»Freie Publizistik« im Namen der »Gerechtigkeit«
Die Politik sei »im Würgegriff der Justiz« schreibt die Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) in der Einladung zu ihrem Jahreskongress der vom 11.–13. Mai 2007 im Arvena-Kongresshotel in Bad Kissingen stattgefunden hat. Mit diesem Thema, nämlich der Forderung nach Rehabilitierung, bzw. wie sie es nennen »Gerechtigkeit« für verurteilte Straftäter aus der extremen Rechten, kehrt die Organisation zu ihren Wurzeln zurück. Doch es gibt genug Neues, das es rechtfertigt dieser, zu den ältesten bundesdeutschen Organisationen der extremen Rechten gehörenden Gesellschaft, Aufmerksamkeit zu widmen.
Kulturorganisation zur Revitalisierung der NS-Literaten
Gegründet wurde die GfP 1960 unter Führung des ehemaligen stellvertretenden Reichspressechef der NSDAP Helmut Sündermann. Ziel der Organisation war schon damals die Rehabilitierung der teilweise mit Schreib- bzw. Veröffentlichungsverboten belegten NS-Literaten und deren Reintegration in die Gesellschaft. Gegründet wurde die Organisation von vielen betroffenen dieser von den Alliierten erlassenen Maßnahmen wie z.B. Hans Grimm, dem Autor des schwülstigen NS-Klassikers »Volk ohne Raum«. Später wandelte sich der Schwerpunkt der GfP, sie nahm sich vor allem der Verteidigung von Straftaten der Volksverhetzung und der Ausschwitzleugnung an. Zur Unterstützung bei Prozessen aus diesem Bereich gründete die GfP 2001 den Werner-Hänsler-Fonds, welcher Spenden sammelt.
Die GfP wurde über Jahrzehnte von der sog. »Erlebnisgeneration«, also den Altnazis geprägt. Bis heute mit dabei aus diesem Kreis ist die zeitweilige Vorsitzende der GfP Holle Grimm. Die Tochter von Hans Grimm betreibt bis heute den Klosterhaus-Versand in Lippoldsberg welcher der GfP eng verbunden ist. Eng verbunden war die GfP immer mit den Verlagen der extremen Rechten, namentlich dem Grabert Verlag, dem Nation Europa Verlag und der Verlagsgemeinschaft Berg. Diese Verbindung ist nur logisch, sieht die GfP ihre Aufgabe doch »in der Stellungnahme zu Problemen der Gegenwartspublizistik« und auch »in der Aufklärung über Geschichtseinstellungen, insbesondere der Frage der Kriegsschuld und der Richtigstellung einseitiger Verzerrung in der Zeitgeschichte«.
Bedeutungsverlust und Neubelebung
In den 1970er Jahren verlor die GfP aufgrund von Überalterung und Aktionslosigkeit an Bedeutung. Einige Arbeitskreise, zum Beispiel der in Ostwestfalen, stellten ihre Aktivitäten ein, doch nach 1989 wurden gerade auf dem Gebiet der ehemaligen DDR neue gegründet. So in Thüringen, wo Marlen Pucknat 1 einen Arbeitskreis für Ostthüringen und Tobias Kammler einen für Westthüringen betreiben. Den Arbeitskreis Südniedersachsen organisiert Magret Nickel, im nordrhein-westfälischen Arolsen ist es Ruth Bachmann, Leiter des Arbeitskreises in Nordhessen ist Pierre Nürnberger. Die Arbeitskreise organisieren vor allem Vortragsveranstaltungen mit einschlägigen Referenten. Zu den weiteren Aktivitäten der GfP gehört die Herausgabe der Publikation »Freies Forum« und die Organisation eines jährlichen Kongresses.
Bei dem »Freien Forum« handelt es sich um eine vierteljährliche, 16seitige Nachrichtensammlung, die hauptsächlich darüber berichtet, wer aus der extremen Rechten wegen welcher Vergehen verurteilt wurde und welche Bücher, CD´s oder Filme verboten oder indiziert wurden. 2005 initiierte die GfP eine »Arbeitsgemeinschaft der Verleger und Buchhändler«, welche eine jährliche Tagung durchführt. Bei der Tagung 2006 standen »Veränderungen im Strafgesetzbuch, insbesondere im Blick auf den §130«, Volksverhetztung, im Mittelpunkt der Tagung. Aber auch aktuelle Themen wie die Möglichkeiten des Internetradios wurden diskutiert.
