Machtkämpfe bei den REPs in Westberlin
Im Oktober 1998 wird es wieder einen Landesparteitag der Westberliner REPs geben. Von den ursprünglich elf REP-Abgeordneten sind nur noch neun für die Fraktion tätig und der Landesverband braucht einen neuen Führer. Der parteiintern als eine Art „Diktator“ betitelte Bernhard Andres war nach langem Hin und Her vom Bundesvorsitzenden Schönhuber entmachtet worden.
Der REP-interne Machtkampf erreichte im September seinen vorläufigen Höhepunkt, als Bernhard Andres von seinen sämtlichen Funktionen enthoben wurde und seitdem als fraktionsloser REP im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Hintergrund der Absetzung sind Veröffentlichungen über die Machenschaften von Bernhard Andres und seinen Anhängern. Sein unbedingter Machtwille und die (zum Teil gewalttätigen) Mittel zur Durchsetzung seiner Autorität wurden ihm zum Verhängnis. Bernhard Andres Gebaren passen zwar in das Bild einer Stammtischpartei, aber das soll auch in Westberlin jetzt anders werden.
Die Liste der Vorwürfe gegen ihn wurde immer länger. Nach Angaben eines Berliner Justizsprechers soll Bernhard Andres u.a. den stellvertretenden REP-Fraktionsvorsitzenden der Bezirksverordnetenversammlung Tiergarten, Bert Handschumacher, "Schmerzhaft in den Polizeigriff genommen", sein Oberhemd zerrissen und „vor die Tür gesetzt" haben. Bernhard Andres reichte gegen Bert Handschuhmacher eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch, Verleumdung und falscher Verdächtigung ein. Der Berliner REP Vorstand schloß Bert Handschumacher wegen „Verbreitung unwahrer Behauptungen" aus der REP-Bezirksverordneten-Fraktion Tiergarten aus. Nach Angaben aus der Berliner Justiz wird mittlerweile gegen fünf weitere REP-Abgeordnete wegen Delikten wie Verleumdung und übler Nachrede ermittelt.1
Nebenher läuft gegen Bernhard Andres ein polizeiliches Disziplinarverfahren, in dem es neben anderen Delikten auch um „fortgesetztes Herstellen und Gebrauch falscher Urkunden" geht. Andres wurde in dieser Angelegenheit „vom Amtsgericht wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 6.000 DM mit Bewährung sowie zu 2.000 DM Geldbuße verurteilt".2
Das Berliner Landgericht stellte das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 3.000 DM ein.
„Schmutzige Wäsche“ im Parteistreit
Die frühere stellvertretende Berliner REP-Vorsitzende Alexandra Kliche hatte in "Der Spiegel" von dubiosen Praktiken Bernhard Andres berichtet: „Zunächst zog er (Andres) gegen den Kreisvorsitzenden von Charlottenburg, Rainer Beyer, zu Felde, weil er in ihm einen Konkurrenten sah. Andres verfaßte ein Schreiben, in dem er Beyer der Unterschlagung von 4.000 Mark bezichtigte — eine Beschuldigung, die durch nichts zu belegen war."
Auch das Andres seine eigene Frau für ein Gehalt von 4.600 DM als REP-Fraktionsassistentin eingestellt hatte wirkte wenig seriös. Der Verdacht der Untreue kam gegen Andres auch auf, als er zunächst wenig glaubwürdig bestritt, mit dem Werbefachmann Michael Herzog einen Darlehensvertrag über 100.000 Mark unterschrieben zu haben.3
Die Formen der Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Berliner REP-Flügeln haben sich mittlerweile so zugespitzt, daß sich der neue Fraktionsvorsitzende Frank Degen, selber beurlaubt hat. Der Polizist habe sich gar unter Polizeischutz stellen lassen hat. Über die Anhängerschaft von Bernhard Andres werden derweil immer neue Informationen verbreitet, die deren Vergangenheit als "Kriminelle" ans Licht bringen sollen. Bernhard Andres wehrt sich mit Veröffentlichungen von Internas aus der Welt seiner Gegner, die ein „Landesarbeitskreis Sicherheit“ für ihn sammeln soll.
