„Die Republikaner“ 1989: Geld & Intellektualisierung ?
Rechtzeitig vor dem Empfang einer 16,5 Millionen D-Mark Wahlkampfkostenerstattung aus dem Europawahlkampf, waren die Ermittlungsverfahren gegen den Parteichef Franz Schönhuber wegen Betrugsverdachts und Veruntreuung der Kostenerstattung aus dem bayerischen Landtagswahlkampf (1986) eingestellt worden. Die volle Parteikasse dürfte eine Stärkung der rechten Parteiorganisation bedeuten. Nicht nur der Ausbau des Parteiapparats, der Landesverbände, des Bundesverbandes und der Umzug der Parteizentrale nach Bonn wurde durch die Millionenspritze beflügelt.
Intellektualisierung der REPs ?
Im Hintergrund würde an einem Parteiprogramm gearbeitet: Das Stichwort heißt „Intellektualisierung“. Eine Reihe von rechten Vordenkern hat sich dafür in die Pflicht nehmen lassen. Standen diese der neuen Partei anfangs eher reserviert gegenüber, hat sich mit der Aussicht auf einen Einzug in den Bundestag der Durchbruch angebahnt. Der Partei, die bis vor kurzem „im Grunde eine bayrische Landvolkbewegung“1 gewesen war, soll der nötige Schliff verpasst werden.
Protagonisten der „Neuen Rechten“ erklärten sich bereit, den REPs einen theoretischen Überbau zur Etablierung zu liefern. Die „Überlebensfrage der Republikaner“ stehe und falle mit ihrer „Intellektualisierung“, gab der rechte Philosophieprofessor Günter Rohrmoser zu verstehen. Der von Schönhuber als ein „Geistiger Wegbereiter“ bezeichnete Professor für Mittlere und Neue Geschichte an der Uni Erlangen, Hellmut Diwald, schreibt dafür am „deutschlandpolitischen Teil“ des neuen Programms. Seine Vorstellungen wenden sich gegen die „nationale Impotenz der Deutschen“, für deren Lebensraum er selbst die von Teilen der REPs propagierten Grenzen von 1937 für zu eng hält.
Der frühere Funktionär der „Ökologisch Demokratische Partei“ (ÖDP) Tilman Ziegler wechselte zu den REPs, wo er inhaltlich zu den Punkten „Umwelt und Lebensschutz“ arbeitete. In den beiden vorletzten Ausgaben (Juli/August 1989) der Parteizeitung „Der Republikaner“ meldete sich Ziegler zum Thema Umweltprogrammatik zu Wort. Der „nationalkonservative“ Tilman Ziegler erklärt dort: „Gemeinsinn, Rechtsbewußtsein und Verantwortungsgefühl als Voraussetzungen für jegliche Verzichtsbereitschaft können nur in einem Volk gedeihen, das sich durch gemeinsame Geschichte und Zukunft verbunden weiß“ (...) Von einer anonymen, multikulturellen Gesellschaft ist keine Solidarität zu erwarten (...) Die Republikaner setzen dem die Idee der praktischen Verantwortung des einzelnen gegenüber Familie, Heimat, Volk, Staat und Geschichte, also der erlebbaren Umwelt entgegen.“
Dem Thema „Sicherheitspolitik“ soll sich ein 3-Sterne General a. D. angenommen haben: Franz Uhle-Wettler, einst Kommandeur der 5. Panzerdivision der Bundeswehr und nun Leiter der NATO-Verteidigungsakademie in Rom.2 Der General a.D. steht mit den Vertretern der „Neuen Rechten“ gegen die Westbindung der BRD und für die Wiedervereinigung zu einem "Gesamtstaat Deutschland". In der rechten Zeitschrift „Criticon“ führt er aus: „Ein wiedervereinigtes Restdeutschland würde etwa 80 Millionen Einwohner, ein großes wirtschaftliches Potential, ein nennenswertes intellektuelles Potential, vieleicht etwas mehr Selbstbewußtsein als die Bundesrepublik und eine erhebliche kon ventionelle Kampfkraft haben.“
Bis zum Bundestagswahlkampf soll das neue Parteiprogramm auf dem Tisch liegen. Der Beraterkreis kann grob abgesteckt werden: Ehemalige CSU-Berater, zweifelhafte Historiker und Kreise um bekannte rechtskonservativen bis extreme rechte Zeitschriften gehören dazu, jetzt wo die REPs als politischer Faktor im Gegensatz zu NPD und DVU alle Strömungen des 'deutschnationalen Lagers' an sich binden könnten.
