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NPD-Sachsen-Anhalt: Schritt für Schritt verankern

Einleitung

Bereits 2004 war es der NPD in Sachsen-Anhalt gelungen in fünf Stadträte einzuziehen und bei den Kreistagswahlen 2007 konnte sie in sieben Landkreisen insgesamt 13 Mandate gewinnen. Für die Kommunalwahlen am 7. Juni 2009 war sie nun mit Kandidaten für 19 Stadt- und Gemeinderäte angetreten.

Foto: infothek-dessau.de

Am Transparent: (erster v.l.) Michael Schäfer ist Bundesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten (JN); Philipp Valenta (zweiter v.l.) ist Vize-Bundesvorsitzender der JN und deren Vorsitzender im Landesverband Sachsen-Anhalt

Dass die NPD in nur sieben von elf möglichen Landkreisen (sowie in zwei kreisfreien Städten) zur Kommunalwahl antrat zeigt, dass sie trotz Bemühungen in den vergangenen Jahren noch längst nicht flächendeckend arbeitsfähig ist. Insbesondere in den Landkreisen mit starker Kameradschaftsszene, im Norden und im Osten von Sachsen-Anhalt, gab es mit einer Ausnahme keine NPD-Kandidaturen. Auch wenn die »Volksfront« nicht offiziell aufgekündigt wurde und die führenden Köpfe nach wie vor bemüht sind, alle Facetten in eine Bewegung zu integrieren, ist die regionale und organisatorische Zersplitterung der Neonaziszene nicht zu übersehen. Von »gelebter Kameradschaft zwischen NPD-Mitgliedern, freien Nationalisten und den äußerst engagierten Mitgliedern der NPD-Jugendorganisation JN« [PM vom 15. April 2009] kann derzeit nur noch in Einzelfällen gesprochen werden. Die Sammlung der notwendigen Unterstützungsunterschriften für einen Wahlantritt war nach eigenem Bekunden jedoch kein Problem. Insbesondere in der Landeshauptstadt Magdeburg wurde sie von den personell weitgehend identischen »Junge(n) Nationaldemokraten« (JN), von »freien Kräften« und Sympathisanten unterstützt.

Selbstbewusster Wahlkampf

Im Wahlkampf präsentierte die NPD eine Mischung aus Protestparolen und kommunalpolitischen Themen. Getreu dem Wahlslogan »Allein gegen die Politmafia« versuchte sie das politische System als kriminelles Gebilde aus Korruption und Betrug und sich selbst als »einzige wirkliche Alternative« darzustellen. Zu kommunalen Themen stellte die NPD unter dem Leitspruch »Arbeit, Heimat, Zukunft« zahlreiche Forderungen, wie »Heimatkunde« im Schulunterricht, saubere Spielplätze und die Einrichtung von mehr Polizeidienststellen und Hausarztpraxen. Mit der Forderung nach »mehr Mitspracherecht für die Bürgerinnen und Bürger« versucht die radikal antidemokratische Partei aber immer öfter auch den Demokratiebegriff umzudeuten und für sich zu vereinnahmen. Dem Gedanken von Pluralität und Mitverantwortung stellt die NPD einen Demokratiebegriff gegenüber, der Demokratie als einen homogenen deutschen »Volkswillen«, in Abgrenzungen zu »denen da oben«, durchzusetzen versucht.

Auf ihrem Landesparteitag im Februar 2009 beschloss die NPD sich im Wahlkampf auf die beiden größten Städte Halle und Magdeburg zu konzentrieren, um zu beweisen »dass die NPD auch in Großstädten Wahlen gewinnen kann.« [PM vom 15. April 2009]. Zu Wahlwerbezwecken gab sie nach dem Vorbild anderer regionaler NPD-Blätter eigens eine Bürgerzeitung heraus. Der »Magdeburger Stadtspiegel« brachte es auf immerhin fünf Ausgaben, während der Hallesche »Weckruf« lediglich ein einziges Mal erschien. Ob diese auch nach der Wahl weiter geführt werden ist angesichts knapper Ressourcen zweifelhaft. Auch die angekündigten Bürgerbüros und Unternehmerstammtische wurden bisher nicht realisiert und nur in der bereits existierenden NPD/JN-Landesgeschäftsstelle in Bernburg eine wöchentliche Sprechzeit eingerichtet.

