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»Hol dir den Kiez zurück – Lichtenberg gegen Rechts«

Einleitung

Der Lichtenberger Weitlingkiez ist eine Hochburg der extremen Rechten in Berlin. Gerade deshalb war der Kiez in den letzten Jahren mehrfach im Visier antifaschistischer Gruppen, die mit Demonstrationen, Kundgebungen, Infoständen und Veranstaltungen auf die Problematik im Weitlingkiez aufmerksam machten. Allein die letzten drei Jahre zog die traditionelle Silvio-Meier-Demo1 in die Homezone der Neonazis. Gerade auch im Zuge der Mobilisierung zu der Demonstration kam es zu erheblichen neonazistischen Gewalttaten. 

  • 1Der 27jährige Hausbesetzer und Antifaschist Silvio Meier wurde am 21. November 1992 in Berlin von Neonazis erstochen.
Bild: flickr.com/PPCC Antifa/CC BY NC 2.0

So wurde zum Beispiel ein Info-Stand des Silvio-Meier-Bündnis am Bahnhof Lichtenberg, direkt im Weitlingkiez, am Abend des 10. November 2005 von ca. 15 Neonazis mit Flaschen, Ketten und Stahlruten angegriffen. Mehrere AntifaschistInnen wurden verletzt. Als Ausgangspunkt für diesen und weitere Angriffe nutzten die Neonazis die Kneipe »Piccolo«. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre und aus den aktuellen Entwicklungen, so etwa der gesteigerten Militanz der Neonazis aus den mittlerweile verbotenen Kameradschaften Tor und BASO, haben sich die Antifa Hohenschönhausen [AH], die Antifaschistische Linke Berlin [alb] und die Jugend Antifa Berlin [jab], dazu entschlossen diesem Treiben etwas entgegenzusetzen und Kontinuität in die linke Intervention im Weitlingkiez zu bringen.

Dies soll in Form einer Kampagne unter dem Titel »Hol Dir den Kiez zurück – Lichtenberg gegen Rechts« passieren. Ein Focus der Kampagne liegt auf den im Kiez ansässigen Kneipen »Kiste« und »Piccolo«. Durch diese Infrastruktur wird die Normalisierung von Neonazis im öffentlichen Straßenbild befördert. Weiterhin wird für bekannte Neonazis aus Parteien und Kameradschaften die Möglichkeit geschaffen, sich ungestört zu treffen und von dort aus gewalttätige Angriffe und andere politische Aktionen vorzubereiten und auszuführen. Die Schließung dieser Treffpunkte ist deshalb das Kampagnen-Ziel. Bei den letzten Abgeordnetenhauswahlen zeigte sich, dass die Wahlkreise rund um die Weitlingstraße vergleichsweise hohe Wählerstimmen bei extrem rechten Parteien verzeichneten. Ein weiterer Themenschwerpunkt wird somit der befürchtete Einzug der NPD in die Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung sein.

Eine Kampagne gegen die verschiedenen Formen extrem rechter Infrastruktur erscheint den Antifa-Gruppen vor diesem Hintergrund als probates Mittel zur Bekämpfung – hat diese doch den Vorteil die vorhandenen Probleme über einen längeren Zeitraum in die mediale Öffentlichkeit zu bringen und in kontinuierlicher Form, mit verschiedenen Mitteln, neonazistische Strukturen zu thematisieren und zu bekämpfen. Dabei wurde von den Initiatoren darauf geachtet eine breite Streuung des antifaschistischen Engagements zu erreichen.

Neben klassischen Angeboten für Antifas soll es auch Möglichkeiten geben un- oder anpolitisierte Jugendliche und BürgerInnen einzubinden und gegen Rechts aktiv zu werden. Dies soll durch verschiedene kulturelle Angebote geschehen. So wird es Veranstaltungen zu Neonazistrukturen in Lichtenberg, zu dem Begriff der sog. No-Go-Areas geben, es wird nazifreie Partys und Skateveranstaltungen geben, es werden historische Friedhofsführungen und Zeitzeugengespräche stattfinden und zum Abschluss wird es ein großes antifaschistisches Festival mit Konzert in der Weitlingstraße geben. Durch die Vielfalt der Angebote soll  ein breites öffentliches Problembewusstsein gegen Neonazis und deren Lokalitäten geschaffen werden. Durch das vielfältige politische und kulturelle Angebot soll zudem der Raum für eine kontinuierliche linke Gegenkultur geschaffen werden.

Ein attraktives linkes Gegenangebot bietet die Chance die rechte Hegemonie vor Ort, auf längere Sicht zu brechen. Abzuwarten bleibt vor dem Hintergrund der Varianz und der Gewachsenheit der extrem rechten Strukturen vor Ort, wie die Reaktionen der Bevölkerung, aber auch der Neonazis auf die Kampagne aussehen. Festzuhalten ist an dieser Stelle aber schon eins: mit der Kampagne werden alle Strukturen und Lokalitäten der Neonazis im Weitlingkiez in die Öffentlichkeit getragen – es liegt gleichsam an vielen Menschen, sich zu beteiligen und gegen Neonazismus aktiv zu werden. Den Rahmen dazu soll die Kampagne bieten.