Fünf AntifaschistInnen wurde deswegen der Prozeß gemacht. Vor Gericht erschienen neben dem Lübecker Burkhard F. auch der jetzt in Berlin wohnende Jan Claudius T. Im Antifaschistischen Infoblatt Nr. 4 berichteten wir über dessen Anwesenheit beim Überfall auf das "Blockschock" in Berlin-Kreuzberg, zusammen mit Neonazi-Hooligans von "Hertha Endsieg". Die bundesweite Vernetzung der Szene nimmt zu. Am 9. November 1985 spielten die "Böhsen Onkelz" um Stephan Weidner und Kevin Russell (Frankfurt) zusammen mit "Vortex" um Thomas Kroll und Bernd Engel und "Kraft durch Froide" (KdF) um Andreas Pohl (Berlin) im KdF-Proberaum (KdF Bunker) im Berliner Bezirk Wedding vor etwa 200 rechten Skinheads aus der gesamten BRD.
Verurteilungswille gegen Antifas
Die Anklage beruhte auf Srafanzeigen der Neonazi-Skinheads, die bei der herbeigeeilten Polizei ihnen namentlich bekannte AntifaschistInnen beschuldigten. Obwohl diese politische Beschuldigungspraxis in Lübeck hinreichend bekannt ist, nahm die Polizei diese Hinweise dankbar auf. Diesem Verurteilungswillen folgte auch des Gericht: Anklage vor dem Landgericht, was härtere Strafen und den Wegfall der Berufungsinstanz bedeutet. Den Vorsitz führte ein Richter, der Prozess-BeobachterInnen für eine derbe Prozeßführung bekannt ist. Jegliches Vorbringen von Entlastungsmaterial mittels Anträge der Verteidigung wurde abgelehnt und einem der fünf Angeklagten sollte ein dem Gericht genehmer Verteidiger zugewiesen werden, um eine geschlossene Verteidigung der AntifaschistInnen zu verhindern.
Nach drei Verhandlungstagen und mehreren abgeschmetterten Befangenheitsanträgen der Verteidigung gegen das Gericht wurde immer deutlicher, daß hier wohl um jeden Preis verurteilt werden sollte. Der Prozeß war durch seinen Verlauf und dem Abweichen von den üblichen rechtsstaatlichen Normen für Lübeck außergewöhnlich.
Die Prozeßtaktik des Gerichts konnte durch die engagierten Anwälte und durch Mobilisierung einer breiten antifaschistischen Öffentlichkeit, politischer Gruppen, Vereinigungen und Parteien gestoppt werden.
Zeitungen wie "Die Zeit" oder die "Frankfurter Rundschau" berichteten ausführlich über diesen Prozeß. Mehrere tausend Mark konnten zur Unterstützung der Angeklagten gesammelt werden. Die Einschätzung Lübecker AntifaschistInnen am Ende des Prozesses liest sich wie folgt:
"Das dieser Versuch einer schrittweisen Demontage der Demokratie und der Zerschlagung des antifaschistischen Widerstandes in Lübeck abgewehrt werden konnte, liegt an eben dieser Mobilisierung. Das Gericht weicht, wohl wissend seiner schlecht zusammengezimmerten Anklage, vor dieser Öffentlichkeit zurück und stellt das Verfahren zähneknirschend ein. Sogar die Kosten des Verfahrens sollen der Landeskasse angelastet werden. Ein voller Erfolg auf ganzer Linie also."