den Neonaziunternehmen von Nilsen und Schilf. Ein "Per Kettersen" soll zeitweilig seine Wohnung für die Gesuchten zur Verfügung gestellt haben. Im neonazistischen Internetverbund "Thule Netz" soll er als "Arisk" international vernetzt gewesen sein und hier die "Dissident BBS"-Mailbox (mit) betrieben haben. Möglicherweise ist Anderle mittlerweile zu Neonazis nach Finnland weitergezogen.
Im September 1997 wurde Niclas Löfdahl aus den Kreisen der schwedischen - an C18 angelehnten - Gefängnisorganisation "Ariska Brödraskapet" wegen eines Briefbombenanschlags auf Justizministerin Laila Freivalds und wegen geplanten Mordes am Nordland-Aktivisten Per-Anders Lennart Johansson per Briefbombe verhaftet. Löfdahl hatte die Bombe während eines kurzen Hafturlaubs an Freivald verschickt. Sie wurde in der Wohnung von Maria Mikkonen, Löfdahls Freundin, hergestellt. Zu dieser Zeit lebte Maria Mikkonen in Südschweden und arbeitete bei Nilsen Firma "Ragnarock Records". Eine Polizeirazzia in Mikkonens Wohnung erbrachte den Beweis, daß Christian Anderle in der Nachbarwohnung untergetaucht war. Diese Wohnung gehörte noch einem weiteren Angestellten von "Ragnarock Records". Bei seiner Vernehmung durch die Polizei weigerte sich Niclas Löfdahl sechs Monate später, Aussagen über Anderle zu machen. Nichtsdestotrotz scheint es so zu sein, daß Anderle versucht hat, das Gerücht zu streuen, er sei gestorben. Löfdahls Freundin ist etwas gesprächiger und gestand ein, daß Erik Nilsen ihre Wohnung in Begleitung von Anderle und dem amerikanischen Neonazi Bart Alsbrook, einem weiteren "Ragnarock"-Angestellten, besucht hatte.
Die Herstellung des "Brotherhood" Magazines
Die "Ariska Brödraskapet" besteht aus einigen der gewaltbereitesten Neonazis Schwedens. Einige Mitglieder wurden bereits wegen Brandstiftung, schweren Angriffen und Mord verurteilt. Auch in diesem Zusammenhang spielen Nilsen und "Ragnarock Records" eine wichtige Rolle. In einem privaten Schreiben an ein anderes Bruderschafts-Mitglied erwähnte Löfdahl, daß "Ragnarock Records" ihm freie Verwendung des Firmenkopierers genehmigt hat, um das "Brotherhood"-Magazine herzustellen.
Zielscheibe Laila Freivalds
Löfdahls Briefbombe an Justizministerin Laila Freivalds wurde angeblich nur verschickt um zu "belästigen" und "einzuschüchtern", nicht um zu töten. Aber in einer Notiz drohte Löfdahl, daß die nächste Bombe eine echte sein würde. Außerdem gestand er einen Plan, eine Bombe an einen Gefängnisoffizier zu senden. Der Grund, Freivalds als Zielscheibe zu wählen, ist einfach. Laut Löfdahl verkörpert sie die höchste justitielle Autorität der schwedischen »ZOG-Regierung« (ZOG steht für »Zionist Occupation Government« - »Zionistische Besatzungsregierung«) und ist persönlich verantwortlich sowohl für die »Verfolgung unschuldiger Nationalisten« als auch für das Durchsetzen einer Linie strikter Bestrafungen für rassistische Verbrechen. Die Zeitschrift "Viking Order", von "Ragnarock Records" auf englisch veröffentlicht, gibt Löfdahls Einschätzung wieder. Die Titelgeschichte ihrer aktuellen Ausgabe ist ein direkter Angriff auf Freivald, überschrieben mit: »Eine Botschaft von Schwedens Nationalisten an die Behörden: Hört auf, uns zu provozieren!« Die Geschichte in Nilsens Sprachrohr beschreibt Freivalds als die Anleiterin einer »Stasi«-Polizeiorganisation, die versuche, »nationalistische Musik zu ächten und CD-Hersteller, politische Aktivisten und anti-zionistische Schreiber einzusperren«. "Viking Order" warnt, daß die »Geduld von Schwedens nationalistischer Jugend beinahe zuende ist«, und schließt, daß »sie keine andere Möglichkeit mehr haben werden, als in den Untergrund zu gehen«.
- 1Eine Bombe war an die TV-Moderatorin Sharon Davis gerichtet, die den farbigen Sportler Derek Redmond geheiratet hatte. Eine zweite Bombe ging an eine Londoner Adresse der "Anti-Fascist-Action". Eine dritte Bombe ging an Brad Hollanby, den Gitarristen von der RechtsRock-Band "Squadron". Eine weitre Bombe ging an ein Postfach des Neonazi-Führers Micky Lane. Die Bomben erreichten jedoch ihre Empfänger nicht, da Polizei-Spitzel innerhalb der C18-Führung der Polizei einen Hinweis auf die Bombenaktion gegeben hatten.
- 2in einigen Veröffentlichungen auch als "Pers Johansen" bezeichnet