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„Oldschool Society“: Neonaziterror in Planung

Einleitung

Am 6. Mai 2015 ließ das Bundeskriminalamt zehn Anwesen in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und vor allem Sachsen durchsuchen. Die Razzien richteten sich gegen neun Mitglieder der bisher kaum bekannten Gruppe „Oldschool Society“ (OSS).

Screenshot von facebook.com

Gruppenbild der „Old School Society"

Die vier mutmaßlichen RädelsführerInnen Andreas Hafemann (Augsburg), Markus Wilms (Borna), Olaf Ogorek (Bochum) und Denise Grüneberg (Striegistal) wurden verhaftet und sitzen in Untersuchungshaft. Ermittelt wird wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung und der möglichen Planung von Sprengstoffanschlägen. Die Behörden gehen davon aus, dass die Mitglieder der OSS „innerhalb Deutschlands in kleineren Gruppierungen Anschläge auf namhafte Salafisten, Moscheen und Asylbewerberunterkünfte“ planten und dafür bereits „Sprengmittel“ bereit hielten. Tatsächlich wurden bei Markus Wilms im sächsischen Borna Pyrotechnik „mit erheblicher Sprengkraft“ wie "Cobra 11" und "La Bomba" sowie „fertige Sprengsätze“ gefunden.

Laut Informationen von leipzig.antifa.de sei die Gruppierung seit August 2014 aufgebaut worden. Mitte November 2014 fand ein erstes OSS-Mitglieder-Treffen in einer Kleingartensiedlung in Frohburg in der Nähe von Borna (Sachsen) statt. Obwohl hier schon über den bewaffneten Kampf gegen MigrantInnen und die Herstellung von Sprengstoff gesprochen wurde, veröffentlichte man eher wenig konspirativ ein Gruppenbild der TeilnehmerInnen bei facebook. Neben den vier OSS-"Rädelsführern" und den OSS-"Funktionsträgern" Daniel A., Marcel L., Kevin L. und Janine L. waren auch die OSS-Mitglieder Jeff F., Lukas L., Olaf G., Angelina B., Marko K. und Florian W. angereist.

Zunächst beschränkte OSS ihre Aktivitäten auf die Verbreitung rassistischer, neonazistischer Propaganda auf Facebook. Öffentlich in Erscheinung trat die Gruppierung beim Aufmarsch der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) am 26. Oktober 2014 in Köln sowie beim Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ am 28. März 2015 in Dortmund. Darüber hinaus hatte OSS zur Teilnahme an den extrem rechten „LEGIDA“-Märschen in Leipzig aufgerufen. Tatsächlich lag der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in Sachsen. So besuchten Mitte Dezember 2014 die OSS-Funktionäre Markus Wilms, Denise Grüneberg, Daniel A. und Marcel L. zusammen mit Alexandra O. und Rene Martin R. einen Weihnachtsmarkt in Dresden. Da sie dort BesucherInnen belästigten erhielten sie schließlich ein Hausverbot.

Die OSS Gruppe hatte bundesweit rund 40 Mitglieder und Anhänger und war in ihrer Struktur an den Aufbau einer "Outlaws Motorcycle Gang" orientiert. Andreas Hafemann ("President") , Markus Wilms ("Vice President" und "Chief of Security"), Olaf Ogorek ("Press Chief") und Denise Grüneberg ("Secretary" und "Master of money")  bildeten einen "OSS Geheimrat" als oberste Führungsebene. Zeitweilig waren in diesem auch Daniel A. ("Sergeant at Arms") und Marcel L. eingebunden.

Marcel L. war "Vertrauensperson" für Konflikte innerhalb der Gruppe.  Anika E. bzw. Janine L. waren für die "Jugendarbeit" der OSS zuständig. Kevin L. war der "Spreng- und Kapellmeister" der OSS. Der "Geheimrat" war als Telegram-Chat-Gruppe organisiert. Darunter gab es als weitere OSS-Chatgruppen eine "OSS Führungsebene", die "OSS Hauptgruppe" der Mitglieder und die "Supporter Gruppe" der OSS-Anwärter. Gruppentreffen fanden wöchentlich im Telegram-Gruppenchat statt.

Die Macher, vor allem „Präsident“ Andreas Hafemann und „Vizepräsident“ Markus Wilms verfügen über langjährige Kader-Erfahrungen. Andreas Hafemann war laut Angaben aus Szene-Kreisen Mitglied der NPD und 2010/2011 Beisitzer im Vorstand des NPD-Kreisverbandes "Augsburg Stadt und Land". Wilms war langjähriges Mitglied der 2012 verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ sowie Teil des kameradschaftseigenen „Ordnerdienstes“. Von 2006 bis 2010 soll er Mitglied des NPD-Kreisverbandes Düren gewesen sein. Im Jahr 2009 kandidierte er für die Dürener NPD. Die Gaststätte seiner Mutter ("Gütershop")  galt in der Region zeitweilig als ein Treffpunkt der rechten Szene. Nach seinem Umzug im Dezember 2010 nach Sachsen schloss sich W. der kurzlebigen Neonazigruppe „Kameradschaft und Loyalität“ (K.u.L.) an, die in Borna aktiv war. Olaf Ogorek soll laut den Ermittlungen von 2010 bis 2012 (stellvertretender) "Gauleiter NRW" der "Vereinigten Kameradschaft Deutschland" (VKD) von Wolfgang K. gewesen sein.

Während die Facebook-Präsenzen der OSS von nur geringem Intellekt zeugten, waren die Aufbauleistungen hinter den Kulissen beachtlich: Gemeinsame Treffen fanden trotz weiter Entfernungen statt und auch der Aufbau einer klandestinen Kommunikationsstruktur gelang.

Sollte sich der Verdacht gegen die OSS erhärten, wäre sie die erste bekanntgewordene, rechte Terrorgruppierung in Deutschland seit der Selbstenttarnung des NSU. Und wieder gibt es starke Bezüge zu Sachsen. Dass im jüngst vom Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Bericht für das Jahr 2014 jeglicher Hinweis auf die OSS fehlt überrascht mittlerweile niemanden mehr.