REP nahe StudentInnen
Zur angestrebten „Intellektualisierung“ gehört auch die Gründung der Organisation "Republikanischer Hochschulverband" (RHV). Zur Vorstandsspitze gehört Alexander von Schrenck-Notzing, Hans-Ulrich Kopp („Burschenschaft Danubia“) und Alexander Wolf. Burschenschaften gehören nicht nur zu den REP-Sympathisanten, der „Gesamtdeutsche Studentenverband“ und die „Deutsche Burschenschaft“ machen sich für die Partei stark. Zum Teil übernehmen sie Parteifunktionen wie der Burschenschafter Boris Rupp im Parteivorstand oder Markus Beisicht, der bis 1987 Vorsitzender des „Ring freiheitlicher Studenten“ (RfS) war und nun als Beisitzer den Weg in den REP-Parteivorstand fand. Auch der RfS-Generalsekretär Manfred Rouhs wechselte im März 1987 zu den REPs.
REP nahe Zeitungen
Aus diesem studentischen Umfeld setzt sich auch die Redaktion der Zeitschrift „Junge Freiheit“ (JF) zusammen, die sich nunmehr ebenfalls in den Dienst der "Intellektualisierung" der (extremen) Rechten stellt. Ursprünglich war das Blatt für die rechte „Freiheitliche Volkspartei“ (FVP) ins Leben gerufen worden. Diese war 1985 von Franz Handlos gegründet worden. Der vormalige REP-Bundesvorsitzende hatte sich mit Franz Schönhuber zerstritten. JF-Chefredakteur ist das frühere REP-Mitglied Dieter Stein, das mittlerweile in Freiburg als örtlicher Vorsitzender des "Republikanischen Hochschulverband" auftritt. Zu den JF-Mitarbeitern und Autoren gehören neben Boris Rupp, etwa Torsten Witt (u.a. REPs und Funktionär des GDS in Westberlin), Ulrich Korell (Generalsekretär des RfS), Frank Butschbacher („Burschenschaft Danubia“, Criticon-Autor), Karl Richter (Autor „Deutsche Monatshefte“ und „Nation Europa“) und gar Michael Krämer (Aktivist der FAP, Vertreter des "Collegium Humanum", REP-Funktionär in Oberbayern).3
Noch deutlicher zieht die vormalig „nationalrevolutionäre“ Zeitschrift „Europa Vorn“ mit. Nachdem sie schon fast unter gegangen war, erscheint sie seit Januar 1989 in neuer Aufmachung - der Herausgeber ist jedoch der Alte geblieben. Der ehemalige Chef der NPD-Jugend in NRW Manfred Rouhs wechselte mit seinem Übertritt zu den REPs auch den Untertitel seiner Zeitung. Anstatt als das alte „Nachrichtenmagazin der Neuen Rechten“ firmiert das Blatt jetzt als „das Republikanische Nachrichtenmagazin“.
Neues REP-Programm
Beim Bundesparteitag der REPs 1990 in Rosenheim konnten die Delegierten das neue, aufpolierte Parteiprogramm verabschieden. Hellmut Diwald durfte hier die Präambel und das Leitmotiv vorgeben. Der von einer „Beratergruppe aus dem nationalkonservativen Lager“ — etwa den rechten Publizisten Armin Mohler, Franz Uhle-Wettler und dem Unternehmensmakler Carl Zimmerer und dessen „Düsseldorfer Herrenrunde“ — miterstellte bzw. beeinflusste Entwurf wurde zuletzt noch von tendenziell „verfassungsfeindlichen Aussagen“ gesäubert und umformuliert. Dafür fanden sich zwei berufene Experten unter den „eingeladenen Parteimitgliedern“ der REP-Bundesprogrammkommission: Klaus Hartel (Overath) ist Amtmann im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz. Der stellvertretende hessische REP-Vorsitzende Gert Feldmeier ist Staatsanwalt in Frankfurt (Main) und war vorher als Vorsitzender des CDU-Bezirks Frankfurt-Mitte tätig.4 Die Beiden wurden aufgrund ihrer Kompetenz auch gleich für den „REP-Bundesarbeitskreis Innen-, Rechts- und Sicherheitspolitik“ vorgeschlagen, dessen Vorsitz laut Parteiberichten Klaus Hartel antrat.