Der REP-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Spandau, Alfons Rieger, soll sich laut eigenem Bekunden als "wirtschaftlicher Berater" eines von seiner Lebensgefährtin geführten Bordellbetriebs betätigt haben und verfüge über weitere Kontakte zum Berliner Rotlicht-Milieu.
Rudolf Kendzia, der für die Republikaner im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, hatte ein Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer, Fahrerflucht und Körperverletzung am Hals.4
Als eine Art „rechte Hand" von Kendzia fungiert der mehrfach wegen Trunkenheit und Körperverletzung vorbestrafte und deswegen aus dem Polizeidienst entlassene REP-Parteiaktivist Heinz Gehring5
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Bernhard Andres Parteifreund und Bodyguard Dieter Mason (Geburtsname Dieter Jagdmann) - genannt „Chinesen-Kalle“ - soll auch körperlichen Auseinandersetzungen forciert haben. So hatten sich sechs Berliner Republikaner um den Staatsanwalt Rolf von Niewitecki bei Franz Schönhuber beschwert, ihnen seien in Berlin "Schläge angedroht worden", als sie den Tempelhofer REP Kreisparteitag besuchen wollten. Ordnerkräfte der REPs hätten sich ihnen "körperlich massiv entgegengestellt". Laut Presse-Berichten und Informationen aus REP-Kreisen sei Dieter Mason ein Karate-Kämpfer und gelte bei der Westberliner Kriminalpolizei als eine Art „Unterweltsgröße“ und führe eine 80 Mann zählende (Schläger)Truppe an, die wiederum auf den „Landesarbeitskreis Sicherheit“ höre. Der „Landesarbeitskreis“ habe sich aus Parteimitgliedern zusammengesetzt, die zum Teil auch Kontakte in den Westberliner Polizeiapparat hätten.
Bernhard Andres, der sich noch immer als Fraktionsführer sieht, gibt trotz seiner Absetzung nicht auf. Sein erster Kommentar zu seiner Entlassung: „Seit heute morgen 9 Uhr 4 wird zurückgeschossen“. Als das REP-Bundespräsidiums in Hannover über die Skandale beui den Berliner REPs beriet tauchte ein anonymes Dossier über die Vergangenheit der Andres-Stellvertreter Klaus Gehring und Christoph Weidlich sowie des Landesgeschäftsführers Oliver Straube und von Dieter Mason auf. Dieses Dossier enthielt eine ziemlich lange Auflistung von (angeblichen) polizeilichen Ermittlungen wegen diverser krimineller Delikte und (angeblichen) Vorstrafen. Laut „Der Spiegel“6 rief Klaus Gehring noch vor Ort die Polizei an und ließ aus der laufenden Präsidiumssitzung heraus die Dossier-Akte beschlagnahmen um Anzeige gegen Unbekannt wegen "Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz" zu stellen. Allerdings räumt Klaus Gehring später selbst ein, daß er zweimal wegen Hehlerei rechtskräftig verurteilt worden ist. Er erhielt sechs Monaten Freiheitsentzug auf drei Jahre Bewährung und zehn Monaten auf fünf Jahre Bewährung, da er nach eigener Auskunft mit gestohlenen Zigaretten und Duftwässern gehandelt habe. Außerdem sei bei ihm während einer Hausdurchsuchung ein Gewehr beschlagnahmt worden.6
Nach dem Rauswurf von Bernhard Andres scheint der Weg für den Ex-Junge Union Politiker Carsten Pagel frei zu sein. Carsten Pagel hatte am 8. Juli 1989 als Kandidat gegen Bernhard Andres den Kürzeren ziehen müssen, kann jetzt aber wieder ins Feld ziehen. Carsten Pagel will den Vorreiter für die „Intellektualisierung“ des Westberliner Landesverbandes spielen und mit Bernhard Andres ist da nichts zu machen.
- 1Vgl. Frankfurter Rundschau, 26.4.1989; Süddeutsche Zeitung, 26.4.1989
- 2Vgl. Kölnische Rundschau, 2.2.1989
- 3Vgl. "DER SPIEGEL" 38/1989: „Immer zwischen Gut und Böse“)
- 4Vgl. "DER SPIEGEL" 27/1989: "REPUBLIKANER: Sehr traurig"
- 5Vgl. die tageszeitung (taz), 12.5.1989
- 6a6b"DER SPIEGEL" 38/1989: „Immer zwischen Gut und Böse“