Fußball verbindet
Eine in der März-Ausgabe des Heavy-Metal-Magazins Metal Hammer abgedruckte Werbeanzeige für das aktuelle Album der Bremer RechtsRock-Band »Kategorie C – Hungrige Wölfe« »Für Immer KC!« sorgte für Wirbel. »Kategorie C – Hungrige Wölfe« versucht erneut, sich als unpolitische Band zu inszenieren und die Verstrickung in die RechtsRock-Szene zu verschleiern.
Die Band(s) um Kategorie C1
und ihre Protagonisten haben eine wechselhafte und verwirrende Geschichte hinter sich. Der Einfachheit halber eine grobe Bandgeschichte vor ab: Die Band Kategorie C war ursprünglich ein Projekt, das von Hannes Ostendorf und Rainer Friedrichs getragen wurde. Infolge eines Zerwürfnis zwischen Ostendorf und Friedrichs ging die Band Kategorie C auseinander. Ostendorf machte daraufhin zusammen mit Timo Schubert und Oliver Keudel (beide auch bei der RechtsRock Band Agitator) das Bandprojekt Kategorie C – Hungrige Wölfe (auch: KC – Hungrige Wölfe). Friedrichs machte zusammen mit Bremer Musikern die Band Vollkontact. Beide Bands zerfielen und schließlich taten sich Ostendorf und Friedrichs wieder zusammen, um unter dem bereits etablierten Namen »Kategorie C – Hungrige Wölfe« und anknüpfend an die »alten Zeiten« ein »Kommerzprojekt« zu starten.
Streit über das Nazi-Image von »KC – Hungrige Wölfe«
Die Band »KC – Hungrige Wölfe« feiert aktuell ihr zehnjähriges Bestehen2
und inszeniert sich dabei als »unpolitischer« Act. »KC Hungrige Wölfe ist keine politische Band. Die Idee und das Selbstverständnis der Band, das sich für euch und alle deutlich aus unseren Texten heraus hören und lesen lässt, ist absolut politisch neutral«3
, so die Selbstbeschreibung auf ihrer Homepage, mit der die Band ihr Image als gewaltorientierte Hooligan-Band pflegt.
Dem entgegen steht der Text des »Kategorie C – Hungrige Wölfe« –Songs »Deutschland dein Trikot«: »Deutschland dein Trikot. Das ist schwarz und weiß. Doch leider auch die Farbe deiner Spieler. In München, Rom und Bern, da gab’s noch echte Deutsche. Solche Jungs und diese Siege hätten wir jetzt gerne wieder! [...] Deutschland ist der Schlachtruf. Für Deutschland stehen wir alle ein. Doch Deutschland ist nicht die BRD. Deutschland ist der Schlachtruf«, ist die nationalistische und rassistische Botschaft des Songs, der im Vorfeld der Fußball-WM 2006 auf dem Sampler »Zu Gast bei UNS« veröffentlicht wurde. Die CD erschien im Mai 2006 und wurde zwei Monate später wegen der »öffentlichen Aufforderung zu Straftaten sowie Gewaltdarstellungen« bundesweit beschlagnahmt.
Während KC-Frontmann Ostendorf den Song als eine schon Jahre vor der WM eingespielte und nicht »autorisierte« Aufnahme bezeichnet, widerspricht der RechtsRock-Musiker Michael Müller dieser Darstellung. »Die Aussage von Hannes, das Lied: ›Deutschland sein Trikot‹ sei vier Jahre alt und widerrechtlich, also gegen seinen Willen, veröffentlicht worden, entspricht nicht der Wahrheit und da dies offensichtlich zum eigenen Wohl so geäußert wurde, ist dies als dreckige Lüge einzustufen.
Ich weiß, wann und wo das Lied aufgenommen wurde, da ich persönlich wirkend dabei war«, behauptet Müller im Forum von Metal Hammer und bezieht Position. »Fakt ist: Er gehört nicht mehr zu uns«, urteilt Müller über Ostendorf und spricht ihm die weitere Zugehörigkeit zur Szene ab. Er distanziert sich von Ostendorf, mit dem er noch 2006 gemeinsam auf der Bühne gestanden hatte: Bei der von der NPD am 21. Oktober 2006 in Berlin durchgeführten Demonstration für die Freilassung von Neonazi Michael Regener alias »Lunikoff«, dem damals noch inhaftierten Sänger der Berliner »Kultband« Landser, traten mehrere RechtsRock-Bands auf und bekundeten ihre Solidarität mit dem wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilten Regener, darunter auch Kategorie C4
.