Geldgeber der REPs
Im Düsseldorfer Nikko-Hotel traf sich Schönhuber mit der sogenannten „Düsseldorfer Herrenrunde“ die sich aus etwa 100 mittelständischen Unternehmern und Finanzgrößen zusammensetzt. Ein bis zweimal im Monat trifft sich die „Herrenrunde“, um sich über die neuste wirtschaftliche und politische Lage im In- und Ausland zu informieren. Einer der „Herren“, die Franz Schönhuber zu dieser Runde eingeladen hatten, ist der Ex-FDP-ler und Chef der Düsseldorfer Maklerfirma „Interfinanz“5 Carl Zimmerer. Er gilt neben Günther Kissel (Solingen) und Hanns Martin Hock als einer der Protagonisten der „Düsseldorfer Herrenrunde“. Als ein regelmäßiger Gast der Runde wurde auch der REP-Finanzbeauftragte Klaus-Dieter Pahl (Dortmund) bekannt. Der Immobilienmakler dürfte als REP-Schatzmeister den Weg zur finanziellen Unterstützung geebnet haben. Schönhuber konnte sich über diesen Abend nicht beklagen, fand er doch einige Unterstützer für seine Sache. "Er hat sicherlich an Sympathien gewonnen" sagte einer der drei Mitunterzeichner der Schönhuber-Einladung und Boss einer Neusser PR-Agentur, Hanns Martin Hock. Den REPs brachte der Auftritt für den Europawahlkampf einige Spenden ein: Mehrere Teilnehmer der Herrenrunde hätten Bürgschaften von jeweils mindestens 10.000 DM übernommen. Die Gesamtsumme der 1989 eingegangenen Bürgschaften soll bei rund 1,5 Millionen Mark liegen.
Aus politisch-historischer Perspektive zeigt sich hier eine pikante Parallele: Adolf Hitlers trat am 26. Januar 1932 vor dem Industrie-Club Düsseldorf im Parkhotel Düsseldorf vor Vertretern der deutschen Wirtschaft auf. Im Verhältnis zum Auftritt Hitlers vor dem „Monopolkapital“ bleibt Schönhubers Ausbeute zwar gering - unter anderen sollen Zimmerer und Hock Schönhuber jeweils 10.000 DM für die Abschlußveranstaltung seines Europawahlkampfes zugesagt haben - was aber nicht deren Interessen widerspricht, das klein- und mittelständische Unternehmertum als Pulsfühler auf den Weg zu schicken.
Der dritte Einlader Schönhubers ist ein Ex-Kompaniechef der Wehrmacht und Protagonist der extrem rechten „Gesellschaft für freie Publizistik e.V.“ (GfP). Sein Name ist Günther Kissel (Solingen). Nicht nur daß sich der seit seiner Verurteilung flüchtige Kriegsverbrecher Gottfried Weise laut Presseberichten von 1950 bis 1982 im Firmennetzerk der Kissel Rapid versteckt haben soll. Kissel stellte sein Firmengelände für die erste GfP-Veranstaltung in NRW zur Verfügung, bei der der rechte englische „Historiker“ und Revisionist David Irving referierte.
Neonazistisches REP Personal ?
