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Neonazi »Bordsteinkick« in Berlin

Einleitung

Vier Neonazis schlugen am frühen Morgen des 12. Juli in Berlin-Friedrichshain den 22jährigen Jonas K. brutal zusammen und traten noch auf ihn ein, als er ohnmächtig am Boden lag. Einer der Neonazis drehte das Gesicht des bewußtlosen Opfers zum Pflaster hin und trat ihm auf den Hinterkopf. Jonas K. wurde mit schwersten Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. 

Bild: de.indymedia.org/CC BY-SA 2.0 DE

Oliver Kaplan, Marcel Ingo B. und Michael L. (v.l.n.r.) wurden wegen versuchtem Totschlag an einem jungen Antifaschisten verhaftet.

Die mutmaßlichen, noch am Tatort verhafteten, Täter im Alter von 20 bis 26 Jahren waren der Polizei »wegen rechtsradikaler Straftaten« bekannt. Sie waren aus der nahegelegenen und bei Neonazis beliebten Discothek »Jeton« gekommen. Die Brandenburger Neonazis Oliver Kaplan (Heidesee), Marcel Ingo B. (Mittenwalde-Ragow), Michael L. (Storkow / Berlin) und Michael G. (Königs Wusterhausen) wurden wegen versuchten Totschlag und schwerer Körperverletzung in Haft genommen.

Es folgten antifaschistische Mahnwachen, Demonstrationen in Berlin und Rostock und ein Angriff auf die Discothek »Jeton«. Das Berliner Landeskriminalamt hingegen reagierte mit Ermittlungen, Hausdurchsuchungen und einer intensiven Pressearbeit, die sich vor allem gegen die Geschädigten richtete. In einer von der Berliner Polizei am 14. Juli 2009 veröffentlichten Pressemeldung (PM 1987) wird explizit darauf hingewiesen, dass auch gegen einen Zeugen der Tat ermittelt werde, denn die Gruppe der Geschädigten habe »Anstoß an der Kleidung« (Thor Steinar) der Neonazis genommen und diese dann angegriffen. Offenbar den Schilderungen der Neonazis folgend, wird weiterhin berichtet, das Opfer sei daran beteiligt gewesen.

Über den Tatzeugen teilt die Polizei mit, er sei ihnen als linker Gewalttäter bekannt, kürzlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden und werde nun einem Richter zum Erlass eines Haftbefehles vorgeführt. Die Pressemeldung endet mit dem Satz »Entgegen ersten Meldungen wurden unbeteiligte Passanten bei der ,Links-Rechts-Auseinandersetzung’ nicht verletzt.« Es folgten weitere Presse-Statements wonach es in Berlin bis dato mehr Übergriffe von Linken auf Rechte – als umgekehrt – geben habe und linke Gewalt somit weitaus gefährlicher sei. Eine Auffassung die im Umkehrschluss nahelegt, dass beispielsweise Überfälle auf Nichtdeutsche, Homosexuelle oder JüdInnen keine Form rechten Gewalt seien.

Berlin-Brandenburger AntifaschistInnen reagierten am 16. Juli 2009 mit einer eigenen Pressemeldung, dort heisst es: »Seit dem brutalen Überfall mit sogenanntem ›Bordsteinkick‹ (bekannt aus dem ›Kinofilm American History X‹) (...) versucht das Berliner LKA mit aller Macht die Tat zu relativieren, zu entpolitisieren und den verletzten AntifaschistInnen eine Mitschuld an dem Geschehen zu geben. Ein Polizeisprecher vermutete (...) gar ein ›good night white pride‹-Logo habe zu dem Bordsteinkick provoziert und die Tat mit verursacht«.

Die AntifaschistInnen schilderten, dass die verhafteten Täter zu einer Neonazigang gehören, die seit Jahren in Königs Wusterhausen und Umgebung gewalttätig agiere und legte deren Internet-Profile in sogenannten sozialen Netzwerken offen. Die Profile konnten nachweisen, dass die Angreifer-Gruppe regelmäßig mit anderen Berlin-Brandenburger Neonazis im »Jeton« verkehrte, dort offen Neonazi-T-Shirts zur Schau stellte und sich gegenseitig mit dem Hitlergruß fotografierte. Die zur Verfügung gestellten Partybilder zeigen die Tatbeteiligten kurz vor der Tat u.a. mit Hitlergruß vor dem Jeton, weitere Bilder zeigten die Tatbeteiligten mit Kriegswaffen, Wehrmachtsdevotionalien und Neonazipropaganda.