Jährlicher Höhepunkt der Aktivitäten der GfP bildet jedoch der »Deutsche Kongress«. An dieser dreitägigen Konferenz nahmen in den letzten Jahren circa 250–300 Personen teil. Bei den Referenten handelt es sich um die Creme da la Creme der extremen Rechten. In den letzten Jahren öffnete sich die GfP zunehmend auch aktuelleren Themen, so der Globalisierung und dem Antiamerikanismus. Der Ablauf des Kongresses und die Tagungsbeiträge werden nach jedem Kongress in einem Kongress-Band veröffentlicht.
Deutscher Kongress 2007
Angekündigt war der Kongress »im Großraum Thüringen« und da die Kongresse der letzten Jahre zumeist im thüringischen Altenburg stattfanden war davon auszugehen, dass der Kongress auch dieses Jahr wieder hier ausgetragen werden würde. Tatsächlich jedoch wurde, wie schon im Vorjahr, im bayrischen Bad Kissingen getagt. Es nahmen nach Eigenangaben 350, nach Beobachtungen von Antifaschisten etwa 200 Personen an dem Treffen teil. Als Redner auf dem Kongress der unter dem Motto »Im Namen der Gerechtigkeit – Politik im Würgegriff der Justiz« stand traten u.a. der Verleger Dr. Gerd Sudholt, die Publizisten Sven Lachheim und Hans-Ulrich Kopp, die Rechtsanwälte Björn Clemens und Ludwig Bock und Prof. Pierre Vial, einer der Köpfe der französischen »Neuen Rechten« auf. Im Rahmen des Treffens wurde der »Huttenpreis« vergeben. In den letzten Jahren war dieser zum Beispiel an den Kampfflieger Hajo Herrmann, den Verleger Wigbert Grabert, und den Revisionisten Udo Walendy vergeben worden. Dieses Jahr bekam ihn via Telefon-Liveschaltung der in Rom unter Hausarrest stehende Kriegsverbrecher Erich Priebke verliehen. Der als standhafter Held gefeierte wollte jedoch nicht einmal etwas von seinem Alltag erzählen, erhofft er sich doch gerade Hafterleichterungen. Die Leitung des Kongresses lag bei Andreas Molau, der seit 2005 Vorsitzender der GfP ist. Unter dessen Führung ist die GfP deutlich aktiver geworden.
Fazit
Die GfP ist eine der wenigen strömungsübergreifenden Dachorganisationen der extremen Rechten. In ihr versammelt sich was Rang und Namen in der Szene hat. Auch wenn sie überwiegend von der älteren Generation geprägt wird, ist die Bedeutung der GfP nicht zu unterschätzen, arbeitet diese doch seit nun bald 50 Jahren kontinuierlich und verfügt über Kontakte in alle Bereiche der extremen Rechten. Die GfP gehört damit zu den Konstanten im bundesdeutschen Rechtsextremismus. Unter Andreas Molau versucht die Organisation sich zu verjüngen, so z.B. mit Seminaren für Schülerzeitungsredakteure. Auch die überarbeitete Neuauflage des Rechtshilferatgeber »Mäxchen Treuherz«, eines Taschenbuches, welches juristische Tips für »nationale Aktivisten« bereithält und welcher sich in der militanten Neonaziszene großer Beliebtheit erfreut, gehört zu den neueren Aktivitäten. Ob die Verjüngung gelingt ist jedoch ungewiss. Der diesjährige Kongress weist mit der Zusammensetzung seiner fast durchweg alt- uralten Referenten eher wieder in die gegenteilige Richtung.
Auffällig ist der zunehmende Einfluss von Personen aus der NPD, was darauf hindeuten könnte, dass diese sich hier eine Vorfeldorganisation erschließt. Inhaltlich hat die GfP an ihrer Ausrichtung nie einen Hehl gemacht und sich immer als orthodox NS-orientierte Organisation zu erkennen gegeben. So ist es bis heute. In diesem Sinn ist wohl auch das das Datum der Anmeldefrist eher ein Traditionsbezug als denn ein Zufall, es war der 20. April 2007.
- 1Sie ist als Neonazi-Aktivistin bekannt. Zusammen mit Dirk B. aus Altenburg hatte Marlen Pucknat aus Nöbdenitz die Neonazi-Veranstaltung "5. Thüringentag der nationalen Jugend" (Mai 2005) angemeldet.