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Die Falanga in Polen: Gekaufter „Terror“?

Jakub Neumann
Einleitung

Die polnische neofaschistische Gruppe Falanga wurde international durch eine false-flag-Aktion im ukrainischen Użhorodze bekannt. Dort hatten Mitglieder der Falanga mutmaßlich nach Aufforderung des AfD-Mitarbeiters Manuel Ochsenreiter, einen Brandanschlag auf ein ungarisches Kulturinstitut durchgeführt.

Bild: Screenshot von anton-shekhovstsov-blogspot.com

Anhänger der "Falanga" im Kriegsgebiet von Donetsk 2014.

Anti-westliche Ausrichtung

Die Gruppierung Falanga, die aktuell kaum mehr wahrnehmbar ist, war wahrscheinlich die kleinste nationalistische Organisation in Polen. Sie ging 2008 aus der Spaltung des „Nationalradikalen Lager“ („Obóz Narodowo-Radykalny“, ONR) hervor. Angeführt wurde die sektenähnliche Gruppe von den neofaschistischen „Intelektuellen“ Bartosz Bekier, Ronald Lasecki und Adam Danek. Sie sind Anhänger von Querfront-Strategien und arbeiten u.a. mit der unbedeutenden maoistischen „Red Guard Organization“ zusammen. Fast alle nationalistisch-neofaschistischen Organisationen in Polen, wie zum Beispiel die „Allpolnische Jugend“ („Młodzież Wszechpolska“) oder auch die ONR, bauten ihre politische Identität auf Anti-­Kommunismus, Rassismus und Antisemitismus auf. Die Falanga hingegen stellte sich in erster Linie gegen den „Westen“, US-Imperialismus und Zionismus. Sie soli­darisierten sich mit Muammar Al-Gaddafi in Lybien, Baschar Al-Assad in Syrien, Slobo­dan Milosevic in Jugoslavien sowie mit Nordkorea, der FARC in Kolumbien und der libanesischen Hisbollah.

Pro-russische Bündnisse

Während des Arabischen Frühlings begann die Falanga eine Zusammenarbeit mit dem „Europäischen Zentrum für geopolitische Analysen“ (ECAG), einem pro-russischen Thinktank in Warschau. Gründer des ECAG ist Mateusz Piskorski, ein ehemals aktiver Neonazi und früherer Abgeordneter der antiwestlichen, agrar-populistischen Partei „Samoobrona“ (dt.: „Selbstverteidigung der Republik Polen“). Mateusz Piskorski arbeitete lange Zeit mit dem russischen Nationalisten Alexander Dugin und einigen russischen Nicht-Regierungsorganisationen zusammen, die Propagandaarbeit für Russ­land und seine Verbündeten, einschließlich Libyen und Syrien, betrieben. Mitglieder von Falanga verfassten Analysen für das ECAG und organisierten Demonstrationen zur Unterstützung von Muammar Al-Gaddafi und Bashar Al-Assad. Sie besuchten auch die Volksrepublik Donezk, Tschetschenien, Rumänien und Russland. 2015 gründete Piskorski die Kremltreue Partei „Zmiana“ (dt.: „Veränderung“), deren Vizepräsident Bekier wurde. Kurz nach der Gründung wurde Piskorski wegen des Verdachts auf Spionage für Russland verhaftet.

Unterwanderung der militärischen Jugendorgansation “Strzelec“

Falangas aktivste Untergruppierung befand sich in Krakau, wo die Führungsperson Adam Danek wohnt und an einer kleinen katholischen Universität arbeitet. Der Hauptorganisator der Organisation in der Stadt war jedoch Michał Prokopowicz, der auch in der Jugendorganisation „Strzelec“ (dt.: „Schütze“) tätig war. Die Mitglieder der „Strzelec“ kleiden sich in Uniformen und benutzen militärische Ränge, eine militärische Ausbildung erlangen die Mitglieder hingegen nicht. Bekannt sind Kooperationen zwischen „Strzelec“ und dem Verteidigungsministerium, dem Zivilschutz und verschiedenen Pfadfinderorganisationen. Auf Neofaschisten hat die Organisation eine besondere Anziehungskraft. Sie infiltrieren nachweislich regionale Strukturen und nutzen die Struktur als Rekrutierungsinstrument.