Der Weg ins »Unpolitische«, den Kategorie C nun gehen will, hat in der Neonazi-Szene heftige Reaktionen ausgelöst. Alleine im neonazistischen Thiazi-Forum füllt der Thread »Neues von KC (Oder KC goes Böhse Onkelz)« 20 Seiten. Im Mittelpunkt der Kritik steht Hannes Ostendorf, dem beständig vorgeworfen wird, Unwahrheiten zu verbreiten. An die Spitze der Kritiker hat sich das Liedermacher-Ehepaar Michael und Annett Müller (Faktor Deutschland) aus Bad Lauterberg (Harz) gestellt, die ganz offensichtlich ein Hühnchen mit Ostendorf zu rupfen haben. Da mit Informationen selbst zu heiklen Themen nicht gegeizt wird, erschließt sich schnell warum. So äußert sich »Annett« am 28. Februar zur Trennung von Hungrige Wölfe und ihrem ebenfalls aus Bad Lauterberg kommenden Bandmitglied Oliver Keudel (heute bei Agitator): »Und hat nicht Hannes gesagt, Oli Du passt nicht mehr in unser Konzept so lange Du die KF für den Wixer machst.« KF steht im Szenecode für die Band Kommando Freisler, ein Untergrund-Projekt, das 2004 unter dem Titel »Geheime Reichssache« eine der widerwärtigsten antisemitischen Produktionen der letzten Jahre in Umlauf brachte.
In antifaschistischen Medien wird Oliver Keudel seit längerem schon mit KF in Verbindung gebracht, auch dem Verfassungsschutz ist nicht entgangen, dass ein »Oli« der Band angehört. Hausdurchsuchungen im Herbst 2007, die sich gegen KF richteten, betrafen jedoch nicht Oliver Keudel, sondern Michael Müller, der in Verdacht steht an Produktion und Vertrieb beteiligt gewesen zu sein. Ob mit »Wixer« (Zitat Ostendorf) nun Michael Müller gemeint ist oder Thorsten Heise, Rechtsrock-Macher und Mitglied im Bundesvorstand der NPD, gegen den wegen Produktion und Verbreitung der Kommando Freisler-CD ebenfalls ermittelt wird, bleibt offen.
Das KC-Business
»Unsere Interessen sind stets gleich, wir schliessen uns fest zusammen! Sag mir, wie oft sind wir schon durch Dick und Dünn gegangen? Zusammenhalt steht an erster Stelle (...) Freunde fürs Leben - Und das für immer!«5
. »Kameradschaft, Zusammenhalt, das ist unser Leben!«.6
Seit Kategorie C um 1998 erstmals die Bühnen betraten, singen sie das ewig gleiche Lied von Freundschaft, Kameradschaft und Zusammenhalt. Doch die Freunde von einst gehen längst privat und wirtschaftlich getrennte Wege. Kategorie C ist ein kommerzieller Erfolg geworden. Mancher will mitverdienen – und wenige wollen viel verdienen. Das Hauen und Stechen hat begonnen. Und erklärte Neonazis mischen kräftig mit.
Als Vermarkter der Musik und des Merchandising von Kategorie C tritt die Firma KC Music Limited mit Sitz im englischen Birmingham auf. Unter der Adresse der deutschen Zweigstelle von KC Music Limited im niedersächsischen Bovenden residiert ein alter Bekannter: Timo Schubert, ehemaliger Trommler bei »KC – Hungrige Wölfe« und der Kasseler Band Hauptkampflinie, der heute zusammen mit Keudel bei Agitator spielt. Agitator zählen zu den Top-Bands der deutschen Neonaziszene, was unter anderem ihren Liedtexten zu verdanken ist: »Ich bin mit Leib und Seele Nazi und ich weiß mit Sicherheit: Für mich kann's nix Schöneres geben, ich bleib Nazi für alle Zeit!«. Im Jahre 2008 setzte die Firma KC Music Limited monatlich schätzungsweise um die 25.000 (!) Euro um, Kategorie C ist zur Goldgrube geworden. Und es kristallisiert sich immer deutlicher heraus, dass Timo Schubert und Hannes Ostendorf das Geschäft am Liebsten alleine machen würden.
So ist es ihnen offenbar gelungen, Martin Elsner »loszuwerden«. Elsner betreibt in Bremen das Geschäft und den Versand »Sieg oder Spielabbruch«, der sich an ein breites, nicht ausschließlich rechtes, Hooliganspektrum wendet. In der Vergangenheit hatte Elsner für Kategorie C Manageraufgaben übernommen und vor allem hat(te) er die Rechte an mehreren alten Kategorie C-CDs. 15.000 Euro, so wird aus dem Umfeld von »Sieg oder Spielabbruch« kolportiert, seien KC Music Limited diese Rechte heute wert, eine verhältnismäßig hohe Summe, die Elsner wohl nicht ausschlagen wird. Eine eher komplizierte Beziehung pflegen Hannes Ostendorf und Rainer Friedrichs.