Ergebnisse und Abgeordnete

Letztlich wurden mit durchschnittlich 2,4 Prozent der Wählerstimmen 18 NPD-Vertreter in 16 Stadträte und 2 Gemeinderäte gewählt. Besonders in den beiden Großstädten blieb das Ergebnis von jeweils 2 Prozent deutlich hinter den Erwartungen zurück. Mit einer Ausnahme gewann die NPD in allen Orten lediglich ein einziges Mandat, so dass sie keine Fraktionen bilden kann. Dagegen hat sich im Burgenlandkreis im Süden von Sachsen-Anhalt die lokale Verankerung der NPD wiederholt bestätigt. Dort zogen zwei NPD-Abgeordnete mit dem landesweit besten Ergebnis von 13,5 Prozent in den Stadtrat von Laucha ein. Der durch seine rassistischen Äußerungen aufgefallene Jugendfußballtrainer und Bezirksschornsteinfeger Lutz Battke ist dort bereits seit 1999 vertreten.

Das NPD-Landesvorstandsmitglied Andreas Karl ist neben seinem Kreistagsmandat nun auch Abgeordneter in der Gemeinde Finne und in der Verbandsgemeinde »An der Finne«. Er kandidierte zudem als Bürgermeister und erreichte immerhin 14,9 Prozent. Erst im Mai 2009 wurde Karl vom Amtsgericht Merseburg wegen Anstiftung zur Falschaussage zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte zwei NPD-Wahlkampfhelfer nach einem Angriff im März 2006 dazu angestiftet, bei der Polizei einen ihnen bekannten Antifaschisten falsch zu beschuldigen und den Vorfall schwerer darzustellen als er sich tatsächlich abgespielt hatte.

Zu beobachten ist, dass immer mehr Posten und Funktionen von wenigen Personen übernommen werden. So sind die neuen Stadtratsmitglieder Philipp Valenta (Bernburg), Erik Schulze (Halle) und Matthias Gärtner (Magdeburg) gleichzeitig im JN-Bundesvorstand, im NPD-Landesvorstand und jeweils NPD-Kreisvorsitzende. Valenta ist zudem bereits Mitglied eines Kreistages.

Und auch der neu gewählte Wernigeröder Stadtrat Michael Schäfer ist bereits im Kreistag des Harzkreises tätig. Als JN-Bundesvorsitzender ist er seit 2007 maßgeblich an der Neuprofilierung des NPD-Jugendverbandes, als radikaler Vorreiter einer neonazistischen Jugendbewegung, beteiligt. Dabei sieht sich die JN, gemeinsam mit den sogenannten »Freien Kräften« als außerparlamentarischer Flügel und weniger als klassischer Parteiverband. Im Gegensatz dazu trat der sachsen-anhaltische NPD-Landesvorsitzende Matthias Heyder bei den Kommunalwahlen nicht Erscheinung. Der NPD-Spitzenkandidat zur Bundestagswahl im September war bei der Vorstandswahl im April 2009 in Berlin-Reinickendorf als Stellvertreter des im Kampf um den Parteivorsitz unterlegenen Udo Pastörs vorgesehen gewesen.

Verstärkte Aufmerksamkeit gilt der NPD auch den jugendkulturellen Angeboten. Mit Musik und Bekleidung sollen Jugendliche politisiert und an rassistisches Gedankengut herangeführt werden. Mit dem freien Aktivisten Steffen Bösener aus Köthen wurde einer der führenden sachsen-anhaltischen Szenehändler für die NPD in einen Stadtrat gewählt. Bösener, der auch als Konzertveranstalter in Erscheinung tritt, betreibt seit 2004 den Internetversand »Odins Eye« und seit 2006 das Ladengeschäft »Nordic Flame«, zunächst in der Bernburger Innenstadt und seit 2008 in Köthen. Zum Angebot von »Odins Eye« gehören unter anderem Teleskop-Schlagstöcke und Quarzhandschuhe für »Straßenkämpfer«, die »dem Gegner unheimlich weh tun« sollen.

Lokale Verankerung in kleinen Schritten

Mit dem Ergebnis blieb die NPD hinter ihren Ankündigungen zurück, in alle Rathäuser mit Fraktionsstärke einzuziehen. Sie schaffte es jedoch, die Anzahl ihrer Stadt- und Gemeinderatsmandate mehr als zu verdreifachen und sich weiter zu verankern. Seit sich die NPD mit Hilfe der JN in Sachsen-Anhalt 2005 neu organisierte und den gezielten »Kampf um die Parlamente« führt, schaffte sie es bei Kommunalwahlen mit einer Ausnahme immer dort wo sie antrat, mindestens einen Abgeordneten zu platzieren. Auch wenn die NPD dabei bisher nur punktuell Ergebnisse über fünf Prozent erzielte, hat sie, im ehemaligen »DVU-Land« Sachsen-Anhalt, bereits ihren Antritt zur Landtagswahl 2011 angekündigt.