Michał Prokopowicz, Mitglied der Falanga, hat sich im 3. Zug der Einheit Nummer 2039 in Niepołomice einen hohen Rang erarbeitet. Deren Kommandeur Marcin Dul war ebenfalls in der Falanga aktiv. Mitglieder der Einheit besuchten nicht nur pro-russische Separatisten in Donbass, einige von ihnen, Michał Prokopowicz, Tomasz C., Jakub S. und Adrian M., nahmen 2016 auch am NATO-Ausbildungsprogramm „Anakonda“ teil.

Angriffe auf die LGBT-Community

Im April 2012 zerstörten neofaschistische Mitglieder der „Strezlec“ den Amtssitz von Anna Grodzka - der ersten Transgender-Abgeordneten des polnischen Parlaments in Krakau. Später behauptete ein Mitglied der Falanga gegenüber polnischen Medien, dass überlegt wurde, einem „kranken Mann“ eine Waffe zu geben mit der Bitte, auf Grodzka zu schießen. Ein anderes Mal nahm Prokopowicz selbst an einem Treffen der LGBT-Communitiy im Büro der Abgeordneten teil und zündete dort einen Feuerwerkskörper.

Pro-russische Anschläge

Nachdem die kriminellen Aktivitäten einiger "Falanga"-Mitglieder aufgedeckt wurden entschloss sich „Strzelec“ alle Mitglieder mit Bezug zur Falanga aus der Organisation zu werfen. Aus Rache deponierten diese eine Bombe auf einem Übungsgelände der „Strzelec“. Die Bombe war zwar nicht scharf, aber laut Expertenbericht durchaus professionell gebaut. Zudem beschmierten sie die Gebäude auf dem Gelände mit neofaschistischen Symbolen und der pro-­seperatistischen Parole „Slava Donbas” (dt.: „Ehre dem Donbas“).

Am 4. Februar 2018 organisierten die Falanga-Mitglieder Tomasz Rafal Szymkowiak, Adrian Marglewski und Michał Prokopowicz einen Brandanschlag auf das ungarische Kulturinstitut im ukrainischen Użhorodze.  Ziel war es den Anschlag wie ein Angriff ukrainischer Neonazis aussehen zu lassen um die Beziehungen zwischen der Ukraine und Ungarn zu Gunsten Russlands zu belasten. Die Täter wurden jedoch gefasst. Der Hauptangeklage Michał Prokopowicz wurde wegen Brandstiftung und Terrorfinanzierung angeklagt.

Verbindungen zur AfD in Deutschland

Während des Prozesses teilte Prokopowicz dem Gericht mit, dass der Angriff vom Deutschen Manuel Ochsenreiter angeordnet worden sei. Er habe nicht nur sehr konkrete Angaben zum Tatzeitpunkt und zur Durchführung erhalten, sondern auch 500 Euro im Voraus, versteckt in einem per Post versandten Buch. Ochsenreiter habe ihn gebeten, Personen zur Durchführung des Anschlags unter „falscher Flagge“ zu rekrutieren. Später seien ihm 1.000 Euro von Ochsenreiter persönlich am Flughafen Berlin-Tegel übergeben worden. Manuel Ochsenreiter war zu diesem Zeitpunkt Mitarbeiter im Bundestagsbüro des AfD-Abgeordneten Markus Frohnmaier.

Der dem Rechtsaußen-Flügel der Partei angehörende Ochsenreiter arbeitete bereits als Chefredakteur der „Deutschen Militärzeitschrift“ sowie der extrem rechten Publikation „ZUERST“ und schrieb immer wieder Artikel für die Kreml-nahe Medienplatform „Russia Today“. Er arbeitete auch mit Alexander Dugin zusammen, sowie mit dem „neurechten“ Ideologen Götz Kubitschek. Ochsenreiter besuchte pro-russische Seperatisten im Donbas und auf der Krim, traf sich mit Antisemiten und Holocaustleugnern im Iran und immer wieder auch mit Mateusz Piskorski. Am 19. Juni 2015 organisierten beide zusammen eine Konferenz in Warschau unter dem Titel „Polen und Deutschland in Zeiten der US-Hegemonie - zusammen oder gegeneinander?”. Dort sprach neben Michał Prokopowicz auch Bartosz Bekier.

Die "Falanga" ist seit dem Auffliegen der Strukturen hinter dem Anschlag in der Ukraine nicht mehr aktiv und seine Führer treten nicht mehr offen militant auf. Mitglieder der Gruppe verließen die Pertei “ Zmiana“ eine Woche vor der Verhaftung Piskorskis. Seine guten internationalen Kontakte pflegt die Partei dennoch weiter, insbesondere nach Russland.