Der Bremer Friedrichs gehört zur Urbesetzung von Kategorie C und ist laut Aussage von Ostendorf »Macher« der Band gewesen. Als Gittarist mit unbestreitbaren Können bürgt er zudem für die musikalische »Qualität« von KC. 2003 verließ Friedrichs die Band im Unfrieden und gründete das »Konkurrenz-Projekt« VollKontaCt. Man sei sich »kräftig auf den Sack gegangen«, erklärt Friedrichs Anfang 2007 in einem Interview die Trennung, während Ostendorf ein Jahr zuvor schon die Spaltung in Hungrige Wölfe einerseits und VollKontaCt andererseits mit drastischeren Worten beschrieb: »So ist halt das Leben. es gibt immer Schmarotzer in einer Band oder Gruppe. Immer nur nehmen und nichts geben. Das ist das Motto von vielen Menschen. Auf Dauer geht das nicht gut und deswegen habe ich die anderen rausgeschmissen und habe mir eine neue Band gesucht, der man vertrauen kann und die auch ehrlich ist.« Nur wenige Monate später wurde Keudel rausgeworfen und Friedrichs kehrte zur allgemeinen Verwunderung zur Band zurück – eine offenkundig rein pragmatische, geschäftliche Entscheidung, denn Freunde fürs Leben sind Friedrichs und Ostendorf nicht mehr geworden. Trotzdem sind sie untrennbar miteinander verbunden, denn Friedrichs ist Mitinhaber der Markenrechte für »Kategorie C – Die Band«.
Ohne seine Zustimmung, vor allem aber ohne finanzielle Beteiligung von Friedrichs, geht im Business mit den »alten« KC-Produkten wenig. Es wird verhandelt und gefeilscht: um die prozentuale Beteiligung an Merchandising und Konzertgagen. In der Bremer Szene wird kein Geheimnis daraus gemacht, dass Ostendorf von den beständigen Forderungen Friedrichs zunehmend genervt ist. Doch noch führt kein Weg an ihm vorbei. The show must go on. So stehen Ostendorf und Friedrichs heute wieder gemeinsam auf den Bühnen, um die Lieder von Freundschaft und Zusammenhalt zu trällern.
Timo Schubert hält sich dabei vornehm im Hintergrund. KC Music Limited ist auch nicht sein einziges Geschäftsfeld. Er betreibt außerdem den Textil- und Medienversand »Der Versand«, der neben Thor Steinar-Kleidung und Hooligan-Artikeln beispielsweise Accessoires für Sicherheitsunternehmen anbietet. Auch ins Geschäft mit den Modemarken ist Schubert eingestiegen. Die Marken Violent Society, Vollkontakt, Fußballrocker, Kategorie C – Hungrige Wölfe hat er 2007 und 2008 angemeldet, zudem im Jahre 2006 das Logo der aufgelösten Bremer Neonaziband Nahkampf von Jens Pühse (Geschäftsführer des Deutsche-Stimme-Versandes der NPD) übernommen. Im Frühjahr 2005 forderte Schubert mehrere Verkäufer von Nordland-Kleidung auf, den Verkauf einzustellen. Schubert berief sich dabei auf die Rechte an einer 1999 angemeldeten Nordland-Marke, die laut dem Deutschen Patent- und Markenamt jedoch nicht auf seinen Namen eingetragen ist. Sie gehörte ursprünglich einem Neonazi aus dem hessischen Fulda und wurde im März 2005, kurz bevor Schubert die Aufforderungen verschickte, von Thorsten Heise übernommen.
Ostendorf – Mittendrin statt nur dabei
Dass Ostendorf trotzdem für sich und seine Band(s) eine »politische Neutralität« reklamiert, verdeutlicht den zweifelhaften Charakter seines angeblichen Wandels, der auf Grund seines unreflektierten Umgangs mit seiner Biografie stark in Frage zu stellen ist. Der heute 33-Jährige trat schon früh in der Neonazi-Szene in Erscheinung und eiferte damit seinem älteren Bruder Henrik Ostendorf nach. Durch dessen Mitgliedschaft in der neonazistischen Bremer Hooligan-Gruppierung »Standarte Bremen« sorgte das heutige NPD-Mitglied Henrik Ostendorf schon frühzeitig für die Verbindung von Fußball und Politik, der auch sein jüngerer Bruder Hannes folgen sollte. Am 3. Oktober 1991 war Hannes Ostendorf als Mitglied der rechten Jugend-Clique »Penny-Crew« an einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft beteiligt, wofür er im Mai 1992 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde.
