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M-V: Anschläge mit Kampagnencharakter

Einleitung

Durch eine Serie von Anschlägen und Gewalttaten macht die Neonazi-Szene in Mecklenburg-Vorpommern seit Beginn dieses Jahres auf sich aufmerksam. Was in dem Nachrichten-Magazin »Report Mainz« als »Frühform des Terrors« beschrieben wird, ist eine Welle von Farb- und Stein-Angriffen auf Parteibüros, die den Charakter einer dezentralen Kampagne besitzen.

Überreste eines Molotow-Cocktail nach einem Brandanschlag auf das Rostocker Wohnprojekt Alternatives Wohnen in Rostock e.V.

Das Phänomen der Neonaziangriffe auf Gebäude anderer Parteien ist jedoch ein älteres. Auch in den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu ganzen Serien von Angriffen. Neu ist jedoch die Intensität der Vorfälle und ihre mediale Aufbereitung. Während in den Vorjahren lediglich sporadische Anschläge auf Büros der Parteien Die.Linke oder der SPD stattfanden, die eher einen unkoordinierten Eindruck machten und in der Regel keine mediale Beachtung fanden, besitzt die Anschlagsserie seit Anfang des Jahres 2010 eine veränderte Dynamik. Schwerpunkte waren hierbei Städte mit einer relativ losen und aktionsorientierten Neonaziszene, wie etwa Rostock oder Güstrow.

Seither ist eine deutliche Häufung der Anschläge zu verzeichnen, worüber Neonazi-Internetseiten aus M-V, wie z. B. »Altermedia« oder »MUPinfo«, aber auch Lokalzeitungen regelmäßig berichten. Im Vorfeld der NPD-Demonstration am 1. Mai 2010 in Rostock kam es zu einer erneuten Welle von Anschlägen, bei denen die Ziele mit dem bundesweiten Aktionsmotto »Freiheit statt BRD« markiert wurden und so zur Mobilisierung beitragen konnten.

Der Charakter einer »Mitmach-Kampagne« basiert insbesondere auf einer Initiative des Neonazi-Internetportals »MUPinfo«. Die vom stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden David Petereit betriebene Website veröffentlichte einen Beitrag mit dem Titel »Demokraten gibt es auch in deiner Stadt«, in dem nicht nur eine lange Liste von Parteibüros aufgelistet und so als Ziel deklariert wurde, sondern auch eine positive Bezugnahme auf die Welle von Angriffen als Ganzes veröffentlicht wurde.1 Während Lokalzeitungen die Anschläge als rechte Angriffe benennen, liefert das NPD-nahe Portal ausführliche Interpretationen der jeweiligen Angriffe. So wird auf die von den Anschlägen Betroffenen und deren parteipolitische Aktivitäten Bezug genommen. Dezentrale, koordinierte nächtiche Kleinst-Attacken mit Kampagnencharakter fanden jedoch in jüngster Vergangenheit auch in anderen Bundesländern und bundesweit statt - wie jüngst in Berlin zum Todestag von Rudolf Hess in der Nacht vom 17. zum 18. August 2010.

  • 1Im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen gab es Durchsuchungen der Wohnung und der Arbeitsstelle David Petereits und eines NPD-Bürgerbüros wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.