Unabhängig vom seriösen Anstrich gab und gibt es auch neonazistisches Personal in den Reihen der REPs. Der frühere NPD-Funktionär und Landshuter Videothekenbesitzer Franz Glasauer mußte im Mai 1989 seine Ämter als REP-Bezirksvorsitzender in Oberbayern und REP-Landes-Vize niederlegen. Es waren der Öffentlichkeit Ermittlungen wegen Volksverhetzung und Beleidigung bekannt geworden. Franz Glasauer hatte z.B. angeregt, das Wackersdorfer WAA-Gelände als ein "Arbeitslager für den Abschaum" zu nutzen. Trotzdem ist Franz Glasauer weiterhin Geschäftsführer der "Republikanische Verlagsgesellschaft", die das Parteiblatt "Der Republikaner" vertreibt.6
Auch einschlägige REP-Funktionäre wie Michael Krämer dürften mittlerweile problematisch geworden sein. Wie auch der Berliner REP-Funktionär Rudolf Kendzia, war Krämer für die extrem rechte Zeitschrift „Freien Umschau“ aktiv, die seinerzeit in der Öko-Szene Fuß fassen wollte. Einige der Macher kamen aus der neonazistischen „Deutschen Arbeiterjugend“ (DAJ). Der ehemalige Kühnen-Anhänger Krämer organisierte zuletzt einen Schönhuber-Auftritt im oberbayerischen Holzkirchen. 1984 hingegen besorgte er dem „Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten des hundertsten Geburtstags von Adolf Hitler“ (KAH) Tagungsräume in den Räumen des „Collegium Humanum“ in Vlotho. Ein Jahr später verlangte er die Überlassung der Stadthalle im hessischen Dillenburg für einen Parteitag der neonazistischen „Freiheitlichen deutschen Arbeiterpartei“ (FAP). Als er die Halle nicht bekam, drohte er dem Bürgermeister an, „Dillenburg unregierbar zu machen“.7 1986 rief er „im Namen meines Führers Michael Kühnen“ zu einem Hessentag auf: „Für die rd. 2.000 Ausländer in Herborn (für Sie mögen es „Mitbürger“ sein, für uns niemals!) sind die Zeiten der Ruhe und des Friedens bald vorbei. Der Hessentag 1986 ist für uns alle Signal zum Angriff (…) Der 7. Juni 1986 wird zu einem Fanal für die Befreiung des Deutschen Reiches und die Wiedererweckung des germanischen Blutes werden. Von diesem Tag wird man in Herborn noch sprechen, wenn Sie und der sogenannte ‚Ausländerbeirat‘ längst der Vergessenheit anheimgefallen sein werden.“8 Er verließ die REPs schließlich von sich aus ohne ein Parteiausschlussverfahren.9
Weitere frühere Neonazis blieben in den Reihen der REPs, wie sogar kürzlich eine Publikation der CDU festellen musste10 : Frank Meyer von der Europawahlliste der REPs und REP-Vorsitzender im niedersächsischen Landkreis Stade war "stellvertretender Landesvorsitzender" der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten". Der REP-Kandidat und REP-Funktionär in Baden-Württemberg Dieter Lieberwirth war demnach früher Anhänger der NPD. Heiko Oetker, ehem. "Bundesfahrtenführer" und "Gauleiter" im "Gau Nord" der "Wiking Jugend", findet sich zusammen mit dem ehemaligen Mitglied der extrem rechten „Kieler Liste für Ausländerbegrenzung" (KLA) Klaus Meier auf der Kandidatenliste der REP für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai 1988. Auf einem anderen Listenplatz steht Hans-Werner Leptiehn, Besitzer eines Cafes, das der ultra-rechten „Ludendorff-Bewegung" als Treffpunkt diente. Auf der REP-Kandidatenliste für die Landtagswahlen in Bayern 1986 stand auch Michael Hein, ehemaliger Anhänger der inzwischen verbotenen Neonazi-Gruppe „Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS). Aus der bayerischen NPD-Jugendorganisation wechselte Uwe Meenen in den Bundesvorstand von den "Jungen Republikanern", der 1987 gegründeten Jugendorganisation der REPs.
- 1So der Berliner Ex-NPDler und dann REP-Funktionär Rudolf Kendzia
- 2Nachtrag: Die wohlwollenden Kontakte der rechten Vordenker zu den REPs blieben länger bestehen: Hellmut Diwald, Armin Mohler und Franz Uhle-Wettler fanden sich einige Jahre später als Kuratoriumsmitglieder auf der Stiftungsurkunde einer geplanten REP-nahen „Franz Schönhuber Stiftung“.
- 3Vgl. Die Zeit: „Braune Feiern - Generalstabsmäßig planen Faschisten die Gedenkstunden für Adolf Hitler,“ 21. April 1989
- 4Vgl. "Der Spiegel" vom 13.11.1989: "Republikaner - Leichte Übung"
- 5Interfinanz Gesellschaft für internationale Finanzberatung mbH
- 6Vgl. Der Spiegel vom 3.07.1989: "REPUBLIKANER: Sehr traurig"
- 7Vgl. Die Zeit: „Bitte sprechen Sie nach der MG-Salve...“ Viele Extremisten und Neonazis finden sich bei den „Republikanern“ von Franziska Hundseder, 9. Juni 1989
- 8Vgl. SPD-Landesdienst NRW, März 1989
- 9DER SPIEGEL 27/1989: "REPUBLIKANER: Sehr traurig"
- 10Vgl. CDU-Dokumentation 17/1989: Die REP - Analyse und politische Bewertung einer rechtsradikalen Partei, Axel König, Bonn