Ins Rampenlicht der RechtsRock-Szene rückte Ostendorf durch seine Mitgliedschaft bei der B&H-nahen Band Nahkampf, der er ab Ende der 1980er als Sänger angehörte. Aus dem Umfeld der Delmenhorster Band Boots Brothers erhielt Ostendorf Unterstützung für das im Vorfeld der Fußball-WM 1998 gegründete »Spaßprojekt« Kategorie C, mit dem er das Debüt-Album »Fußballfest ’98« einspielte. Wie sein Nachfolger erschien das Debüt beim Brühler RechtsRock-Label Rock-O-Rama, wodurch die Bindung zur RechtsRock-Szene trotz fehlender »politischer« Texte gewährleistet wurde.
Seine Zugehörigkeit zur Neonazi-Szene dokumentierte Ostendorf auch durch seine Mitwirkung an dem 1999 veröffentlichten Sampler »Die Deutschen Kommen II«, auf dem er sowohl mit Nahkampf als auch mit Kategorie C vertreten ist. Szeneintern noch populärer wurde Kategorie C 2001, als ihr drittes Album »Hungrige Wölfe« beim Chemnitzer RechtsRock-Label PC Records erschien. Das zum Umfeld der neonazistischen Hooligan-Gruppierung HooNaRa (Hooligans, Nazis, Rassisten) gehörende Label spiegelt die Verbindung von neonazistischer Politik und fußballorientierter Gewalt wieder, für die auch Siegfried Borchardts Dortmunder Hooligan-Gruppierung Borussenfront steht. Auf deren Geburtstags-Party zum 20-jährigen Bestehen trat am 31. März 2002 Kategorie C im hessischen Kirtorf auf7
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»Unpolitisches« Remake?
Obwohl die Band nicht müde wird, ihre »unpolitische« Ausrichtung zu betonen, hat ihr Wirken, bzw. das Wirken ihrer Protagonisten, in der extremen Rechten bis heute ungebrochene Kontinuität.
Es ist dabei nicht nötig, mit Geschehnissen, Liedtexten und Verbindungen der vergangenen Jahre, von denen sich die Band wenig glaubhaft distanziert, zu argumentieren. Die zentrale Figur im KC-Business und gleichzeitig der markenrechtliche Inhaber des Bandnamens bekennt offen, »mit Leib und Seele Nazi« zu sein. Und auch die auf ihren Alben abgedruckte Werbung untermauert die politische Verortung der Band. Nachdem »KC – Die Band« 2004 auf dem Album »6« (»Der sechste Streich«) noch für die Textil-Marke Thor Steinar (Vgl. AIB 65 »Der Duft des Geldes«) geworben hatte, befindet sich auf einer aktuellen CD von »Kategorie C – Hungrige Wölfe« Werbung für »Erik And Sons« (Vgl. AIB 78 »Thor Steinar: Das Imperium zerfällt«). Doch »Erik And Sons« wird in Neonaziforen als szeneauthentische Alternative zu Thor Steinar (denen zunehmende Entfremdung von der Szene vorgeworfen wird) beworben. Produkte von »Erik And Sons« finden sich auch im Versand der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme.
Trotz allem verzeichnet die Band Erfolge in Sachen »Unpolitischheit«. Als »Kategorie C – Hungrige Wölfe« am 6. März 2008 in Moers auftrat, stufte die Polizei das Konzert nicht als rechten Event ein, so dass die Band in Ruhe spielen konnte. Kein Wunder, dass »KC – Hungrige Wölfe« am 23. Mai erneut bei einem Konzert in Moers auftrat.
Die Debatte um die Band offenbart, wie wichtig es bleibt, den antifaschistischen Druck aufrecht zu erhalten. Hierbei bedarf es der Ausarbeitung einer klaren antifaschistischen Positionierung mit entsprechender Handlungslinie, um einen Umgang mit Um- und Aussteigern zu finden. Ansonsten definieren sich Akteure aus dem rechten Spektrum wie Hannes Ostendorf weiterhin als »unpolitisch« und versuchen Subkulturen zu nutzen, um sich in ihnen ein weiteres Standbein aufzubauen.
Dieser Artikel basiert unter anderem auf einem Artikel von Ingo Taler aus der LOTTA 31.
- 1»Kategorie C« ist die Polizei-Bezeichnung für gewaltbereite Fußballfans
- 2»Wir gehen den steinigen langen Weg mit unseren Fans schon seit über 10 Jahren.«, Rainer und Hannes auf der Hungrige-Wölfe-Homepage.
- 3Ebd.
- 4www.npdkiel.de
- 5Aus: »Noch Schlimmer«, »KC–Die Band«, CD »Hungrige Wölfe«, 2001.
- 6Aus: »Komme mit uns«, »KC-Die Band«, CD »Komme mit uns«, 2002.
- 7www.kc-die-band.de und www.turnitdown.de